Mit maximalem Ehrgeiz, aber ohne Druck

Der Handball-Drittligist HC Oppenweiler/Backnang muss im Hinspiel der Finalrunde um den Aufstieg zur Zweiten Bundesliga beim VfL Eintracht Hagen ran. Die Schwaben gehen als Außenseiter in die beiden Vergleiche mit den Südwestfalen.

An alter Wirkungsstätte gefordert: Jürgen Müller. Der Torhüter muss mit dem HCOB im ersten Aufstiegsfinale zuerst nach Hagen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

An alter Wirkungsstätte gefordert: Jürgen Müller. Der Torhüter muss mit dem HCOB im ersten Aufstiegsfinale zuerst nach Hagen. Foto: A. Becher

Von Alexander Hornauer

14 Teams sind angetreten, um sich um die zwei Tickets für die zweite Handball-Bundesliga zu bewerben. Vier sind übrig geblieben, der HC Oppenweiler/ Backnang ist darunter. Nur noch zwei Spiele trennen das Team von Coach Matthias Heineke vom Aufstieg. Dabei wartet mit dem VfL Eintracht Hagen eine riesige Herausforderung auf die Schwaben. Die Westfalen sind von Beginn an der Topfavorit auf den Aufstieg gewesen und haben diese Rolle bisher eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Im Hinspiel tritt der HCOB am Samstag ab 19 Uhr in der Hagener Krollmann-Arena an.

Es war ein außergewöhnlicher Sieg mit bemerkenswerten Emotionen. Das Zwischenrundenrückspiel gegen den TuS Vinnhorst wird in Erinnerung bleiben. „Wir haben uns alle riesig gefreut und tun das immer noch“, sagt Trainer Matthias Heineke auch ein paar Tage nach dem Abpfiff der nervenaufreibenden Partie. Aber der Spielplan kennt keine Pause und der Weg ist noch nicht zu Ende. Der Traum vom Aufstieg in die zweite Liga erfordert die nächsten Schritte. Relativ schnell rückte nicht nur für den Coach, sondern auch für die Spieler deshalb die Vorbereitung auf das erste Finalspiel beim VfL Eintracht Hagen in den Vordergrund. Der HCOB geht seine unerwartete Chance auf den Sprung ins Bundesliga-Unterhaus mit maximaler Konzentration und viel Fokus an.

Bereits den Einzug in die Finalrunde bezeichnet Heineke als Riesenerfolg.

Heineke bewertet bereits den Einzug unter die letzten vier als „Riesenerfolg für uns. Wir stehen in einer Reihe mit Potsdam, Hagen und Rostock. Schaut man sich das Umfeld und die Historie sowie den aktuellen Kader an, dann erkennt man, dass es für uns außergewöhnlich ist, in der Finalrunde zu stehen.“ Die Eintracht hat eine lange Zweitliga-Historie und trägt ihre Heimspiele in der Krollmann-Arena mit rund 3000 Plätzen aus. Im Kader der Südwestfalen finden sich zahlreiche Athleten, die den Handballsport beruflich ausüben und ein hohes Trainingspensum absolvieren können. Für den Trainer des HC Oppenweiler/Backnang ist darum auch klar: „Wir sind der krasse Außenseiter. Die Rollen sind so klar verteilt, wie es nur geht. Hagen hat nicht erst seit dieser Woche das unbedingte Ziel, in die Zweite Bundesliga wiederaufzusteigen.“ Es braucht also zwei weitere außergewöhnliche Auftritte des Teams aus dem Murrtal, wenn es das Duell offen und vielleicht sogar zu seinen Gunsten entscheiden will.

