Idyllische Momente mit Modellbooten

Freundschaftsregatta auf dem Fornsbacher Waldsee zählt zur deutschen Meisterschaft – Es geht nicht nur um Schnelligkeit

Der Waldsee bietet ideale Voraussetzungen für die Mitglieder des Schiffs-Modellsport-Club Stuttgart (SMC). Deshalb lässt der Verein gerne im September seine hübschen, schlanken Bootsmodelle übers Wasser gleiten.

Gemütlich tuckert das Modellboot zwischen den Rennen über das Wasser des Fornsbacher Waldsees. Foto: A. Becher

© Pressefotografie Alexander Beche

Gemütlich tuckert das Modellboot zwischen den Rennen über das Wasser des Fornsbacher Waldsees. Foto: A. Becher

Von Petra Neumann

FORNSBACH. 2007 hatte der Diplom-Ingenieur Ernst Vees die Idee, einen solchen Club ins Leben zu rufen, und bald danach hat man im Mai unter dem Motto „Murrhardt flitzt“ die Boote zu Wasser gelassen. Dann aber wurde der Termin ans Ende der Badesaison verlegt, und am Wochenende fand nun die 5. Internationale SMC-Freundschaftsregatta statt, die jedoch zu den deutschen Meisterschaften gezählt wird.

Schon von Weitem hört man das Sirren der kleinen Boote, die mit schwindelerregender Geschwindigkeit übers Wasser rasen, als wollten sie den Hochgeschwindigkeitsrekorden in der Great Salt Lake Desert in Utah Konkurrenz machen.

Die Boote mit Ausleger und Oberflächenpropeller können glatt 100 bis 120 Kilometer pro Stunde. Der Weltrekord auf gerader Strecke liegt sogar bei rund 300 Stundenkilometern. Sechs Boote müssen bei diesem Wettbewerb in sechs Minuten so viele Runden wie möglich machen, wobei der Kurs vom internationalen Dachverband Naviga festgelegt ist. Jede Runde wird elektronisch aufgezeichnet. „Natürlich gibt es auch mal Unfälle“, erklärt Ernst Vees, „aber meistens wird der Schaden in der 30-minütigen Pause repariert.“

Zehn Sekunden Zeit, um mit den Booten zur Startlinie zu kommen

Zehn Sekunden nach dem Start haben die Piloten Zeit, um mit ihren Booten auf eine Linie zu kommen, ein Frühstart gilt ebenso als Fehler wie das Umrunden der Bojen innen statt außen. Beim ersten Mal gibt es fünf Sekunden Abzug, bei jedem weitern Mal wird zusätzlich eine Runde abgezogen. Bei dieser ersten Klasse muss der Akku exakt 113 Gramm wiegen, hingegen bei der Eco-Klasse, deren Boote etwas gemächlicher, dafür aber wendiger sind, 285 Gramm, sie besitzen einen voll getauchten Propeller, der immer unter Wasser liegt, während beim Oberflächenpropeller bei einer Umdrehung ein Flügel unter und der andere über Wasser liegt. Mit am Start sind 30 Teilnehmer und 90 Boote.

Natürlich ist dieses Hobby sehr zeitaufwendig. „Es ist aber die Erfüllung eines Traumes im Kleinen“, versichert Ernst Vees, „der bei den meisten schon im Kindesalter geweckt wird.“

Mit dabei sind auch zwei Weltmeister, Bernd Weiß sowie Johannes Zeuner, und ein Ex-Weltmeister, Patrick Schiller, der dieses Jahr im August beim Rennen in Italien den zweiten und dritten Platz (in verschiedenen Klassen) belegte. Johannes Zeuner ist aus Bielefeld und noch gar nicht lange im „Gewerbe“, nämlich erst seit 2015. Er entwirft und bastelt seine Boote ganz allein, obgleich es unterschiedliche Bausätze zu kaufen gibt. „Natürlich geht ordentlich Zeit drauf, aber es ist so ein vielseitiges Hobby, angefangen über das Design, die Elektronik bis zum handwerklichen Können.“ Die Passion ist Johannes Zeuner deutlich anzumerken. Zu viel Gelegenheit zum Trainieren gibt es allerdings nicht, das liegt an den wenigen Gewässern, die befahren werden dürfen. „So richtig vorbereiten kann man sich also nicht, aber so ein Wettbewerb ist auch ein Glücksspiel“, ergänzt der diesjährige Weltmeister.

Auf der anderen Seite des Sees sind die vorbildgetreuen Modelle, die leise, aber nicht weniger interessant ihre Runden durch das Gewässer ziehen. „Jeder hat sein Spezialgebiet“, erläutert Jürgen Hofmeister, „egal ob Jachten, Fischerei, graue Flotte oder Segelboote. Kriegsschiffe bieten den Vorteil, dass sie sehr viele Details besitzen, mittlerweile lässt sich von der Technik alles realisieren.“

Ein ganz besonderes Modell gehört Uwe Granitza. Es ist ein Dampfschiff aus Holz mit einer echten Dampfmaschine, die mit Wasser und Feuer betrieben wird, wobei das Schiff selbst in Eigenarbeit hergestellt wurde. So viel Liebe zum Detail hat natürlich ihren Preis, die Dampfmaschine war recht teuer, aber der Preis rückt in den Hintergrund, weil die Freude an diesem Hobby alles ausgleicht.

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Erstellt:
16. September 2019, 06:00 Uhr

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