Klavierakademie im Wiederholungslauf

Einige Teilnehmer sind nicht zum ersten Mal beim Murrhardter Meisterkurs und berichten über die Gründe – Dieses Jahr liegt die Quote bei einem Drittel

Von den 18 Teilnehmern des aktuellen Murrhardter Meisterkurses sind es immerhin sechs, die sich salopp als Wiederholungstäter bezeichnen lassen. Ganz so schlecht gefallen haben kann es ihnen während ihrer vorherigen Besuche also nicht. Beim Gespräch mit den sechs zeigt sich, dass die Klavierakademie wichtige Impulse gegeben kann.

Chun-Hui Chang, Yi-Lin Wu, Mako Kodama, Viktor Satler und Hyelee Kang (von links) haben teils weite Wege auf sich genommen, um bei der Klavierakademie dabei zu sein. Ob noch ganz am Anfang ihres Weges oder mit viel Erfahrung – sie schätzen die geballte Ladung an Feedback. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Chun-Hui Chang, Yi-Lin Wu, Mako Kodama, Viktor Satler und Hyelee Kang (von links) haben teils weite Wege auf sich genommen, um bei der Klavierakademie dabei zu sein. Ob noch ganz am Anfang ihres Weges oder mit viel Erfahrung – sie schätzen die geballte Ladung an Feedback. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Albertina Eunju Song, die im vergangenen Jahr den Publikumspreis erhalten hat, kommt seit 2016 regelmäßig zur Klavierakademie. Geboren in Seoul (Südkorea) und in einer Musikerfamilie aufgewachsen, ist ihr die Region Stuttgart mittlerweile zur zweiten Heimat geworden – durch Studium und Heirat. „Wenn ich mich auf Konzerte vorbereite, sind die Anregungen und Kommentare der Dozenten für mich sehr wertvoll“, sagt die 35-Jährige. Wie viele schätzt sie die geballte Ladung an Kompetenz und das Feedback von gleich drei Professoren. Als schon erfahrene Pianistin sammelt sie ganz bewusst die Ideen und Beurteilungen aller zu einem Stück, an dem sie gerade feilt. Was sie davon umsetzen möchte, lässt sich dann immer noch entscheiden. Sie genießt es sehr, bei der Klavierakademie mit den Professoren ins Gespräch zu kommen. „Wir unterhalten uns auch darüber, wie der weitere Weg aussehen kann. Ich meine, sie haben so viel musikalische Lebenserfahrung“, meint sie. Diese Lust auf Austausch hat noch einen weiteren Hintergrund, der deutlich wird, als Albertina Eunju Song davon erzählt, dass Lampenfieber kein Thema für sie ist. „Ich genieße den Auftritt und die Atmosphäre bei Konzerten. Beim Üben ist man alleine. Insofern ist das Klavier auch ein einsames Instrument.“ Nach ihrem Klavierstudium hat sie auch noch eines der Kammermusik absolviert, der sie sich nun neben Solokonzerten widmen kann.

Der 16-jährige Viktor Satler aus Weimar hat vor zwei Jahren die Klavierakademie zum ersten Mal besucht (wir berichteten) und definitiv Blut geleckt. Auch wenn er noch am Anfang seines Wegs steht, ist ihm genauso bewusst, wie besonders die Möglichkeit ist, mit gleich drei Professoren an einem Stück oder mehreren Stücken feilen zu können. „Das hat mir einfach unheimlich gefallen, diese Arbeit an der Partitur und die verschiedenen Perspektiven.“ Sein Wunsch ist, die Musik zum Beruf zu machen, trotzdem will und kann er noch nicht alles festlegen. „Jetzt mach ich erst mal mein Abitur und dann ist die Frage, wie sich alles weiterentwickelt.“ Gut vorstellen kann er sich aber, sich wieder einmal zur Akademie anzumelden.

