50 Jahre „Der Weiße Hai“

„Jaws“: Was Steven Spielbergs Hai-Schocker damals auslöste

In mehr als 250 Kinos in Deutschland wird Steven Spielbergs Blockbuster mit dem Originaltitel „Jaws“ gezeigt. Ein Rückblick auf das cineastische Tier-Horror-Evergreen.

Nie zuvor in der Geschichte des Films war das Grauen aus der Tiefe so realistisch dargestellt worden, wie in Steven Spielbergs Blockbuster „Jaws“.

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Nie zuvor in der Geschichte des Films war das Grauen aus der Tiefe so realistisch dargestellt worden, wie in Steven Spielbergs Blockbuster „Jaws“.

Von Markus Brauer/dpa

Man sollte nachts nicht mehr im Meer baden. Und schon gar nicht mutterseelenallein. Die junge Touristin Christie Watkins, die sich am Strand von Amity auf Long Island in den kühlen Fluten des Atlantiks nach einer Strandparty abkühlen will, hätte das auch besser nicht getan. Aber wie so oft: Hinterher ist man immer schlauer. Wobei die blonde Badenixe dieser Erkenntnis nicht mehr teilhaftig wird, weil sie – größtenteils – im Maul eines sehr großen Fisches verschwunden ist. Aber der Reihe nach.

Amity, anno Domini 1974

„Der große Fisch bewegte sich lautlos durch das nächtliche Wasser, angetrieben von kurzen Bewegungen seines sichelförmigen Schwanzes.“ So beginnt Peter Benchleys (1940-2006) Kult-Roman „Der weiße Hai,“ aus dem Jahr 1974, der mehr als 20 Millionen Mal verkauft wurde.

Amity ist eine fiktive Kleinstadt an der amerikanischen Ostküste, die stark vom Badetourismus abhängig ist. In der besagten Nacht, noch vor der eigentlichen Badesaison, wird Christie von einem riesigen weißen Hai getötet. Als die übel zugerichteten Reste ihrer Leiche angespült werden, ist die Todesursache offensichtlich.

Der örtliche Polizeichef Martin Brody (Roy Scheider) schließt Amitys Strände, was den Widerstand des Bürgermeisters Larry Vaughan und des Stadtrates nach sich zieht. Die Honoratioren wollen das lukrative Tourismusgeschäft nicht gefährden und setzen Brody und den Reporter Harry Meadows massiv unter Druck. Meadows muss die Sache mit dem Hai in der Lokalzeitung herunterspielen.

So nimmt das Unglück seinen Lauf und die Zahl der Toten wächst. Der Strand wird wieder geöffnet und prompt zerstückelt der Hai einen alten Mann und einen Jungen. Brody, ein junger Meeresbiologe (Richard Dreyfuss) und ein in die Jahre gekommener Haifänger (Robert Shaw) wollen das Monster töten, bevor es wieder zuschlägt. Und so beginnt die Jagd des Trios auf den weißen Hai.

„Jaws“ – Der Weiße Hai“

„Jaws“ ist der achte Film von Meister-Regisseur Steven Spielberg und der erste Hollywood-Blockbuster der Filmgeschichte. Als „Der weiße Hai“ 1975 in die Kinos kam, war es schlagartig vorbei mit dem sorglos-relaxten Surfen und Tauchen an den malerischen Stränden der Weltmeere.

„Der weiße Hai“ hatte sich in dem 124-Minuten-Kultfilm nicht nur über diverse Boote und menschliche Körper hergemacht und gleich zu Beginn die attraktive Wassernixe verspeist, sondern war auch ins menschliche Unterbewusste vorgedrungen. Dort, wo die menschliche Urangst vor dem Grauen aus der Tiefe schlummert und nur darauf wartet zu erwachen, mutierte er zum allerschlimmsten Albtraum des „Homo lavantem“ – des badenden Menschen.

Das Plakat von „Der weiße Hai“ gehört zu den einprägsamsten Werbeikonen überhaupt: ein Hai-Kopf mit geöffnetem Maul unter einer schwimmenden Frau. Kinostart in den USA war am 20. Juni 1975. In Westdeutschland kam der Tier-Horror am 18. Dezember 1975 in die Filmtheater.

Peter Benchley verarbeitet in seinem Roman die legendären Haiangriffe, die zwischen dem 1. und 16. Juli 1916 vor der Küste von Jersy Shore im US-Bundesstaat New Jersey stattfanden und vier Todesopfer forderten. An dem Massaker waren mindestens vier verschiedene Weiße Haie und Bullenhaie beteiligt.

