Ex-TSG-Trainer Mario Klotz: „Wir haben alles selbst in der Hand“

Interview Der Trainer kreuzt am morgigen Samstag um 14 Uhr als Spitzenreiter der Fußball-Oberliga mit dem FC 08 Villingen zum Spiel bei der TSG Backnang auf. Der 39-Jährige glaubt an den Aufstieg mit seinem neuen Team ebenso wie an den Klassenverbleib seines Ex-Vereins.

So schnelllebig ist das Fußballgeschäft: Bis zum Jahreswechsel trainierte Mario Klotz die TSG, morgen wird er im Villinger Trainingsanzug im Etzwiesenstadion erwartet. Foto: Imago

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So schnelllebig ist das Fußballgeschäft: Bis zum Jahreswechsel trainierte Mario Klotz die TSG, morgen wird er im Villinger Trainingsanzug im Etzwiesenstadion erwartet. Foto: Imago

Nur vier Monate nach Ihrem Abschied von der TSG kommt es morgen zum Duell mit dem Ex-Verein. Mit welchen Gefühlen fahren Sie in die Etzwiesen?

Ich freue mich sehr auf dieses Aufeinandertreffen. Zwischenzeitlich war ich jedoch bereits als Zuschauer vor Ort. Das war beim 3:2-Heimsieg gegen Bissingen und es war sehr schön, die vielen bekannten und vertrauten Gesichter zu sehen. Außerdem war ich auch beim Spiel in Pforzheim.

Auf welche alten Weggefährten freuen Sie sich besonders?

Grundsätzlich auf alle TSGler, vor allem aber natürlich auf die Jungs. Wir hatten eine schöne und erfolgreiche Zeit miteinander. Das gilt aber auch für die Verantwortlichen um Joachim Pfisterer, Oguzhan Biyik und Marc Erdmann. Nicht zu vergessen den Physiotherapeuten Volker Max und insbesondere den zwölften Mann Nico Schoch, der uns mit seinen Gesängen in jedem Spiel leidenschaftlich unterstützt hat.

Plagt Sie trotz der Ausstiegsklausel noch ein schlechtes Gewissen, die TSG nach nur einem Jahr mit dem Ligaverbleib und einer guten Vorrunde trotz der vorherigen Vertragsverlängerung mitten in der Saison verlassen zu haben?

Diese Entscheidung war natürlich nicht einfach, weil ich der TSG viel zu verdanken habe. Wir haben gemeinsam eine unvergessliche Zeit erlebt. Der Erfolg hat aber andere Klubs aufmerksam gemacht. Schon bei der Verlängerung haben Joachim Pfisterer und ich eine Ausstiegsklausel für den Fall vereinbart, dass Villingen oder ein anderer ambitionierter oder höherklassiger Verein anfragt. So war für mich der nächste Entwicklungsschritt möglich. Dass es auf Außenstehende zunächst dennoch etwas irritierend gewirkt hat, kann ich nachvollziehen, aber bei diesem Wechsel lief alles einvernehmlich, transparent und ehrlich ab.

Sie haben immer betont, dass Villingen aufgrund Ihrer Spielerzeit von 2007 bis 2010 ein besonderer Verein für Sie ist. Ist alles noch so schön wie damals?

Absolut, auch wenn sich die Perspektive als Trainer und Sportdirektor von der des Spielers unterscheidet. Ich habe viele bekannte und vertraute Gesichter wiedergetroffen, die den Verein noch genauso begleiten wie damals. Es ist bemerkenswert, welche Tradition dieser Klub verkörpert und wie viele Menschen weiterhin mit Leidenschaft dabei sind. Infrastrukturell ist der FC 08 Villingen seit damals gewachsen. Beispielsweise wurde im Stadion ein Flutlicht installiert, der Kabinentrakt renoviert und eine sehenswerte VIP-Lounge gebaut.

Ist die zeitintensive Doppelrolle als Trainer und Sportdirektor in Personalunion auf Dauer angelegt?

Ich freue mich, diese Doppelfunktion innehaben zu dürfen, und gehe die Aufgaben voller Leidenschaft und Tatendrang an. Diese Möglichkeit, welche mir von Beginn an geboten wurde, ist auf Dauer angelegt. Das ist für mich aus sportlicher Perspektive noch einmal ein Riesenschritt gewesen.

Haben Sie das alleinige sportliche Sagen und welche Rolle spielt Sportvorstand Denis Stogiannidis, der gegen Ihre Verpflichtung gewesen sein soll?

Erfolg in einem Verein kann es immer nur im Team geben. Natürlich gibt es Bereiche wie beispielsweise die Aufstellung, bei der ich das alleinige Sagen habe. Wenn es aber zum Beispiel um Spielerverpflichtungen geht, versuche ich gute Vorschläge und Argumentationen aufzuführen. Danach ist es aber wichtig, eine Entscheidung im Team zu treffen. Folglich wird alles mit dem Gesamtvorstand besprochen und beschlossen. Ich kann für mich sagen, dass ich zu allen Vorständen – zu Denis Stogiannidis, Armin Distel und Reinhard Warrle – ein gutes Verhältnis habe.

Mit Villingen haben Sie Großaspach an der Oberliga-Spitze abgelöst und zudem das Finale im südbadischen Pokal erreicht. Sind Sie rundum zufrieden?

