Singender Bäcker auf dem Weindorf

„Meine neue Liebe, das Brot“ – Früher Opernsänger, heute Bäcker in Stuttgart

Marco Špehar-Piehler tauschte die Bühne gegen den Backofen und erzählt beim Weindorf-Treff 2025, warum das Backen wie eine Therapie für ihn war.

Marko Špehar-Piehler verteilt selbstgebackenes Brot auf dem Weindorf in Stuttgart.

© Julian Rettig - Lichtgut

Marko Špehar-Piehler verteilt selbstgebackenes Brot auf dem Weindorf in Stuttgart.

Von Frederik Herrmann

Was haben Brotbacken und Operngesang gemeinsam? Auf den ersten Blick nichts – auf den zweiten erstaunlich viel. Zumindest, wenn man Marco Špehar-Piehler zuhört. Der 43-Jährige beherrscht beides: die Kunst des Singens und die Kunst des Backens.

Lange stand Špehar-Piehler als Bass auf den Bühnen in Berlin, Hannover oder Dortmund. Den größten Teil seiner Karriere verbrachte er jedoch an der Stuttgarter Staatsoper, wo er zuletzt zwischen 2022 und 2023 in Saint François d’Assise den Bruder Bernard verkörperte.

Am Mittwochabend, beim letzten Abend des Weindorf-Treffs 2025 der Stuttgarter Zeitung, der Stuttgarter Nachrichten und des Südwestrundfunks, stand er auf der Bühne der Kulturlaube. Gemeinsam mit dem SWR-Moderator und Podcaster Florian Weber, dem Musical-Darsteller Kaj-Louis Lucke (Olaf in Die Eiskönigin), seiner Kollegin Kim Fölmi (Anna in Die Eiskönigin) sowie dem Weinprinzen Moritz Ocker erzählte er dort, wie er zum Backen gekommen ist.

Eine offensichtliche Gemeinsamkeit hatten die Gäste von Tom Hörner (StZN) und Diana Hörger (SWR): Sie alle verfügen über Bühnenerfahrung. Fölmi und Lucke performen derzeit das Musical „Die Eiskönigin“ in Stuttgart und mussten nach dem Weindorf-Treff sogar noch ins Stage Apollo Theater, wo das Musical derzeit aufgeführt wird. „Heute sind wir aber nur als Stand-by eingesetzt“, erklärt Fölmi, „wie ein Auswechselspieler, der kurzfristig einspringen kann.“

Auch SWR-Moderator Florian Weber ist eine echte „Rampensau“; er moderiert regelmäßig die SWR-Formate „Landesschau Baden-Württemberg“, „Meister des Alltags“ und „Zur Sache Baden-Württemberg“. Zudem ist er aktuell im Podcast „40+ – Die Podcast-Therapie“ zu hören, in dem er sich mit dem Psychotherapeuten Christian Peter Dogs über die Probleme seiner Generation austauscht. Moritz Ocker fühlt sich ebenfalls wohl auf der Bühne, war er doch einen Tag zuvor schon als Gast beim Weindorf-Treff eingeladen.

Ähnlich sind sich die Gäste auch in ihrem Urteil über das Brot des Opern-Bäckers Špehar-Piehler: „Schmeckt ausgezeichnet“, lautet ihre gemeinsame Einschätzung. Der Bäcker hatte gleich mehrere Sorten mitgebracht – und alle kosten lassen.

Brotbacken ist Leidenschaft und Heilung

Eine schwere Krebserkrankung zwang ihn 2012 zu einer Pause von der Oper. Zwar kehrte er nach fünf Jahren auf die Bühne zurück, merkte aber schnell, dass er nicht mehr so leben wollte: das ständige Reisen, fern von Zuhause. „Es war einfach nicht mehr wie am Anfang“, sagt er. Doch dann entdeckte er eine neue Liebe – das Brot.

Für Špehar-Piehler ist Backen mehr als ein Beruf – es ist Heilung. „Der Teig, das Mehl, die Körner aus dem Boden – das erdet“, erklärt er. Dabei denkt er oft an seine Großmutter, mit der er in seinem kroatischen Heimatdorf schon als Kind Brot gebacken hat.

Wenn Špehar-Piehler über seine Brote spricht, klingt das fast so, als würde ein Sommelier über Wein fachsimpeln. Während Weinprinz Moritz Ocker, ebenfalls zu Gast beim Weindorf-Treff, Birnennoten, Vanille oder Citrus herausschmeckt, beschreibt Špehar-Piehler seine Brote lieber mit herbstlichen Aromen: Kastanien, Erde oder süße Früchte.

Heute darf er sich offiziell Bäcker nennen – trotz fehlender Ausbildung. Mit einer Ausnahmebewilligung der Handwerkskammer legte er die Gesellenprüfung an der Bundesakademie des Bäckerhandwerks ab.

Was haben Backen und Oper gemeinsam?

Mittlerweile betreibt er eine Bäckerei im Westen von Stuttgart. Das Singen bereitet ihm aber weiterhin große Freude. Oper und Backen haben viel gemeinsam, findet Špehar-Piehler. Beides sei ein Handwerk, das gelernt und verfeinert werden müsse. „Ob ich stundenlang ein Lied lerne oder mich mit der Struktur eines Sauerteiges auseinandersetze – beides ist eine Herausforderung“, sagt der singende Bäcker.

Um sein Handwerk zu perfektionieren, lernte er von Bäckern aus ganz Europa. Besonders stolz ist er auf seine Panettone. Das italienische Weihnachtsgebäck gilt als „Mount Everest“ des Backhandwerks, wie er sagt. Manche seiner Kunden seien regelrecht süchtig nach seinem Gebäck.

Die Brote, welche Špehar-Piehler zum Weindorf-Treff mitgebracht hatte, durften nicht nur die Talk-Teilnehmer testen. Auch für die Zuschauer gab es eine Kostprobe – darunter ein Hartweizen-Polenta-Brot und ein Kartoffel-Dinkel-Brot. „Durch die Kartoffel bleibt das Brot bis zu einer Woche frisch“, erklärt er. Nötig war das nicht: Nach kurzer Zeit waren alle Brotscheiben aufgegessen.

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Erstellt:
4. September 2025, 07:10 Uhr
Aktualisiert:
4. September 2025, 13:09 Uhr

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