Judofrauen der TSG Backnang machen Titelgewinn perfekt

Die ersatzgeschwächten Backnangerinnen lassen am vorletzten Kampftag der Bundesliga-Saison nichts anbrennen. Sie landen beim JSV Speyer einen 9:5-Erfolg. Mit diesem Sieg stehen die Murrtalerinnen als Deutscher Mannschaftsmeister fest und das bereits zum vierten Mal.

Die Judoka der TSG Backnang freuen sich über den Titelgewinn des Frauen-Teams (von links): Trainer Jens Holderle, Trainer Dmytro Raskin, Abteilungsleiter Alfred Holderle, Bettina Bauer, Annika Würfel, Julia Mollet, Sanne van Dijke, Andrea Stojadinov, Lubjana Piovesana, Tanja Hehr, Raffaela Igl, Anamari Velensek, Pleuni Cornelisse, Chiara Serra, Viktoria Folger, Luise Malzahn, Sarah Mehlau, Mirjam Wirth, Anne-Katrin Lisewski, Physiotherapeutin Stephanie Holderle und Betreuer Micha Richter. Foto: privat

Die Judoka der TSG Backnang freuen sich über den Titelgewinn des Frauen-Teams (von links): Trainer Jens Holderle, Trainer Dmytro Raskin, Abteilungsleiter Alfred Holderle, Bettina Bauer, Annika Würfel, Julia Mollet, Sanne van Dijke, Andrea Stojadinov, Lubjana Piovesana, Tanja Hehr, Raffaela Igl, Anamari Velensek, Pleuni Cornelisse, Chiara Serra, Viktoria Folger, Luise Malzahn, Sarah Mehlau, Mirjam Wirth, Anne-Katrin Lisewski, Physiotherapeutin Stephanie Holderle und Betreuer Micha Richter. Foto: privat

Von Katharina Riener

„Die Stimmung war spitze, der Zusammenhalt klasse“, fasst Trainer Jens Holderle den Kampftag des Frauen-Teams der TSG Backnang zusammen. Er ist zwar „sehr platt“, aber genauso froh und vor allem: „Wahnsinnig stolz auf die Mädels. Sie wurden für das belohnt, wofür sie das ganze Jahr über gekämpft haben.“ Neben der Zeit zum Feiern sei für Holderle jetzt auch die Zeit, Danke zu sagen. Das möchte der Sportliche Leiter und Trainer der Judoabteilung groß angelegt tun und zwar „bei der Stadt und allen Sponsoren für ihre Unterstützung und bei allen helfenden Händen“.

Aus Holderles Sicht ist es „ein Riesenmosaik, bei dem alle Teile zusammenpassen müssen. Dann kann die Meisterschaft gelingen und man kann so einen Titel auch nach Backnang holen“, 2022 nämlich bereits zum vierten Mal. „Das zeigt, dass wir etwas bewegen können, dass unsere Sponsoren eine Sache unterstützen, die Früchte trägt“, meint Holderle. Ihn beschäftigt schon jetzt die Frage, wie der Verein vorhandene Unterstützer halten und vielleicht sogar neue dazugewinnen kann. Denn „die Mannschaft hat das Zeug dazu, auf europäischer Ebene zu kämpfen und mithalten zu können, aber das ist eben eine Geldgeschichte“, so Holderle.

Über das Match beim JSV Speyer sagt der Trainer: „Auch wenn dieses mit 9:5 deutlich für uns ausging, war es ein Kampftag mit vielen Stolpersteinen.“ Zum Beispiel für Andrea Stojadinov, die für Backnang den ersten Kampf bestritt. Steckt die 22-jährige Serbin doch gerade wie der Großteil der Backnanger Mannschaft mitten in der WM-Vorbereitung und musste für die Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm zudem stark Gewicht machen. Die Terminkollision dieses und des nächsten Bundesliga-Kampftages mit der vom 6. bis zum 12. Oktober in Taschkent (Usbekistan) stattfindenden Weltmeisterschaft ist laut Holderle nur einer von vielen Stolpersteinen auf dem Weg zur Meisterschaft. „Mit allem anderen, was drum rum noch gehändelt werden musste, könnte man eine eigene Geschichte füllen.“

Haarscharf hat Stojadinov das Gewicht am Ende gepackt, sich gegen Jessica Lindner aber dementsprechend abgemüht. Erst in der Verlängerung und kurz vor der Acht-Minuten-Marke gelang ihr der große Wurf. Bis dahin hatte die Backnangerin eine Strafe und ihre Gegnerin zwei Strafen kassiert. „Wie Andrea ihre Kontrahentin auf die Matte befördert hat, war stark, absolut bilderbuchreif“, resümiert der Coach. Die Freude über die Führung wurde für ihn und sein Team nur durch eine Sache geschmälert: Die Judoka aus Speyer verletzte sich beim Aufkommen auf der Matte am Ellenbogen. Holderle meint: „Jessica Lindner ist schwer in Ordnung, wir wünschen ihr gute Besserung.“ Schneller, aber nicht weniger spannend machte es Pleuni Cornelisse (bis 57 Kilogram) gegen Darja Dorowskich. Mit einem unerschütterlichen Griff und geschickten Fußtechniken wurde Cornelisse ihrer Gegnerin immer wieder gefährlich und erwischte sie schließlich am Boden.