Beim intensiven Videostudium hat der HCOB-Coach Perspektiven entdeckt. „Es gibt einige wenige Ansatzpunkte, wo unsere Stärken auf ihre Schwachpunkte treffen. Die müssen wir gut anspielen – und dann unsere Chancen verwerten“, erläutert Matthias Heineke. Die Leistungskurve seines Teams sei ein Trumpf. „Wir präsentieren uns seit Wochen in konstant guter Form und sind gegen jeden Gegner in der Lage, 30 Tore und mehr zu erzielen.“ Nicht entgangen ist dem Coach allerdings auch, dass es sich beim Rivalen um einen bärenstarken Drittligisten handelt. „Da stimmt einfach in der Summe sehr viel. Sie sind im Rückraum und am Kreis mehrfach besetzt, und das zumeist mit ehemaligen Erst- oder Zweitliga-Spielern. Dadurch haben sie viel Stabilität.“ Und die Verpflichtung von Coach Stefan Neef vor eineinhalb Jahren könnte ein Glücksgriff gewesen sein: „Er hat ihnen eine klare Spielstruktur verpasst, es wirkt sehr eingespielt und reif.“

Was die Mannschaft aus der Stadt, in der der Deutsche Basketball-Bund beheimatet ist, allerdings auch hat, das ist eine hohe Erwartungshaltung. Schon vor Rundenbeginn wurde der VfL Eintracht Hagen als klarer Favorit im Kampf um den Aufstieg genannt. Bislang wurden die Westfalen diesem Anspruch auch gerecht. Zuletzt siegten sie gegen die HSG Krefeld Niederrhein außergewöhnlich souverän. Aber vielleicht ist die Anspannung bei den Eintracht-Handballern, da es nun auf die Zielgerade geht, doch größer als bislang. „Sie wissen natürlich, dass die Chance aufzusteigen nicht mehr größer wird als jetzt“, sagt Matthias Heineke – vielleicht bekommt der eine oder andere Hagener angesichts des Drucks doch zittrige Finger. Dann könnte es für den Außenseiter aus dem Murrtal ein Vorteil sein, „dass wir gerade auf einer Welle der Euphorie schwimmen. Wir können nämlich mit maximalem Ehrgeiz und ohne Druck in diese Spiele gehen.“

Rund ums Spiel

Rund 400 Kilometer sind es nach Hagen. Oppenweiler/Backnang reist am Spieltag selbst an, hat damit bei den Spielen in Krefeld und Vinnhorst schon ganz gute Erfahrungen gemacht. Trotz der räumlichen Distanz gibt es einen Akteur, der bereits für den Rivalen spielte: HCOB-Keeper Jürgen Müller trug in der Zweitliga-Saison 2015/2016 das Trikot der Westfalen. Er wird in der Krollmann-Arena sicher noch den einen oder anderen Bekannten aus dieser Zeit treffen.

Für die Finalrunde gibt es eine Neuerung: Zusätzlich zu den neutralen Helfern am Kampfgericht – Sekretär und Zeitnehmer – wird ein Technischer Delegierter eingeteilt. Er schaut am Spielfeldrand nach dem Rechten und unterstützt die Schiedsrichter. Verfolgt man die Bundesliga-Übertragungen im Fernsehen, dann sieht man: Eine wichtige Aufgabe der Delegierten besteht darin, aufgeregte Coaches zu beruhigen. Ob das am Wochenende nötig sein wird? Bei den Schiedsrichtern setzt der DHB jedenfalls auf Erfahrung: Mit Thomas Hörath (Zirndorf) und Timo Hofmann (Bamberg) wurde ein anerkannt gutes Gespann aus dem Eliteanschlusskader angesetzt.

Jan Hummel spielte von 1990 bis 1992 für den TV Oppenweiler in der Regionalliga, absolvierte dabei 38 Einsätze. Auf seinen späteren Stationen trug der Torhüter den Dress des VfL Eintracht Hagen (1997/1998) und des HC Empor Rostock (1994/1995). Damit war er für drei der vier Teilnehmer an der Finalrunde im Einsatz. Das muss ihm erst mal einer nachmachen.

Auf Sportdeutschland.TV wird die Partie aus Hagen live übertragen. Wer zusehen möchte, braucht ein Tagesticket für 4,50 Euro.

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Erstellt:
4. Juni 2021, 11:30 Uhr

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