Kammerorchester Murrhardt musikalisch in Topform
Das Murrhardter Ensemble präsentiert bei seinem Herbstkonzert kunstreiche Kompositionen aus Barock, Klassik und Romantik. Konzertmeisterin Sandra Stock brilliert mit Solopartien auf der Violine.

Das Kammerorchester mit Dirigent Matthias Baur (Mitte) hat einen starken Auftritt. Foto: Elisabeth Klaper
Von Elisabeth Klaper
Murrhardt. Ein Konzert voller Hörgenüsse des Kammerorchesters Murrhardt erlebt das Publikum in der nur etwa zur Hälfte besetzten katholischen Kirche St. Maria. Unter der Regie von Dirigent Matthias Baur laufen die Musikerinnen und Musiker des Streichorchesters der Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land zur Topform auf. Hochpräzise und mit Verve präsentieren sie außerordentlich klangschöne und fantasievolle Kompositionen aus Barock, Klassik und Romantik, wobei sie mit Bravour eine Vielzahl von Herausforderungen meistern.
Besonders großen Eindruck macht Sandra Stock, die langjährige Konzertmeisterin des Kammerorchesters: Voller Hingabe gestaltet sie in zwei Tonkunstwerken aus der Barockzeit brillant die Solopartien der Violine. Eines der Schönsten ist das Concerto grosso in d-Moll Opus 3 Nr. 11 von Antonio Vivaldi mit fünf Sätzen aus dem Zyklus „Die harmonische Eingebung“. Der berühmte italienische Barockkomponist schrieb es für Streichorchester mit zwei konzertierenden Violinen, konzertierendem Violoncello und Basso continuo, sprich begleitendem Generalbass. Es zeichnet sich durch frische Ideen für Motive, neue fantasievolle Figuren und klangmalerische Melodik, beschwingte, verschiedenartige Rhythmen sowie eine ungewöhnlich abwechslungsreiche Gesamtgestaltung aus. Die Musiker arbeiten die unterschiedlichen Charaktere der Sätze stimmig heraus, die Interaktionen zwischen Orchester und Solistinnen gelingen souverän. Bei den klangschönen Solopartien unterstützen Sandra Stock Ingrid Hägele als Partnerin auf der Konzertvioline, Esther Konzelmann am Violoncello und Lea-Maria Gunther am Cembalo als Basso continuo ebenso gekonnt.
Ein Füllhorn musikalischer Ideen schüttet das Kammerorchester bei der Interpretation des Konzerts in a-Moll für Violine, Streicher und Basso continuo von Johann Sebastian Bach mit drei Sätzen aus. Es entfaltet ein großes Panorama aus unterschiedlichen Stimmungen von ernsthaft über feierlich bis heiter. Die abwechslungsreichen Rhythmen erzeugen viel Schwung und Bewegung. Die Partie der Solovioline umfasst temporeiche, komplexe Figurationen und reich ausgearbeitete, ornamental wirkende Koloraturen. Hinzu kommen neuartig anmutende Harmonien durch innovative Klangkombinationen und spannungsvoll verzögerte Kadenzen mit Seufzermotiven.
Ein klassisches Juwel ist Wolfgang Amadeus Mozarts drittes Divertimento in F-Dur für Streichorchester mit drei Sätzen, auch „Salzburger Sinfonie“ genannt. Inspiriert von der italienischen Opernmusik und Gesangskunst, verarbeitete das Genie darin etliche typische Formen und Details aus Ouvertüren und Arien. Dadurch verwandeln sich die Streichinstrumente gleichsam in Stimmen: „Singend“ gestalten sie in herrlichen Kantilenen die weitgespannten Melodiebögen, ebenso die reich ausgestalteten Mittelstimmen über kontinuierlichen schnellen Tonwiederholungen der Bässe. Mal jubelnd, mal skeptisch klingt das Finale im Rhythmus des französischen Tanzes Rigaudon mit reizvollem folkloristischen Zupfintermezzo.
Den Abschluss bildet die selten aufgeführte Serenade Nr. 2 in F-Dur Opus 63 mit vier Sätzen von Robert Volkmann. Darin entfaltet das Kammerorchester ein breites Spektrum romantischer Harmonien in weitgespannten Bögen. Meist kontrastieren zwei Themen miteinander, die sich in Melodik, Klangfarben und Charakter deutlich unterscheiden. Fantasievoll kombiniert der Komponist dabei traditionelle und neuartige musikalische Ideen. Stilistisch steht Volkmann zwischen Robert Schumann und Johannes Brahms, hinzu kommen Einflüsse weiterer berühmter Komponisten der Epoche wie Edvard Grieg. Deutlich von den Konzertwalzern der Strauß-Dynastie inspiriert ist der idyllische, stimmungsvolle Walzer. Der Marsch weist hingegen untypische komplexe Rhythmen sowie Elemente ungarischer Volksmusik auf. Dank der vollendeten Darbietungen der Solistinnen und Musiker des Kammerorchesters in der herausragenden Akustik des Kirchenraums kommt jedes Werk wunderschön zur Entfaltung. Ihre Begeisterung über das grandiose Konzert zeigen die Zuhörerinnen und Zuhörer mit starkem, lang anhaltenden Applaus.