Yi-Lin Wu aus Taiwan ist nach den Jahren 2014 und 2015 nun das dritte Mal in Murrhardt, um bei der Klavierakademie dabei zu sein. Sie studiert mittlerweile Kammermusik in Paris. Neben den musikalischen Anregungen, die sie bekommt, spielen aber auch zwei weitere Aspekte eine Rolle. „Ich habe Chun-Hui Chang bei der Akademie kennengelernt“, erzählt sie. Mittlerweile verbindet die beiden eine enge Freundschaft, und der Meisterkurs ist eine Möglichkeit, sich zu sehen. „Ich genieße es auch, hier als Pianistin einfach meiner Passion nachzugehen.“ Die 30-Jährige lässt durchblicken, dass die politische Situation in ihrem Land nicht ganz einfach ist. Der Konflikt mit China hatte sich Anfang des Jahres ja noch mal verschärft, was sie natürlich bewegt, auch wenn sie in Frankreich studiert. In Bezug auf den Unterricht hat sich über die Jahre vor allem ihr Blick auf die Interpretation der Werke geändert. „Ich konzentriere mich noch stärker auf die Musik.“ Nicht ganz einfach sei es, die ganz unterschiedlichen Ansätze und Meinungen der Dozenten wirklich zu verstehen.

Bei ihrer Freundin Chun-Hui Chang, ebenfalls aus Taiwan, bedeutete die erste Teilnahme 2014 bei der Klavierakademie sogar einen regelrechten Einschnitt. Die Professoren des Meisterkurses machten sie auf sehr grundsätzliche technische Aspekte beim Spielen aufmerksam und gaben ihr damit den entscheidenden Anstoß, um die Muskelprobleme in Hand und Arm zu überwinden, die sie geplagt haben, erzählt die 26-Jährige. Sie verwirklichte ihren Wunsch, in Europa zu studieren, mittlerweile ist sie in Brüssel eingeschrieben. Einerseits möchte sie an ihren aktuellen Interpretationen arbeiten, andererseits muss sie auch ein Stück für die Zukunft planen, wenn sie in Europa bleiben möchte. Da sie weiß, wie schwer es ist, als Solistin zu bestehen, hat sie beschlossen, die professionelle Begleitung von Künstlern am Klavier als Standbein auszubauen.

Hyelee Kang ist nach 2017 wieder mit von der Partie. Ein Grund dafür ist, dass die Südkoreanerin bei Gerald Fauth in Leipzig studiert und ihren ersten Meisterkurs einfach in guter Erinnerung hat. Die Möglichkeit, sich von bekannten Professoren Anregungen zu holen, wollte sich die 26-Jährige nicht entgehen lassen. „Ich finde es aber auch spannend, von den anderen Teilnehmern Ideen und Anstöße zu bekommen. Dieser Austausch ist auch sehr interessant.“ Im Moment konzentriere sie sich vor allem darauf, bei ihrem Spiel an den großen, konzeptionellen Bögen zu arbeiten.

Mako Kodama aus Japan hat die Klavierakademie 2015 dazu genutzt, um Deutschland kennenzulernen. „Ich hab damals überlegt, wie es wäre, hier zu studieren“, sagt die 25-Jährige. Mittlerweile ist der Entschluss gereift – die junge Pianistin studiert in Dresden. Nun bei ihrer zweiten Teilnahme hat sie das Gefühl, inzwischen genauer zu verstehen, woran sie musikalisch feilen und wo ihr Schwerpunkt bei der Arbeit liegen sollte. Auch mit dem Lampenfieber sei es schon ein wenig besser geworden. „Vielleicht mache ich noch einen Masterabschluss“, sagt sie. Sie weiß aber, dass sie später nach Japan zurückkehren und dort arbeiten möchte.

Am Rande wird auch klar, dass es für Einzelne gar nicht so einfach ist, die Teilnahme bei der Internationalen Klavierakademie zu finanzieren – Übernachtungen inklusive. Umso beachtlicher ist es letztlich, dass auch sie wieder den Weg nach Murrhardt zum aktuellen Dozententrio gefunden haben.

Am heutigen Samstag, 7. September, um 19 Uhr ist das Galakonzert zum Abschluss der Internationalen Klavierakademie in der Murrhardter Festhalle zu erleben, bei dem auch der Publikumspreis vergeben wird.

Klavierakademie im Wiederholungslauf

© Jörg Fiedler

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Erstellt:
7. September 2019, 06:00 Uhr

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