Kommentar: Keine Ruck-Rede – aber dennoch wichtig

Kommentar: Keine Ruck-Rede – aber dennoch wichtig

Von Ellen Hasenkamp

Ellen Hasenkamp Saarbrücken - Zu den mannigfachen deutschen Mythen gehört die sogenannte Ruck-Rede. Seit nämlich der damalige Bundespräsident Roman Herzog vor fast drei Jahrzehnten den Bundesbürgern im Berliner Hotel Adlon die Leviten las, wird von Staatschefs und Kanzlern hierzulande in regelmäßigen Abständen eine Ansprache gleichen Kalibers erwartet. Nach entsprechenden Bemühungen stellt sich aber ebenso regelmäßig Enttäuschung ein, wobei stets vergessen wird, dass zum Ruck nicht nur ein Redner, sondern auch ein zum Ruck bereites Publikum gehört. Jetzt also hat sich Friedrich Merz daran versucht und schon den ersten Fehler gemacht, bevor er überhaupt ans Rednerpult trat: Die Erwartungen an seine Worte hatte er im Vorfeld in ziemlich große Höhen getrieben. Den Begriff „Ruck-Rede“ setzten er und sein Umfeld selbst in die Welt. An Herzog konnte der Kanzler beim Festakt zur Deutschen Einheit allerdings nicht anknüpfen. Einen Reform-Fahrplan hat er auch nicht vorgelegt. Was Merz gesagt hat, war dennoch gut und angebracht. Zum einen der Versuch, etwas gegen das zu unternehmen, was sein Vizekanzler Lars Klingbeil gerade erst als „Hauptgegner“ bezeichnete: die schlechte Laune im Land. Zum zweiten die freundliche Erinnerung, dass das Gelingen eines Staates nicht nur von „den Politikern“, sondern auch vom Beitrag der Bürger abhängt. Eine Ruck-Rede? Nein. Aber durchaus richtige Botschaften zur rechten Zeit.

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Erstellt:
3. Oktober 2025, 22:08 Uhr
Aktualisiert:
4. Oktober 2025, 21:57 Uhr

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