Junge Liberale
Mallorca kaufen? „Geht aus dem Landeshaushalt, ohne dass Bayaz es merkt“
Die jungen Liberalen Ulm/Biberach wollen Deutschland vergrößern. Rülke und Kubicki nehmen es eher scherzhaft, aber was sagen die Mallorquiner?

© IMAGO/Zoonar
Mallorca-Immobilien sind zu verkaufen, die ganze Insel nicht – auch, wenn FDP-Jugend oder CSU anderweitige Vorstöße machen.
Von Michael Maier
Sommerloch-Wirbel um einen Instagram-Post der Jungen Liberalen Ulm-Biberach, der zwar von deutschen Medien bislang weitgehend links liegen gelassen wird, es jedoch bis in den britischen Boulevard mit Daily Mail und anderen Tabloids geschafft hat – wenn auch nicht auf die Titelseiten. Auch bei Social Media macht das Thema die Runde.
Vergangene Woche hatten die „Julis“ in einem Posting den Kauf von Mallorca gefordert – als „strategische Investition“, weil jährlich so viele Deutsche auf die spanische Mittelmeerinsel reisen. In dem Post schreiben sie auch: „Mallorca ist für uns nicht Urlaub – es ist eine Zukunftsinvestition in Wohlstand, Freiheit und Selbstbestimmung.“
1994: Dionys Jobst und Mallorca als „17. Bundesland“
Mit der Provokation wollen die Julis offensichtlich den verstorbenen CSU-Bundestagsabgeordneten Dionys Jobst (1927-2017) imitieren, der im Jahr 1994 per Interview einen „Kauf Mallorcas als 17. Bundesland für 50 Milliarden Mark“ ins Gespräch brachte. Es war ebenfalls Sommer – und gab damals jede Menge aufgeregte Reaktionen in internationalen Medien. Der spanische Nationalstolz war ernstlich verletzt, ein Hinterbänkler hatte damit aber seine „15 Minuten Weltruhm“ (Warhol) und verewigte seinen Namen mit der Schnapsidee.
Deutlich verhaltener nun die Resonanz auf den Vorstoß der Jungen Liberalen Ulm/Biberach, deren Protagonisten Lars Jan Verwaal und Jan Jachmann bereits des Öfteren mit polarisierenden Feedposts, Reels und Stories aufgefallen sind.
Rülke sieht „Finanzierungsschwierigkeiten“
FDP-Landeschef Hans-Ulrich Rülke nimmt es auf Anfrage unserer Zeitung eher scherzhaft: „Diese Forderung ist nicht offizielle Politik der Landes-FDP. Wir sehen an dieser Stelle gewisse prinzipielle Finanzierungsschwierigkeiten für den Landeshaushalt. Da allerdings im vergangenen Monat bekannt wurde, dass 1440 Lehrerstellen über Jahre in Baden-Württemberg nicht besetzt und jedes Jahr rund 130 Millionen nicht ausgegeben wurden, ohne dass Finanzminister Bayaz dies bemerkt hat, halten wir es auch für denkbar, dass die Jungen Liberalen aus dem Kreisverband Ulm-Biberach mit Mitteln des Landeshaushalts Mallorca erwerben, ohne dass Finanzminister Bayaz dies mitbekommt“.
Bei der FDP Baden-Württemberg scheint man also auch nach dreieinhalb Jahren Ampelregierung die Hoffnung noch nicht aufgegeben zu haben, dass Deutschland doch noch zu alter Stärke zurückfinden könnte, während Mallorca-Kenner und Ex-Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, der auf der Insel einen Zweitwohnsitz unterhält, ebenfalls gewisse Nachsicht walten lässt, den Juli-Post aber trotzdem nicht wahnsinnig witzig findet.
Kubicki: „Territoriale Expansion nicht mal im Scherz“
„Die Jugend hat ein gewisses Recht auf Unbekümmertheit und die Julis vor Ort offensichtlich große Freude an der Provokation. Ich hoffe trotzdem inständig, dass man sich nicht für so einen solchen Post entschieden hätte, wenn man um die gefährlich angespannte und aufgeheizte soziale und gesellschaftspolitische Stimmung auf der Insel wüsste. Darüber hinaus gilt: Territoriale Expansion und Deutschland ist eine Kombination, die man nicht einmal im Scherz zusammen bringen sollte. Mallorca ist eine wunderschöne Insel, Spanien eine großartige Nation und wir wollen und sollten das als gute Gäste nie vergessen“, sagte Kubicki unserer Zeitung.
Mallorca hält sich bedeckt
Und die Mallorquiner selbst? Halten sich bei dem kontroversen Thema offenbar lieber diplomatisch bedeckt, um aktuell nicht noch mehr Öl ins Feuer zu gießen, nachdem es im Juli deutschfeindliche Schmierereien und Sachbeschädigungen von Linksextremisten gegeben hatte.
Man wolle solche scherzhaften Äußerungen nicht bewerten, so Sprecherin Maria Frontera vom Hotelverband FEHM auf Anfrage. Sie warnt ihre Landsleute davor, die Deutschen als Schuldige für teilweise hausgemachte Probleme zu stigmatisieren. So sei die Bevölkerung auf Mallorca in den letzten Jahren um 52 Prozent gewachsen, die Infrastruktur aber nicht im gleichen Maß.
Das Problem – unter anderem mit fehlendem Wohnraum – habe nicht direkt mit dem Tourismus zu tun, meint Frontera. Sie verweist auf die Kampagne „Tourist, go home ... happy“, mit der der Verband aktuell den Anfeindungen aus der radikalen Ecke entgegen tritt. „Liebe Urlauber, kommen Sie gut nach Hause. Und bald wieder nach Mallorca!“ haben die Hoteliers derzeit groß an Autobahnen und Straßen der Insel plakatiert - oder auch „Liebe Urlauber, fahren Sie nicht nach Hause, bleiben Sie einfach länger bei uns!“
Deutsche willkommen, aber nicht als „Sauftouristen“
Traditionell sind die Balearen eben als gastfreundlich und herzlich bekannt, zumal 235.000 Familien vom Tourismus leben. Aus einer Straßenumfrage des Mallorca Magazins geht im Übrigen hervor, dass sich die allermeisten Deutschen dort nach wie vor willkommen fühlen. Von Fremdenfeindlichkeit sei im touristischen Alltag nichts zu spüren, so die Befragten. Das Willkommen dürfte im Übrigen auch für Lars Jan Verwaal, Jan Jachmann und ihre Juli-Freunde gelten, solange sie nicht gerade eine feindliche Übernahme versuchen und keinen Stress als „Sauftouristen“ am „Ballermann“ machen.