Mit dem Charme der Troubadoure

Die französische Band Manny beweist bei ihrem eindrücklichen Konzert ihr musikalisches Können und bewegt sich sicher auf stilistisch unterschiedlichem Terrain. Genauso zeigt die Formation auch ihre Lust am Erzählen und Philosophieren mit poetischen Liedern.

Die Band Manny präsentiert bei ihrem Konzert am Julius-Söhnle-Pavillon im Stadtpark nicht nur ihre musikalische Vielseitigkeit, sondern auch spannende und aussagekräftige Texte. Foto: Stefan Bossow

© Stefan Bossow

Die Band Manny präsentiert bei ihrem Konzert am Julius-Söhnle-Pavillon im Stadtpark nicht nur ihre musikalische Vielseitigkeit, sondern auch spannende und aussagekräftige Texte. Foto: Stefan Bossow

Von Petra Neumann

Murrhardt. Ein ausgezeichnetes Konzert fand beim Julius-Söhnle-Pavillon im Stadtpark statt. Die französische Band Manny, die schon einmal in der Walterichstadt zu Besuch war, hatte allerdings starke Konkurrenz. Liebe geht halt durch den Magen und ein Sommernachtskino, das mit einem Rehragout-Rendezvous – dem neuesten Eberhofer-Krimi-Streifen – aufwartete, zog doch die meisten potenziellen Besucherinnen und Besucher ab. Nichtsdestotrotz gaben die Mitglieder von Manny ihr Bestes und präsentierten ihre ganz eigenwillige Musik, die sich aus vielen unterschiedlichen Strömungen zusammensetzt wie zum Beispiel Chanson, Blues, Rock und Jazz mit einem Hauch Klezmer.

Frontman Thierry Gaillard, der nicht nur singt und seine Lieder zudem poetisch interpretiert, sondern auch Gitarre spielt und der Begründer der Formation ist, stammt aus der Schweiz, lebt aber bereits seit Jahren in Frankreich. Von dort bezieht er viele seiner Textinspirationen, die gleichsam vertonte Gedichte sind. Seine Frau Marion zupft den E-Bass. Seit Neuestem haben sie auch einen Schlagzeuger ins Boot geholt, den aus Belgien stammenden Fabrice George. Aus Kanada kommt Leadgitarrist Brett Stewart. Die Tasten der Keyboards bedient Adeline Vigor, während ihr Ehemann Vincent die Flöte zum Klingen bringt. Toni Lauper ist wohl der Einzige, dessen Muttersprache nicht Französisch ist, er stammt aus Zürich und brilliert auf der Klarinette, und Tatiana Cenni steht ihm dabei mit ihrem Saxofon zur Seite.

„Never know“ ist sehr melodiös. Der Song erzählt von einem stinknormalen Leben mit all seinen Höhen und Tiefen. „Un pas du loin“ (Ein Schritt weiter) legt mit einem etwas orientalisch anmutenden Auftakt los, um sich dann in ein treibendes rhythmisches Stück zu verwandeln. Die einsetzenden Soloinstrumente machen die Musik komplex und spannend, wie das Leben selbst. Melancholisch und mit einer guten Brise von Trotzalledem verfolgt das Lied „Le vent l’emportera“ (Der Wind wird es wegtragen) Geschehnisse, Menschen bis hin zu Galaxien und alles, was existiert, um sie dann fortzuwehen. Das auf Spanisch vorgetragene „Amor“ lebt von lateinamerikanischen Rhythmen, da die Liebe letztlich die Impulsgeberin des Lebens ist. Jeden Tag wird sie stärker, bis auf die Liebe der Schmerz folgt, der mitten in das Herz trifft. Es ist auffallend, wie sehr Poesie und Musik ein eng ineinander verwobenes Geflecht bilden. Bei diesem Stück ist es die Klarinette, die jeden Gefühlszustand wissend verfolgt. Das Stück „Driftin‘“ gibt sich völlig entspannt. Schließlich schweben Zuhörerinnen und Zuhörer auf den Wolken der Freude, den „Clouds of delight“. Natürlich ist dabei eine Liebesbeziehung gemeint, die die Protagonisten aus der irdischen Schwerkraft in den Himmel transportiert. Dieser Überschwang an Emotionen drückt sich in der spannungsgeladenen Vertonung aus.

Erdig, mit einem Hauch Hoboromantik (Hobos lebten ein freies Leben und nahmen Gelegenheitsjobs an) versehen, ist die Wiedergabe von „Crossroads“, das der berühmte Bluesmusiker Robert Johnson verfasst hat und das 1936 zum ersten Mal aufgenommen wurde. Manny macht daraus eine richtig gewitzte Nummer, wobei sich die Bandmitglieder zudem coole Sonnenbrillen aufsetzten. In „La fille du Vent“ (Die Tochter des Windes) heißt es: „Ich tanze im Mondschein, ich bin die Tochter des Windes, ich bringe das Glück (...), man hüllt mich in Schleier, will mich einsperren, aber ihr könnt mich nicht stoppen, nicht aufhalten.“ Die Zeilen lassen sich auch als eine Beschreibung der Situation vieler Frauen auf der Welt lesen.

„Musik ist unser Leben“, sagte Marion Gaillard und strahlte. Man merkte der Band an, wie sehr sie die alte Tradition der Troubadoure pflegt und lebt. Ein wunderbar eindrückliches Konzert, das dem erlesenen Publikum dementsprechend gut gefallen hat.

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Erstellt:
16. August 2023, 06:00 Uhr

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