Polarwirbel
Kommt ein Jahrhundertwinter?
Spekulationen um einen Jahrhundertwinter verdichten sich. Bringt ein gestörter Polarwirbel arktische Kälte nach Deutschland oder wird es mild?

© Marc Eich
Winterszenen im Schwarzwald (Archiv).
Von Michael Maier
Berichten über einen möglichen „Jahrhundertwinter“ haben aktuell Hochkonjunktur, und das Wetterphänomen, das dabei immer wieder im Fokus steht, ist der Polarwirbel. Diskutiert wird dabei das Verhalten des Polarwirbels und dessen mögliche Auswirkungen auf den kommenden Winter 2025/2026.
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Der Polarwirbel ist ein riesiges, rotierendes Tiefdruckgebiet mit kalter Luft, das in der winterlichen Polarregion zirkuliert. Seine Stärke hat einen erheblichen Einfluss darauf, wie sich unser Wetter in den mittleren Breiten entwickelt.
Schwacher Polarwirbel und möglicher „Jahrhundertwinter“
Ein starker Polarwirbel fängt die kalte Luft effektiv in der Arktis ein. Das Ergebnis sind oft milde, westliche Strömungen, die dem Winter bei uns den Schrecken nehmen.
Ein schwacher oder gestörter Polarwirbel kann sich dagegen verlagern, ausdehnen oder sogar aufspalten. Als besonders bedrohlich gilt ein sogenannter „Split“ des Polarwirbels. Dies ermöglicht potenziell, dass die kalte Luft aus der Arktis nach Süden entweichen kann und Kaltlufteinbrüche in Europa und Nordamerika wahrscheinlicher werden.
Anzeichen für „Jahrhundertwinter“?
- Polarwirbel-Signale: Aktuelle Analysen zeigen Anzeichen für einen schwachen und gestörten Polarwirbel im Winter 2025/2026, was das Risiko für Kaltlufteinbrüche erhöht.
- La Niña: Eine schwache La Niña im Pazifik verstärkt die Wahrscheinlichkeit einer Störung des Polarwirbels.
- Stratosphärenerwärmung (SSW): Die genannten Faktoren erhöhen das Risiko einer plötzlichen „Stratosphärenerwärmung mit welligem Jetstream“
- Dynamischer Winter: Anstelle eines durchgehend milden oder kalten Winters ist eine Saison mit starken regionalen Unterschieden und einer Abfolge von milderen und kälteren Phasen derzeit am wahrscheinlichsten.
Polarwirbel, La Niña und sibirische Kältewellen
Im Gegensatz zur Mehrzahl der Modelle, die aktuell eher einen milden Winter suggerieren, deuten einige Analysen ein deutlich erhöhtes Risiko für Kälteperioden an.
Das Gegenstück zum bekannten Wetterphänomen El Niño im Pazifik heißt La Niña und spielt dabei aktuell eine Rolle. Klimamodelle zeigen eine schwache bis mäßige La Niña, die laut einigen Experten in Kombination mit einer „östlichen Phase der quasi-biennalen Oszillation (QBO)“ und einer potenziell überdurchschnittlich großen Schneedecke in Sibirien die Wahrscheinlichkeit für eine sogenannte „Stratosphärenerwärmung“ (SSW) erhöht.
Gefährliche Stratosphärenerwärmung
Eine plötzliche Stratosphärenerwärmung wiederum könnte den Polarwirbel weiter destabilisieren – so die Theorie – und Wochen später Kältewellen in den mittleren Breiten auslösen. Zwar kann eine solche Erwärmung auch ohne La Niña auftreten, aber die Kombination dieser Faktoren macht eine Destabilisierung wahrscheinlicher.
Trotz Langzeitprognosen, die einen gestörten Wirbel andeuten, berichten andere Quellen, wie wetter.de, dass sich der Polarwirbel derzeit konsolidiert und verstärkt, was allmählich einen völlig normalen Winter einleiten könnte.
Die Vorhersagen über den Polarwirbel lassen keine genaue Prognose für den Dezember, Januar oder Februar zu. Sie deuten aber auf eine höhere Wahrscheinlichkeit für eine dynamische Wetterlage hin, bei der sowohl mildere Phasen als auch Kaltlufteinbrüche möglich sind.
„Welliger Jetstream“
Ein instabiler Polarwirbel kann laut Meteorologen indes einen welligeren Jetstream verursachen, der kalte Luft aus dem Norden nach Europa lenken würde und zu blockierenden Hochdruckgebieten über der Arktis führen kann.
Die Wahrscheinlichkeit für eine oder mehrere Kälteperioden ist somit unter dem Strich erhöht, aber ein extrem kalter und schneereicher Winter ist nicht sicher. Die genaue Entwicklung hängt von vielen weiteren Faktoren ab, deren Wechselspiel sehr komplex ist.