Gesetzlichen Krankenkassen
Krankenkassen unter Finanzdruck - Ruf nach Ausgabenbremse
Die Gesetzlichen Krankenkassen geben mehr Geld aus - zugleich will die Bundesregierung die Beiträge stabil halten. Bereits ab 2026 könnte das schwierig werden.

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Der Finanzdruck auf die Gesetzlichen Krankenkassen bleibt enorm. Nina Warken betont, es werden Maßnahmen gebraucht. (Symbolbild)
Von red/kna
Der Finanzdruck auf die Gesetzlichen Krankenkassen bleibt enorm. Zwar war im ersten Halbjahr ein Überschuss von 2,8 Milliarden Euro zu verzeichnen; zugleich stiegen aber die Leistungsausgaben überdurchschnittlich um 12,2 Prozent, wie das Bundesgesundheitsministerium (Freitag) mitteilte. Der Überschuss soll zudem die gesetzlich vorgesehenen Mindestreserve auffüllen. „Wir brauchen dringend kurzfristige Maßnahmen und langfristige Strukturreformen“, betonte Ministerin Nina Warken (CDU).
Die Bundesregierung will die Gesetzlichen Krankenkassen kurzfristig mit einem neuen Darlehen und der verzögerten Rückzahlung eines bestehenden Darlehens entlasten. Zusätzlich soll eine Hälfte des für die Krankenhausreform benötigten Transformationsfonds nicht aus Mitteln der Kassen, sondern durch Steuern finanziert werden. Hierzu sind 25 Milliarden Euro über zehn Jahre geplant. Auch soll zeitnah eine Expertenkommission Vorschläge zu Stabilisierung der Krankenkassenbeiträge erarbeiten; und dies bereits bis Anfang 2026.
Beiträge sind unter Druck
Schon ab 2026 gerieten die Beitragssätze wieder unter Druck, warnte Ministerin Warken. Man sei sich der hohen Erwartungen und des Zeitdrucks bewusst und befinde sich mit Blick auf den Haushalt 2026 in Gesprächen. Sowohl bei der Pflege- als auch bei der Krankenversicherung werde derzeit nachgesteuert, um die Beiträge zu stabilisieren. Am Ende legten aber die Kassen die Zusatzbeiträge fest.
Der durchschnittlich von den Krankenkassen erhobene Zusatzbeitragssatz entsprach Ende Juni 2,9 Prozent und lag damit deutlich oberhalb des im Oktober 2024 verkündeten Zusatzbeitragssatzes von 2,5 Prozent. Den Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen von rund 177 Milliarden Euro standen in den ersten sechs Monaten Gesamtausgaben von 174 Milliarden Euro gegenüber.
Unterdessen teilten die Haushaltsexperten der Koalition am Freitag mit, dass die Bundesregierung im Haushalt 2025 kein zusätzliches Geld zu den bereits zugesagten Krediten mehr bereitstellt, um drohende neue Anhebungen der Krankenkassenbeiträge zu verhindern. Das sagte Unions-Haushaltsexperte Christian Haase nach den abschließenden Ausschussberatungen. Der SPD-Experte Thorsten Rudolph sagte, für die Stabilisierung der Beiträge würden Vorschläge von Warken für den Haushalt 2026 erwartet.
Zuspruch für Ausgabenaufschub
Der Sozialverband VdK begrüßte die Forderung des Vorsitzenden des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenversicherung, Oliver Blatt, bei den Ausgaben ein Moratorium festzulegen, also einen Aufschub. „Wichtig dabei ist, die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben langfristig zu schließen, die Finanzsituation der gesetzlichen Krankenkassen zu stabilisieren und ihr Leistungsspektrum aufrechtzuerhalten“, betonte VdK-Präsidentin Verena Bentele.
Angesichts der aktuellen Zahlen könnten die Versicherten nicht durchatmen, und es bleibe unklar, wie eine Beitragserhöhung vermieden werden könne. Bentele: „Für mich steht fest: Die Versicherten dürfen nicht die Zeche zahlen.“
Auch die Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbandes, Carola Reimann, beklagte, die Beitragserhöhungen stünden letztlich weiter im Raum. „Statt jetzt entschlossen zu handeln, wird weiter darauf gewartet, dass irgendwo noch Geld im Bundeshaushalt auftaucht“, so Reimann.
Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, die Bundesregierung betreibe Realitätsverweigerung. „Denn ohne Steuermittel gehen in der Kranken- und Pflegeversicherung die Lichter aus“, sagte Vorstand Eugen Brysch. Die gegründeten Kommissionen hätten dann nur einen Auftrag: „Die Sozialversicherungen durch Leistungskürzungen über die Legislatur zu retten.“