Strompreis
Keine Verbraucher-Entlastung bei Stromsteuer - Breite Kritik
Die Stromsteuer soll für alle sinken - so steht es im Koalitionsvertrag. Doch daraus wird erst einmal nichts. Die Empörung über die Entscheidung der Regierung ist groß.

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Es hagelt Kritik, die Stromsteuer nicht für alle zu senken. (Symbolbild)
Von Von Andreas Hoenig, dpa
Berlin - Die Stromsteuer für alle senken - das haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag versprochen. Doch aus diesen Entlastungen auch für private Haushalte wird erst einmal nichts. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundeskabinetts - unter Verweis auf Haushaltszwänge. Es hagelt Kritik, die Stromsteuer nicht für alle zu senken - und es gibt Unmut auch in der Koalition.
Diese Entlastungen soll es geben
Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte am Dienstag bei der Präsentation seines Haushaltsentwurfs milliardenschwere Entlastungen bei den Energiepreisen angekündigt, die ab dem 1. Januar 2026 greifen sollen. Dabei geht es zum einen darum, dass Verbraucherinnen und Verbraucher von den Kosten der Gasspeicherumlage entlastet werden sollen.
Geplant sind außerdem Entlastungen bei den Netzentgelten. Der Bund will einen deutlich stärkeren Anteil an den Kosten des Netzausbaus übernehmen. Über die Netzentgelte als Bestandteil des Strompreises wird unter anderem der Ausbau der Stromnetze finanziert. Die Netzentgelte sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen.
Was zur Stromsteuer geplant ist
Zur Stromsteuer hieß es, die Absenkung der Stromsteuer für die Industrie, Land- und Forstwirtschaft werde verstetigt. Bei der Stromsteuer sind bestimmte energieintensive Unternehmen bereits jetzt vollständig befreit. Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes läuft die Herabsetzung der Stromsteuer auf das EU-Minimum im nächsten Jahr aus. Ein Sprecher Klingbeils sagte, das betreffe auch mittelständische Firmen.
Nicht die Rede war aber davon, dass die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß gesenkt wird. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) sagte beim Tag der Industrie in Berlin, hier treffe sozusagen Koalitionsvertrag auf finanzielle Möglichkeit und Wirklichkeit. Die Regierung habe das gemacht, wo es den größten Druck gebe - nämlich den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen zu sichern.
Aus Kreisen des Bundeswirtschaftsministeriums hieß es, das für die Steuer zuständige Finanzministerium habe keine weiteren finanziellen Spielräume gesehen. Das Wirtschaftsministerium hätte bei der Stromsteuer die Entlastung gerne auf die Verbraucher ausgedehnt.
Im Koalitionsvertrag heißt es, Unternehmen und Verbraucher sollten dauerhaft um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde entlastet werden. Der Sprecher Klingbeils sagte, erreicht werde in einem ersten Schritt eine Entlastung von zwei bis drei Cent. Er fügte hinzu: Der Finanzminister habe sehr deutlich gemacht, was "aktuell finanzierbar ist und finanziell verantwortbar".
Es hagelt Kritik
Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, sagte: "Die Haushalte in Deutschland zahlen im europäischen Vergleich die höchsten Strompreise. Die Entlastung der Menschen bei den Energiepreisen war eines der zentralen Wahlversprechen der Koalitionsparteien." Vor diesem Hintergrund sei es inakzeptabel, dass Verbraucherinnen und Verbraucher bei der Senkung der Stromsteuer leer ausgehen sollten.
Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe, sagte: "Wer Akzeptanz und Glaubwürdigkeit der Energiewende stärken will, darf nicht bei zentralen Versprechen zurückrudern." Hintergrund: geringere Stromkosten könnten die Anschaffung von Wärmepumpen attraktiver machen - genauso wie der Kauf eines Elektroautos.
Wirtschaft: Entscheidung fatal
Kritik kommt auch von Wirtschaftsverbänden. Handwerkspräsident Jörg Dittrich sagte, die Senkung der Stromsteuer nicht für alle umzusetzen, sei ein Schlag ins Kontor für den Mittelstand. DIHK-Präsident Peter Adrian zufolge berichten Industrie- und Handelskammern von empörten Anrufen aus Betrieben, die fest mit einer sinkenden Stromsteuer gerechnet hätten.
"Niemand versteht, warum trotz der geplanten Rekord-Verschuldung diese ohnehin recht kleine, aber sehr wichtige Entlastung nicht möglich sein soll." Auf eine Entlastung bei den Energiekosten durch die Stromsteuer-Senkung hätten sich hunderttausende Betriebe verlassen. "So wie sie jetzt geplant ist, kommt sie nur bei einem Bruchteil der Unternehmen in Deutschland an." Das sei fatal.
Letztes Wort noch nicht gesprochen?
Auch innerhalb der Koalition gibt es Kritik. Unionsfraktionschef Jens Spahn (CDU) betonte: "Unser Ziel bleibt es, die Stromsteuer für alle und dauerhaft auf das Minimum zu senken." Das sei auch im Sinne der Energiewende. "Wie schnell mehr geht, werden wir jetzt beraten."
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann sagte, eine einseitige Absenkung der Stromsteuer sei mit der CSU nicht zu machen. CDU-Generalsekretär Carsten Linnemann forderte in der "Bild"-Zeitung, die Absenkung der Stromsteuer für alle müsse kommen.
Der Haushaltsentwurf ist zunächst vom Kabinett beschlossen worden, er geht nun in die parlamentarischen Beratungen. Änderungen auch bei der Stromsteuer sind also noch möglich.