Den ersten Punkt für die Gastgeberinnen gab es beim Duell der Backnangerin Mirjam Wirth (bis 63) gegen Dewi de Vries. „Das ist nach hinten losgegangen“, fasst Coach Holderle zusammen, statt eines Vorwurfs hat er aber ein Lob für seine junge Kämpferin übrig: „Miri hat das super gemacht und ihre Gegnerin öfters am Rande einer Wertung gehabt, die aber nicht gefallen ist.“ Knapp ging es bis in den Golden Score hinein, wo de Vries taktisch umstellte und Wirth damit überrumpelte. Es stand somit 2:1 für die Murrtalerinnen und Sekunden später schon 3:1. Aufgrund eines Fehlers in der Speyerer Aufstellung brachte die Weltranglisten-Erste Sanne van Dijke den nächsten Punkt kampflos aufs Backnanger Konto.

Annika Würfel (oben) ist für die TSG-Frauen sehr wertvoll. Foto: Seán McGinley

Annika Würfel (oben) ist für die TSG-Frauen sehr wertvoll. Foto: Seán McGinley

Umso härter fiel das Kräftemessen im fünften Kampf aus, den sich Annika Würfel (bis 52) mit Verena Thumm lieferte. Holderle meint deutlich: „Die Begegnung war kein Selbstläufer, auch wenn Annika von Anfang an favorisiert war.“ So hat sich Thumm mit Händen und Füßen gewehrt, Würfel alles entgegengesetzt und dabei einige Strafen riskiert. Doch die Backnangerin blieb trotzdem cool und laut ihrem Trainer „ihrer Linie treu“, warf Thumm, als die Gelegenheit kam, über ihre Schulter (Seoi-nage) und hielt sie auf der Matte fest.

Sarah Mehlau (bis 70), die zuletzt Bronze bei der U-21-Europameisterschaft gewann, ließ Speyers Corinna Beyer, so Holderle, „einfach keine Chance“ und entschied in die Begegnung mit einem Haltegriff für sich. Im Schwergewicht bewies Tanja Hehr wahren Sportsgeist und wagte sich gegen Jasmin Grabowski auf die Matte. Die Backnanger Nachwuchstrainerin blieb gegen die National- und Olympiakämpferin aber chancenlos und fiel nach kaum einer Minute. Erneut lobt der Coach: „Sich gegen eine Jasmin Grabowski überhaupt in den Dienst der Mannschaft zu stellen und so anzugreifen wie Tanja ist schon aller Ehre wert.“ Mit einer 5:2-Führung für die Backnangerinnen ging es in die Halbzeitpause.

Nach Lindners Verletzung hatte der JSV Speyer im Leichtgewicht keine Kämpferin mehr. Backnang bekam den Punkt und lag mit 6:2 in Front. Für Holderle war klar: „Wir müssen nur noch einmal gewinnen.“ Denn auch ein Unentschieden gegen den Tabellenzweiten hätte für die Mannschaft aus dem Murrtal gereicht, um erneut Deutscher Meister zu werden. Doch der entscheidende Punkt kam und kam nicht. Erst geriet Chiara Serra (bis 57) gegen Seija Ballhaus in einen Würgegriff. Dann konterte Dewi de Vries gegen die Backnangerin Bettina Bauer (bis 63) erfolgreich. Bei den mitgereisten TSG-Fans lagen die Nerven blank. Die schon in greifbarer Nähe gewesene Meisterschaft schien auf einmal wieder in Gefahr.

Dann ging es ganz schnell. Nach 53 Sekunden packte Raffaela Igl (bis 78) ihre Kontrahentin Monique Kedinger am Boden und hielt sie dort fest. Ein strahlender Holderle fasst zusammen: „Damit hat Raffaela den Deckel drauf gemacht und wir sind Deutscher Meister geworden.“ Alles war perfekt, als Annika Würfel dann den achten Punkt und damit den Sieg gegen Speyer holte. Hier traf die Backnangerin erneut auf Verena Thumm, die Würfel einmal mehr alles abverlangte und bis in den Golden Score die Stirn bot. Aber: „Annika hat die zweite Partie deutlich besser gemacht als die erste, sie war auf taktisch auf Thumm eingestellt und konnte sie dominieren“, bemerkt der Trainer. In seinen Augen war Würfels Anwesenheit „unglaublich wertvoll“ und das nicht nur wegen der zwei Punkte, die sie zum Endergebnis beisteuerte: „Wir sind in Speyer nicht mit der Mannschaft aufgelaufen, die wir normalerweise aufbieten können. Annika hat da wahnsinnig viel Sicherheit reingebracht.“Auch für ihren Teamgeist möchte Holderle die 22-Jährige gesondert loben, denn um ihr Team gegen Speyer zu unterstützen, verlegte sie ihre Anreise zum WM-Trainingslager nach hinten.

Selbiges gilt für Viktoria Folger (bis 70), die gegen Jill Trenz mit einem O-Soto-Gari den neunten und letzten Punkt für Backnang holte. Zum Schluss gab die unter 70 Kilogramm wiegende Anne Lisewski ihren Kampf schnell auf, weil das Verletzungsrisiko im Schwergewicht zu hoch war. Zudem hatte die TSG schon gewonnen.

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Erstellt:
26. September 2022, 06:00 Uhr

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