Kommentar: Das Ende der Sorglosigkeit
Kommentar: Das Ende der Sorglosigkeit
Von André Bochow
Auf Friedensdemos war zuletzt oft das Reinhard-Mey-Lied „Nein, meine Söhne geb’ ich nicht“ zu hören. Wer Söhne hat, wird das Lied nicht ohne innere Bewegung aufnehmen. Aber was ist, wenn die Kriegsgefahr wächst? Wer soll dann die Verteidigungsbereitschaft demonstrieren? Die Antwort der Regierungskoalition lautet: Wer es möchte. Alle jungen Männer eines Jahrgangs werden künftig gemustert, aber der Wehrdienst selbst soll freiwillig bleiben. Indes gibt es einen verbindlichen Personalaufwuchs für die Bundeswehr. Wird dieser nicht erreicht, entscheidet der Bundestag, wie es weitergeht. Das Losverfahren, das nun Zufallsprinzip heißt, ist nicht vom Tisch, aber es kommt nicht automatisch. Problem vertagt.
Jenseits der Koalitionsplänkelei bleibt der tiefe Einschnitt in das Leben einer oder mehrerer Generationen. Zumindest junge Männer müssen sich mit der Frage auseinandersetzen, zu welchen Opfern sie bereit sind. Eltern wird der Gedanke quälen, was mit ihren Kindern wird, wenn noch mehr Soldaten gebraucht werden, wenn sich die Bedrohungslage verschärft, wenn es noch schlimmer kommt. Auch die Dienstpflicht-Debatte für alle wird wieder an Fahrt aufnehmen.
Es bleibt dabei, dass niemand eine Waffe in die Hand nehmen muss, der das nicht will, und das von manchen unterstellte begeisterte Kriegsgeschrei gibt es nicht. Vielmehr ist Trauer angebracht. Trauer über den Verlust deutlich sorgloserer Zeiten für die Jugend.