Co-Trainer Adam Adamos, Torwarttrainer Daniel Siegler und mir macht es viel Freude, mit dem Team zu arbeiten. Die Jungs sind hoch motiviert und hungrig auf den Erfolg. Wir haben uns eine gute Ausgangsposition verschafft, die aber nur eine erfreuliche Momentaufnahme ist. Wir wissen, dass wir in jedem der anstehenden Spiele alles abrufen müssen, um am Ende der Saison den gewünschten Erfolg zu haben.

Verspüren Sie großen Druck, weil der Aufstieg in die Regionalliga mit Spielern wie dem Winterzugang und ehemaligen Bundesliga-Profi Daniel Caligiuri das erklärte Ziel ist?

Ich verspüre große Motivation und bin sehr dankbar, dass wir Daniel Caligiuri verpflichten konnten. Dass dies mitsamt dem bisherigen Saisonverlauf Erwartungen weckt, ist uns klar, zeigt aber auch, was uns zugetraut wird. Dieser positive Druck treibt uns an und wir gehen selbstbewusst damit um. Ich darf zugeben, dass ich das Gefühl sogar mag, dafür bin ich Trainer geworden.

Glauben Sie an ein Duell mit Großaspach oder an einen Dreikampf, in den bis zum Ende auch Göppingen verwickelt ist?

Ich gehe davon aus, dass alle Teams, die da oben stehen, weiter alles versuchen werden. Die Konstanz wird weiterhin entscheidend sein. Für uns ist es erfreulich und ein Vorteil, dass wir alles selbst in der Hand haben.

Wohin soll der Weg des FC 08 Villingen mittelfristig führen?

Diese Frage dürfen Sie mir gerne nochmals stellen, wenn wir den Aufstieg geschafft und den südbadischen Pokal gewonnen haben. Infrastrukturell ist, wie erwähnt, schon einiges passiert. Der Verein will aber weiterwachsen, um gegebenenfalls für künftige Aufgaben und Zielsetzungen gewappnet zu sein. Derzeit gilt es aber, mit voller Konzentration die aktuellen Ziele zu verfolgen.

Die TSG ist mit 38 Punkten noch nicht auf der sicheren Seite. Schafft Ihr ehemaliger Verein den Klassenverbleib?

Ja. Mit Pavlos Osipidis hat die TSG einen guten Trainer verpflichtet, mit Gentian Lekaj nochmals in den Kader investiert. Deshalb, und weil ein starkes Mannschaftsgefüge vorhanden ist, wird die TSG es schaffen.

Gibt es einen TSG-Spieler, den Sie nach der Partie am liebsten in den Bus setzen und nach Villingen mitnehmen würden?

Ich schätze viele meiner ehemaligen Spieler, aber ich habe ein super Team in Villingen, mit dem wir unsere jetzigen Ziele verfolgen und auch erreichen können. Folglich wird nach der Partie keiner der TSG-Spieler in unserem Bus sitzen.

Wollen Sie neben allen Spielern nicht wenigstens einen Punkt hier lassen, um die Chancen der TSG zu erhöhen?

Bei aller Wertschätzung gehen wir das Spiel sportlich an und sind wie immer von Ehrgeiz und Siegeswillen getrieben. Ich drücke der TSG immer gerne die Daumen, aber in diesem Spiel sieht es natürlich anders aus.

Das Gespräch führte Steffen Grün.

Zur Person und rund ums morgige Spiel im Etzwiesenstadion

Mario Klotz Villingens Trainer wurde am 29. September 1984 in Dortmund geboren, sein Vater spielte für die Borussia. Bernd Klotz bestritt für den BVB, den VfB, Mannheim und Düsseldorf 250 Erstliga-Partien (59 Tore). Mario Klotz, der in Ditzingen angefangen hat und in der Jugend das VfB-Trikot trug, war vor allem in der Verbands- und Oberliga aktiv, weil ihn nach sechs Regionalliga-Einsätzen für die Stuttgarter Kickers (2004/ 2005) das Verletzungspech bremste. Zu seinen Vereinen zählten der SSV Ulm und schon als Spieler der FC 08 Villingen (2007 bis 2010, mit dem mit 0:2 verlorenen DFB- Pokal-Spiel gegen St. Pauli als Höhepunkt). Seine vorherigen Trainerstationen: Co-Trainer und Interimscoach beim SV Perouse (bis 2020), Co-Trainer beim FSV 08 Bietigheim-Bissingen I und II (bis Ende 2022) und Chefcoach der TSG Backnang im Kalenderjahr 2023.

Heimvorteil Die TSG Backnang hat nach der Winterpause noch kein Auswärtsspiel gewonnen (zwei Unentschieden, vier Niederlagen), zugleich aber zu Hause noch nicht verloren (drei Siege, ein Remis). Ist es ein Vorteil, dass Oberliga-Spitzenreiter Villingen am morgigen Samstag um 14 Uhr in den Etzwiesen erwartet wird? Pavlos Osipidis fängt mit solchen Statistiken wenig an, „aber da tickt jeder anders“. Vielleicht helfe es den Spielern, an die Chance zu glauben, die der TSG-Trainer definitiv sieht: „Die Herausforderung ist groß, aber es gibt in dieser Saison keine Übermannschaft.“

Tabelle Die Gäste dürfen sich im Titelrennen mit 58 Punkten vor Großaspach (57) und Göppingen (56) keinen Patzer erlauben. Backnang ist als Neunter mit 38 Zählern bei sechs ausstehenden Partien noch nicht auf der sicheren Seite, aber es sieht ganz gut aus.

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Erstellt:
26. April 2024, 09:44 Uhr

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