In die Märchenwelt des Orients entführt

Junges Theater der Volkshochschule Murrhardt verzaubert große Zuschauerschar mit der Komödie „Die Nichte des Sultans“

Ein faszinierendes atmosphärisches Erlebnis für die Sinne ist die Aufführung der orientalischen Komödie „Die Nichte des Sultans“ durch elf junge Mädchen und Frauen im vollbesetzten Kulturhaus Klosterhof. Sie sind zwischen 12 und 19 Jahren alt, kommen aus verschiedenen Nationen, Kulturen und Religionen und haben zum Teil Fluchthintergrund.

Führten im vollbesetzten Kulturhaus Klosterhof die orientalische Komödie „Die Nichte des Sultans“ auf: elf junge Mädchen und Frauen aus verschiedenen Nationen. Foto: E. Klaper

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Führten im vollbesetzten Kulturhaus Klosterhof die orientalische Komödie „Die Nichte des Sultans“ auf: elf junge Mädchen und Frauen aus verschiedenen Nationen. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

MURRHARDT. Unter der Regie von Elke Schuler sind sie im Jungen Theater der Volkshochschule Murrhardt während des Probenjahrs zum gut eingespielten Team zusammengewachsen. Das Schauspiel haben die Theaterpädagogin und ihr Mann Jochen Häußermann-Schuler für eine Kindertheatergruppe geschrieben und nun gemeinsam mit den Jugendlichen an deren Alter und die Gruppe angepasst. Im Zentrum der märchenhaften Geschichte steht die Familie des Sultans von Bagdad.

Durch die Handlung führt Sultana Scheherazade (Luisa Blank), die auch die „Märchen aus 1001 Nacht“ erzählt, schön wie ein Engel in schneeweißem, mit Goldornamenten bestickten Gewand und Schleier. Auch die weiteren Darstellerinnen sind mit farbenprächtigen Kostümen ausstaffiert, die teils aus dem Fundus der Gruppe stammen, teils neu gekauft sind. Ein Augenschmaus ist die fantasievolle Kulisse mit selbstgemalten Bühnenbildern, kostbaren Orientteppichen und kunstvoll gestalteten orientalischen Einrichtungsstücken.

Würdevoll und weise wirkt Sultan Abdullah al Rashid (Narges Musawi). Er ist in Sorge um den Familienfrieden, da seine drei Söhne sich alle in seine schöne und kluge Nichte und Adoptivtochter Nurunihar, das bedeutet „Licht des Tages“ (Lara Zhukova) verliebt haben. Vom Sultan nach ihren Absichten befragt, erklärt sie: „Ich kann mich nicht entscheiden, darum gib mir einen anderen, dann gibt’s keinen Streit“. Die Prinzen stellen sehr unterschiedliche Typen dar: Faisal (Nahid Musawi), der Älteste, ist mutig, stark und ein guter Kämpfer. Karim (Ana Maria Noller), der Zweitälteste, ist ein Gelehrter und Philosoph.

Der Prinz, der das seltenste Objekt findet, darf Nurunihar heiraten

Achmed (Luca-Marie Spies), der Jüngste, ist sanft, aber ängstlich und „traut sich nachts nicht allein aufs Klo“, spotten die Dienerinnen Suleika (Lene Schütt) und Hülya (Joelle Bernet), darum muss der Diener der Prinzen (Era Dashi) ihn stets begleiten. Der Sultan berät sich mit seinem klugen Großwesir Hashim (Arwen Elser, die auch souffliert), dann schickt er seine Söhne auf Reisen. Dazu stellt er ihnen eine schwierige Aufgabe: Welcher ihm das kostbarste und seltenste Objekt bringt, darf Nurunihar heiraten.

Unterwegs treffen die Prinzen nacheinander auf denselben seltsamen, persönlichkeitsgespaltenen Händler Habimbi ibn Hadsch (Oda Schuler) - ein augenzwinkerndes, surreales Wiederholungselement. Er verkauft ihnen Wunderdinge: Karim eine Wurzel vom Baum des Lebens für langes Leben bei bester Gesundheit, Achmed ein Fernglas, das die Schönheit der Welt zeigt, und Faisal einen zwar alten und zerrissenen, aber fliegenden Teppich. Als sie weg sind, ärgert Habimbi sich, denn auch er begehrt Nurunihar, darum muss er seine Kostbarkeiten zurückerobern.

Dazu verbündet er sich mit den pfiffigen Dienerinnen, die die Prinzen clever austricksen und ihnen die Geschenke wieder abluchsen, und verliebt sich in Suleika. Wieder zu Hause, erfahren die Prinzen, dass Nurunihar todkrank ist, doch gemeinsam mit Habimbi retten sie sie mithilfe der Wurzel des Lebens. Da zeigt sich, dass Nichte und Großwesir ein Liebespaar sind. „Für unsere Söhne finden wir gute Partien in der Nachbarschaft“, verkündet der Sultan. Mit enthusiastischem Beifall danken die begeisterten Zuschauer den Mitwirkenden.

Sie verkörpern überzeugend sowohl die Frauen- als auch die Männerrollen. Souverän gestalten sie Texte und Gespräche, stimmig die unterschiedlichen Charaktere, Gefühle und Aktionen. Zwischendurch schmunzelt das Publikum bei komischen Situationen und witzigen Anspielungen auf die heutige Zeit, wie ein Martinshorn. Lewin Kollak, zurzeit Bundesfreiwilliger bei der VHS, ist für die Licht- und Tontechnik verantwortlich. Zur märchenhaften Atmosphäre tragen auch die von Elke Schuler zusammengestellte klassische und moderne orientalische Musik sowie Räucherstäbchendüfte bei.

„Das Theaterspiel baut Brücken zwischen Kulturen und Religionen“

Die Aufführung ist ein Paradebeispiel dafür, welch starke Integrationskraft das Theaterspiel hat: „Es baut Brücken zwischen Kulturen, Religionen und sozialer Herkunft auf sowie Hemmungen und Vorurteile ab“, betont Elke Schuler. Dank intensiver Probenarbeit gelingt es den Darstellerinnen, verständlich zu sprechen, Mimik, Gestik, Körpersprache und Ausdruck entsprechend den jeweiligen Rollen und Szenen zu gestalten. Dies erfordere viel Disziplin und den Willen, etwas bis zum Ende durchzuziehen, gebe ihnen aber auch Selbstbewusstsein und schaffe Gruppen-Verantwortung. Und „etwas, das wir aus eigenem Impuls mit Freude tun, ist eine große Quelle der Kraft, die wir in der heutigen Zeit und Welt dringend brauchen“, so Schuler.

Die Aufführung unterstützten der Arbeitskreis Asyl und die Riebesamstiftung Murrhardt, der Verein kubus (Kultur und Begegnung für Menschen in unterschiedlichen Situationen) Stuttgart und die Mentorentrainerin Heidi Grau.

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Erstellt:
21. Oktober 2019, 06:00 Uhr

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