Treffen in Belgien
Merz kämpft für die Zukunft der Ukraine
Der Bundeskanzler reist nach Belgien, wo er mit Premierminister Bart de Wever über die Nutzung des eingefrorenen russischen Staatsvermögens diskutiert.
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Keine leichte Aufgabe für den Kanzler. Friedrich Merz trifft sich in Belgien mit dem Regierungschef Bart de Wever. Den will er davon überzeugen, die eingefrorenen russischen Gelder freizugeben.
Von Knut Krohn
Friedrich Merz hängt die Bedeutung des Treffens auffallend tief. Der Bundeskanzler reise am Freitag nach Belgien zu einem Abendessen „im privaten Rahmen“, heißt es aus Berlin. Dass Merz seine lange geplante Norwegen-Reise für einen entspannten Plausch mit dem belgischen Premierminister Bart de Wever überraschend verschoben hat, erscheint aber unwahrscheinlich. Dagegen spricht auch der Grund des Treffens. Der Kanzler versucht seinen Kollegen aus Brüssel zu überzeugen, die in Belgien eingefrorenen russischen Gelder für die Unterstützung Kiews im Abwehrkampf gegen Moskaus Truppen freizugeben.
Die Ukraine ist auf den Westen angewiesen
Seit fast vier Jahren dauert der Krieg und ohne die Unterstützung des Westens würde die Ukraine den Kampf nicht durchhalten. Doch auch die EU-Staaten sind am Rand der finanziellen Belastbarkeit angelangt. Als Ausweg wird seit Monaten die Verwendung des vom belgischen Finanzinstitut Euroclear verwalteten russische Zentralbankvermögen diskutiert, das auf fast 200 Milliarden Euro beziffert wird. Doch die belgische Regierung stellt sich quer und verweist auf die rechtlichen und finanziellen Risiken. Bart de Wever fordert etwa eine Beteiligung anderer EU-Staaten, um das Risiko zu mindern, dass Belgien alleiniges Ziel möglicher Vergeltungsmaßnahmen des Kremls wird.
Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen wird bei dem „privaten“ Abendessen mit am Tisch sitzen. Sie hatte jüngst erneut einen Vorschlag zur Nutzung der russischen Staatsvermögen für die Ukraine vorgelegt. Grundlage ist, die Gelder für ein Darlehn an die Ukraine zu verwenden und Kiew auf diese Weise eine Art Vorschuss zu gewähren. Wichtig dabei ist: formell würde das Geld vorerst im Besitz Moskaus bleiben, es wäre also keine Enteignung. Die Ukraine müsste den Kredit erst zurückzahlen, wenn Russland für die angerichteten Kriegsschäden Reparationszahlungen leistet.
Deutschland lehnt EU-Schulden vehement ab
Bart de Wever dürfte bei dem Abendessen aber auch auf eine zweite Lösung hinweisen, die ebenfalls von der EU-Kommission ins Spiel gebracht wurde. Ursula von der Leyen kann sich die Aufnahme neuer EU-Schulden für die Ukraine vorstellen. Zahlreiche Länder lehnen dies vehement ab und es ist wohl eine der Hauptaufgaben des Kanzlers, seinen Kollegen von dieser Idee abzubringen.
Merz sitzt bei dem Abendessen allerdings niemandem gegenüber, der sich einfach über den Tisch ziehen lässt. Bart de Weber ist ein knallharter Verhandler. Wie konsequent er politische Ziele verfolgt, demonstriert er im Moment im eigenen Land, dem er angesichts eines erdrückenden Schuldenberges mit einem radikalen Reformprogramm eine wirtschaftliche Schocktherapie verordnet hat. Er streicht die Staatsausgaben auf allen Ebenen zusammen, kürzt rigoros Sozialleistungen und scheut auch nicht davor zurück, sich mit den allmächtigen Gewerkschaften anzulegen.
Bart de Wever reformiert sein Land mit harter Hand
Auch hat der 54-jährige Flame den Mut, den Belgiern deutlich zu sagen, dass auf alle Bürger schwere Zeiten zukommen werden, weil die wachsenden Probleme nicht mehr mit immer neuen Staatsausgaben zugeschüttet werden können. Diese ehrliche und zupackende Art könnte dem Premier zwar bald den Job kosten, doch dieses Risiko nimmt Bart de Wever in Kauf.
