Kommentar: Statt freier Fahrt kommt erstmal Frust
Kommentar: Statt freier Fahrt kommt erstmal Frust
Von Tobias Heimbach
Berlin - Hätte die Koalition aus Union und SPD ein Wappen, dann stünde darin ziemlich sicher kein Tier, sondern ein Bagger. Schließlich will die Regierung das Land erneuern und in Brücken, Schienen und Digitalisierung investieren. Das ist auch bitter nötig, wie wohl fast jeder Bürger berichten kann. In diesem Land ist es nicht mehr selbstverständlich, dass Brücken auch tragen, wenn man darüber fährt. 4000 von ihnen gelten als dringend sanierungsbedürftig. Dass die Regierung all das angehen will, ist zu begrüßen.
Die Bagger sollen auch eine zweite Aufgabe erledigen. Wenn der Staat funktioniert, dann steigt das Vertrauen in die Demokratie, heißt es oft von Koalitionären – und dann wählen die Leute nicht mehr AfD, ist der Satz, der gemeint, aber nicht ausgesprochen wird. Kurz: Die Bagger sollen auch der AfD die Wähler abgraben. Doch das ist eine unterkomplexe Sicht auf die Gründe, warum populistische Parteien Zulauf haben. Zudem ist nicht gesagt, dass der Plan Erfolg hat.
Denn bevor die Bürger über intakte Brücken und Straßen fahren, werden sie erst einmal mehr im Stau stehen. „Viele Baustellen“ prophezeit Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) angesichts der bevorstehenden Brückensanierungen. Statt freier Fahrt kommt also erstmal Frust. Die Koalition sollte die Erwartungen nicht zu hoch schrauben. Auch wird das Sanierungsprogramm viele Jahre andauern. Dann ist Schwarz-Rot womöglich längst Geschichte.