Baden-Württemberg

Keinen Cent für Betreuung – diese zwei Städte bieten kostenlose Kita-Plätze an

Kinderbetreuung muss man sich leisten können. In Stuttgart wurden zuletzt massive Erhöhungen befürchtet. Dabei zeigen zwei Kommunen im Südwesten, dass das Ganze auch kostenlos geht.

In vielen Städten und Gemeinden im Südwesten werden saftige Gebühren für die Betreuung erhoben (Symbolbild).

© Uli Deck/dpa/dpa-tmn

In vielen Städten und Gemeinden im Südwesten werden saftige Gebühren für die Betreuung erhoben (Symbolbild).

Von Michael Bosch

Wer in Baden-Württemberg Kinder bekommt, der muss absehbar mit einem mittelgroßen Loch im Geldbeutel rechnen. Denn anders als in manchen Bundesländern schlägt die Betreuung der Kleinen in den meisten Städten und Gemeinden mit mehreren Hundert Euro im Monat zu Buche – wie viel erhoben wird, ist Sache der jeweiligen Kommune.

Zuletzt hatte die Verwaltung in Stuttgart Eltern mit dem Vorschlag in Aufruhr versetzt, die Beiträge auf bis zu 828 Euro erhöhen zu wollen. Trotz leerer Stadtkasse hat der Vorstoß aber wohl keine Mehrheit im Gemeinderat. Auch eine Petition gegen die steigenden Kita-Gebühren gibt es mittlerweile.

In Künzelsau sind sogar Krippe-Plätze kostenfrei

Hohe Kita-Gebühren sind in vielen Städten und Gemeinden in Baden-Württemberg ein Thema, das Eltern umtreibt. Wie viel eine Familie bezahlen muss, berechnen Städte und Gemeinden höchst unterschiedlich. Die Spanne auch innerhalb Baden-Württembergs ist groß, wie eine Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft aus dem vergangen Jahr zeigt. Meist spielen Alter der Kinder (über drei Jahren, unter drei Jahren), Betreuungszeit und Einkommen der Eltern eine Rolle – Essensgeld kostet in der Regel extra.

Dabei machen zwei Städte vor, dass es auch anders geht. In Heilbronn werden für Kinder über drei Jahren keine Gebühren erhoben, in Künzelsau (Hohenlohekreis) ist sogar die Betreuung der Unter-Dreijährigen kostenlos.

Beide Städte betonen ihre Ausnahmestellung in Sachen Kinderbetreuung in Baden-Württemberg. Künzelsaus Bürgermeister Stefan Neumann (parteilos) nennt die Betreuung der Kleinsten in seiner Stadt ein „Alleinstellungsmerkmal“, seit 2019 seien „sogar die Krippen- und Tagesmütterbelegungen gebührenfrei“. Der kostenlose Kindergartenbesuch ab dem ersten vollendeten Lebensjahr sei ein „Novum“ in Baden-Württemberg.

Neumann betont die große Attraktivität der 17.000-Einwohner-Kommune für junge Familien. „Sie und unsere Fachkräfte sind wichtig für die Zukunft unserer Stadt. Familien sorgen für Leben und Zusammenhalt in unserer Stadtgesellschaft. Fachkräfte sichern die Zukunft unserer Unternehmen vor Ort. Darum ist die Unterstützung von Familien eine Investition in die Zukunft unserer Stadt“, so der Bürgermeister.

Natürlich ist kostenlose Kinderbetreuung in erster Linie eine Frage des Geldes – aber auch eine des politischen Willens. Künzelsau steht in Sachen Finanzen dabei wesentlich besser da als die meisten Städte vergleichbarer Größe im Südwesten. Während vielerorts der Rotstift in den städtischen Haushalten regiert, kann Künzelsau investieren – auch in Kitas und Schulen.

Zuletzt nahm die Stadt deutlich mehr Gewerbesteuer ein, als veranschlagt war. Dass mit Würth ein Weltmarktführer am Ort seinen Sitz hat, ist sicherlich ein Faktor. „Selbstverständlich stehen alle kommunalen Leistungen im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten der Stadtverwaltung. Diese hängen jedoch nicht unmittelbar von der Gewerbesteuer einzelner Unternehmen ab, sondern ergeben sich aus der Gesamtheit der städtischen Einnahmen und der strategischen Finanzplanung“, heißt es dazu aus der Pressestelle. An anderer Stelle sparen müsse die Stadt wegen der Kinderbetreuung jedenfalls nicht. Die Entscheidung, die Kinderbetreuung kostenlos anzubieten, sei letztlich eine Entscheidung des Gemeinderats gewesen.

Ü3-Plätze in Heilbronn seit 2008 kostenlos

Kinder aus Heilbronn über drei Jahre werden seit 2008 betreut, ohne dass die Eltern dafür zahlen müssen. Für die Unter-Dreijährigen (U3) werden in diesem Jahr, je nach Betreuungszeit, zwischen 417 und 746 Euro fällig. Der Stadt entgehen durch das kostenlos Angebot für die älteren Kindergartenkinder jährliche Einnahmen von schätzungsweise etwa 8,6 Millionen Euro.

An anderer Stelle sparen muss Heilbronn deshalb nicht, aber auch Heilbronn rechnet mit immer weniger Einnahmen, das Angebot stelle „eine finanzielle Herausforderung dar“, sagt Achim Bocher, Leiter des Amts für Familie, Jugend und Senioren. „Insofern steht diese Leistung auch immer unter dem Vorbehalt, dass der Haushalt genehmigungsfähig durch das Regierungspräsidium ist.“ Eine Wiedereinführung müsse ohnehin der Gemeinderat beschließen, so Bocher. Das sei derzeit aber nicht geplant.

Aus Sicht von Heilbronns Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) sollte „Bildung auch schon im Kindergartenalter kostenfrei sein und nicht erst ab der Einschulung“. Das sei auch eine Frage der Bildungsgerechtigkeit. „Zur Entlastung der Familien und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wie auch die Familien- und Kinderfreundlichkeit ist dieses Modell sicherlich Vorbild für andere Kommunen“, so Mergel. Eine Empfehlung für andere Städte und Gemeinden könne er nicht geben, das müsse jede selbst entscheiden. Er nimmt allerdings das Land in die Pflicht. „Die Kindergartenkosten sollten aus den vorgenannten Gründen auch vom Land Baden-Württemberg getragen werden.“

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Erstellt:
5. November 2025, 05:20 Uhr

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