„Eine hirnlose, alles verschlingende Maschine“

„Jaws“ setzte neue Maßstäbe für Spannung und ist bis heute faszinierende Filmkunst. Anlässlich seines 50. Jubiläums kommt das Meisterwerk nun wieder ins Kino. Erinnern Sie sich noch?

 „Eine hirnlose, alles verschlingende Maschine. Sie greift jeden und jedes an und verschlingt alles, was sich bewegt. Es ist, als hätte Gott den Teufel in dieser Gestalt erschaffen. Und ihm einen Rachen gegeben.“ So beginnt das Intro des Trailers von „Jaws“. Genauso legendär wie Steven Spielbergs Regiearbeit und die Filmusik von John Williams mit dem alarmierenden Daa-dam, Daa-dam, Daa-dam.

Von Flensburg bis zum Allgäu in 250 Kinos

Als Event bei teilnehmenden Kinos der Reihe „Best of Cinema“ läuft „Jaws“ (zu deutsch: Kiefer) am Dienstag (5. August) in mehr als 260 Kinos in Deutschland – vom „UCI Flensburg“ bis zum „Lichtspielhaus Wangen im Allgäu“.

Unter den Kinos, die den Klassiker ins Programm nehmen, sind nicht nur Multiplexe und Säle in großen Städten, sondern auch kleinere Häuser. Darunter befinden sich das „Kino im Kurtheater“ auf der Nordsee-Insel Norderney, das „City Kino Buxtehude“, der „Filmpalast Bautzen“, der „Traumpalast Nürtingen“ und das „Cineplex Friedrichshafen“ am Bodensee.

Gezeigt wird zumeist die deutsche Original-Synchronisation aus dem Jahr 1975. Auch zahlreiche Open-Air-Kinos, etwa in Essen, Leipzig und Berlin, zeigen den Film in den kommenden Tagen.

Mit Andeutungen Angst erzeugen

Der damals 28 Jahre alte Spielberg setzte bei dem Film auf eine wichtige Erkenntnis des Horror-Genres: Angst wird nicht durch das erzeugt, was man sieht, sondern durch das, was man nicht sieht und nur erahnt.

Dementsprechend beschränkte sich Spielberg im ersten Teil der Filmreihe weitgehend auf Andeutungen, etwa auch Unterwasseraufnahmen aus der Perspektive des Hais. Ungefähr in der Mitte des Films verlagert sich die Handlung von der Küste aufs offene Meer. Nun heißt es: drei Männer gegen die Bestie.

Der große Erfolg von Spielbergs Film führte zu mehreren Fortsetzungen unter anderer Regie, die weder in qualitativer noch in kommerzieller Hinsicht an den Erfolg des ersten Filmes anknüpfen konnten. 1978 folgte zunächst „Der weiße Hai 2“, 1983 „Der weiße Hai 3-D“ und schließlich 1987 „Der weiße Hai – Die Abrechnung“.

Geburtsstunde des Sommer-Blockbusters

Im Rückblick gilt „Jaws“ als Geburtsstunde des Sommer-Blockbusters. Es ist heute nahezu vergessen, dass es in den 1970ern oft hieß, Kinos hätten keine Zukunft mehr, Filme reichten ja im Fernsehen anzuschauen. „Der weiße Hai“ läutete eine neue Ära von sündhaft teuren Hollywood-Produktionen ein. Sie auf großer Leinwand zu sehen, wurde zum Erlebnis stilisiert, zum Gesprächsthema mit Hype um Merchandise-Produkte.

Die vielleicht nachhaltigste Wirkung hat der Film dadurch entfaltet, dass er bei zahllosen Menschen Urängste vor dem Schwimmen im Meer hervorrief. Es ist die Paranoia, nicht zu wissen, was sich unter der Wasseroberfläche befindet. Dort, wo das Unbekannte lauert, das nur darauf wartet und zu verschlingen.

Zugleich wurden Haie, insbesondere Weiße Haie, dämonisiert. Das trug zur dramatischen Dezimierung der Bestände bei. Nicht der Mensch muss den Hai fürchten, sondern umgekehrt der Hai den Menschen. Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen FAO werden jährlich 700 000 bis 800 000 Tonnen Knorpelfische aus den Meeren geholt, das meiste davon als Beifang der industriellen Fangflotten. 60 Prozent dieser Fische sind Haie.

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Erstellt:
4. August 2025, 17:50 Uhr
Aktualisiert:
4. August 2025, 20:07 Uhr

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