Gerichtsentscheidung

Kaffeetrinken als Arbeitsunfall

Grundsätzlich ist die Nahrungsaufnahme während der Arbeitszeit Privatvergnügen. Es kann allerdings auch ganz anders kommen.

Kantinenbesuche können gefährlich sein.

© Simon Granville

Kantinenbesuche können gefährlich sein.

Von Christian Gottschalk

Kantinen sind ein gefährlicher Ort. Nicht etwa, weil auch deren Betreiber immer mehr sparen müssen und die Zutaten für das Pilzragout auf dem Schwarzmarkt beziehen, sondern aus immer wieder gern zitierten versicherungsrechtlichen Gründen. Der Weg zur Nahrungsaufnahme ist nämlich versichert, die Nahrungsaufnahme selbst ist hingegen Privatvergnügen. Die Menge an Gerichtsentscheidungen, die diese Ansicht zementieren, ist unzählbar. Jetzt kommt vom Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eine weitere hinzu – mit einer etwas anderen Konnotation.

Verpflichtende Besprechung im Container

Ein Arbeitnehmer, der sich bei einer Kaffeepause verschluckt und in Folge dessen verletzt, kann nämlich durchaus eine Angelegenheit für die Berufsgenossenschaft sein. Zumindest dann, wenn die Umstände so sind wie im hier entschiedenen Fall. Der Mann war Vorarbeiter auf einer Baustelle. Eine tägliche Besprechung im Baucontainer war verpflichtend, dabei stellte der Arbeitgeber der Truppe auch Kaffee zur Verfügung. An dem hat sich der Mann verschluckt, ging zum Husten hinaus, verlor das Bewusstsein, stürzte – und erlitt einen Nasenbeinbruch.

Wachsamkeit fördern

Berufsgenossenschaft und Sozialgericht sahen darin zwar eine gewisse Tragik, aber keinen Arbeitsunfall. Anders das Landessozialgericht in Halle. Der gemeinsame Kaffee habe schließlich auch betrieblichen Zwecken gedient, der Förderung der Kommunikation zum Beispiel. Er sei auch dazu da gewesen eine bessere Arbeitsatmosphäre zu schaffen und die Wachsamkeit der Beschäftigten aufrecht zu erhalten. Und weil der Arbeitgeber den Kaffee spendierte, sei darin nicht nur ein Tolerieren sondern ein Fördern zu sehen. Allerdings: Bei einer normalen Frühstückspause wäre die Sache wohl anders entschieden worden, sagt Swen Walentowski vom Deutschen Anwaltverein.

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Erstellt:
13. Juli 2025, 10:42 Uhr
Aktualisiert:
13. Juli 2025, 13:11 Uhr

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