Landfrauen verorten sich immer wieder neu

Von Christine Schick

Murrhardt. Im Landgasthof Krone in Fornsbach sind zwei Tische reserviert. Am Abend finden sich dort im Nebenzimmer rund ein Dutzend Frauen ein. Es ist das erste Treffen des neu aus der Taufe gehobenen Stammtischs. „Die Idee gab es schon länger, jetzt hat es endlich geklappt“, sagt Margret Heinz, die gemeinsam mit Andrea Wurst und Helga Blank das Vorstandsteam bildet. Landfrauen kenne man in der Regel in einem ziemlich schaffigen Arbeitsmodus – „ständig am Machen, Organisieren und Rumspringen“. Beim Stammtisch sollen sie aber eben genau das nicht müssen, sondern einfach zu den offenen Treffen „kommen, zusammen entspannen und schwätzen“.

Genau das ist am Abend Programm, die Frauen tauschen sich aus, essen und trinken etwas. Andrea Wurst spricht auch an, dass sich das Verständnis und die Themen des Ortsvereins genauso wie die der Landfrauen auf Kreis- und Landesebene deutlich gewandelt haben. Nicht selten verbinde man mit einer Mitgliedschaft einen landwirtschaftlichen Hintergrund. Den haben eine Reihe der Frauen auch noch – sei es als Teil des Berufs oder über die Familie und Elterngeneration –, gleichzeitig machen die gesellschaftlichen Veränderungen vor den Einzelnen und dem Verein eben nicht halt.

Insofern stellt Margret Heinz auch fest, dass sich die Bezeichnung Landfrauen vielleicht heute besser als „Frauen vom Land“ umformulieren lasse, sprich, dass Frauen aus Murrhardt und Umgebung ganz verschiedene Hintergründe und Biografien haben und als solche erwünscht und willkommen sind. Andrea Wurst erinnert an ein zentrales Anliegen des Vereins – nämlich Bildung zu vermitteln – und insofern fließen mehr oder weniger automatisch auch die Themen der Zeit mit ein.

Bildungsauftrag und aktuelle Themen

Silvia Dyckmans, die vor rund einem Jahr zum Verein gestoßen ist, räumt ein, dass sie überrascht gewesen sei, wie aktuell Themen und Bildungsangebote des Landesverbands sind, und verweist auf das Leitthema „Grenzen-los digital!?“ (2020 bis 2023), das im laufenden Jahr mit „Total digital! Total menschlich?“ noch mal genauer beleuchtet wird. Darauf sind die Murrhardter Frauen aber nicht beschränkt. Was sie sich selbst als neue Projekte, Themen, Impulse und Bildungsangebote des Vereins wünschen? Es wird zusammengetragen. Die Palette ist breit, reicht von Aufklärung zu Sicherheitsaspekten wie neueste Tricksbetrugsmaschen über Entspannungstechniken bis hin zu kreativen Workshops. Oder mal eine Kostümführung im Schloss Ludwigsburg, eine Exkursion auf die Schwäbische Alb, wo in Münsingen die verschiedenen Manufakturen besichtigt werden könnten, und sich auf einem Schweinezuchtbetrieb umschauen, sind weitere Ideen, die in lockerer Runde angesprochen werden. Dabei hält das Programm 2023 auch unabhängig davon schon eine ganze Menge bereit. Neben dem Stammtisch lädt der Verein regelmäßig zu Kreativtreff und Strickstube ein, bietet Nordic-Walking- und Gymnastiktreffen sowie Exkursionen, Vorträge, Kochkurse, Lesung und auch saisonale Klassiker wie Osterbrunnen-Girlanden-Binden oder Weihnachtsplätzchenbacken an.

Wenn neue Interessierte zu den Landfrauen stoßen, seien die außerdem eingeladen, ihre eigenen Themen und Wünsche in die Gruppe zu tragen, sprich, der Verein ist offen und lebt durchs Mitmachen.

Viele Mitglieder sind schon älter

Nicht ganz vorbei kommen die Frauen allerdings an einem Problem, das letztlich alle Vereine, Initiativen und Gruppen insbesondere in ländlichen Regionen betrifft: eine gewisse Überalterung. Unter den Mitgliedern – zurzeit rund 100 an der Zahl – sind auch viele 70- und 80-Jährige und die Runde fragt sich, wie sie jüngere Frauen für Verein und Aktivitäten interessieren kann. Dabei schlägt letztlich auch die gesellschaftliche Veränderung zu – mittlerweile sind viel mehr Frauen wieder berufstätig und Familie und Arbeit unter einen Hut zu bringen, und das lässt zeitlich weniger Spielraum – für ein Engagement im Verein oder allein für ein Nutzen von Angeboten. Trotzdem, beim Stammtisch werden weiter Ideen gesammelt. Vielleicht auch mal einen Reisevortrag ins Programm nehmen und frisch Zugezogene übers Angebot informieren? Andrea Wurst unterstreicht, dass die Landfrauen ihre Vorträge kostenlos anbieten können. Dies und den Austausch mit den Menschen, die hier vor Ort leben, halten sie als Gesamtpaket bereit und freuen sich über neue Interessierte, damit die Gruppe eine bunte bleibt – im modernen Sinne der „Frauen vom Land“.