Monumentale Klangfülle und brillante Solos

Die Aufführung der Messe in D-Dur von Antonín Dvořák durch Kantorei und Kammerchor im Rahmen des musikalischen Abendgebets O-Ton in der Murrhardter Stadtkirche ist ein faszinierendes Hörerlebnis.

Sängerinnen und Sänger haben unter der Leitung von Kantor Gottfried Mayer die ganze Vielschichtigkeit der Messe in D-Dur von Antonín Dvořák vermittelt und zu einem Erlebnis gemacht. Foto: Elisabeth Klaper

Sängerinnen und Sänger haben unter der Leitung von Kantor Gottfried Mayer die ganze Vielschichtigkeit der Messe in D-Dur von Antonín Dvořák vermittelt und zu einem Erlebnis gemacht. Foto: Elisabeth Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Ein kirchenmusikalischer Höhepunkt ist die Aufführung der Messe in D-Dur von Antonín Dvořák durch die vereinigten Sängerinnen und Sänger der Kantorei und des Kammerchors beim jüngsten musikalischen Abendgebet O-Ton in der nahezu voll besetzten Stadtkirche. Der tschechische Komponist schuf die spätromantische Messevertonung für Solisten, kleinen und großen Chor sowie Orgel im Frühjahr 1887. Anlass war die Einweihung einer Kapelle, Auftraggeber der Architekt Josef Hlávka, Gründer der Tschechischen Akademie der Wissenschaften und Künste. Das feierlich strahlende, atmosphärische und lyrisch tiefgründige Chorklangkunstwerk hat der Komponist als sein persönliches Zeugnis von Glaube, Hoffnung und Liebe bezeichnet. Es fasziniert durch seine enorm reich ausgearbeitete, harmonisch vielschichtige, ineinander verflochtene Stimmführung und abgestufte Dynamik von ganz leise durch die Kirche schwebenden Tönen bis zum prachtvollen Gesamtklang in voller Lautstärke. Dvořák vereint darin Elemente der alten Kirchenmusik aus verschiedenen Epochen mit originellen, teilweise volksliedartigen Melodien und charakteristischen Stilmerkmalen der Spätromantik wie breit gefächerten Melodie- und Harmoniebögen. Ein zentrales Gestaltungselement ist der Wechsel zwischen Solostimmen, kleinen Stimm- und Gesangsgruppen sowie allen Mitwirkenden. Hinzu kommen unterschiedliche Rhythmen und Tempi, Emotionen und Ausdrucksformen.

Unter der Leitung von Kantor Gottfried Mayer bilden alle Mitwirkenden einen homogenen Klangkörper. Dank intensiver Probenarbeit und mit vollem Einsatz gelingt es ihnen, die unterschiedlich gestalteten Teile der Messe charakterlich stimmig und in voller Schönheit zur Entfaltung zu bringen. Andächtig wie ein gesungenes Gebet erklingt das vielstimmig und harmonisch spannungsreich ausgearbeitete Kyrie (Herr, erbarme dich) in wiegendem Sechsvierteltakt. Das Gloria (Ehre sei Gott in der Höhe) als Ruf der Vorfreude und Hoffnung auf Frieden bestimmen aufstrebende, ineinander verschachtelte Brechungen von Dreiklängen. In der majestätischen Lobpreispassage steigert sich die Chormusik mit bewegten musikalischen Huldigungsgesten zu voller Lautstärke.

Dem kurzen Sanctus (heilig ist Gott der Herr) mit beschwingter Rhythmik folgt das ausgedehnte Benedictus (gesegnet oder gelobet sei, der da kommt, Hosianna). Nach einer langen Orgeleinleitung gestaltet der Chor einen dichten und vielstimmigen hymnischen Satz, in dem der Text in monumentaler Klangfülle intensiv beleuchtet und vermittelt wird. Mit innigen, bezaubernd lyrischen Solopartien in Form einer Fuge beginnt das ernste Agnus Dei (Lamm Gottes), gestaltet von vier jungen Chormitgliedern als Solisten. Rabea Vockeroth (Sopran), Elisabeth Jetter (Alt), Peter Schäfer (Tenor) und Moritz Feuerstein (Bass) beeindrucken mit hinreißend schönen Stimmen. Brillant intonieren sie die Solopartien und Interaktionen. Dann rufen die Stimmgruppen des Chors mit einem expressiv-dramatisch wirkenden Motiv die Worte „Miserere nobis – erbarme dich unser“, worauf die Bitte „Dona nobis pacem – gib uns Frieden“ in fantasievollen Harmonien folgt, bevor der Chorgesang leise verklingt.

Zum Auftakt trägt Organist Emil Feuerstein den stilistisch und klangsprachlich ideal zur Messe passenden Monolog C-Dur op. 162 von Joseph Rheinberger mit spätromantischem Reichtum der Motive, melodischen und harmonischen Figurationen vor. Zudem gestaltet Feuerstein stimmungsvoll die Orgelpartien der Messe mit feinsinniger Registrierung im vielfältigen spätromantischen Klangfarbenspektrum.

Die Messe sei zwar katholisch, aber: „Martin Luther hat sie nie abgeschafft“, stellt Pfarrer Hans Joachim Stein klar, der die Aufführung mit kurzen Impulsen und Erläuterungen anhand von Bibeltexten zu den Teilen der Messe begleitet. In laut Luther „gereinigter, gottesfürchtiger“ Form blieb die Messe als Basis zur Gestaltung des protestantischen Sonntagsgottesdiensts erhalten. Allerdings nicht in Württemberg, wo seit der Reformation eine Sonderregel gilt und der oberdeutsche Predigtgottesdienst gefeiert wird, verdeutlicht Stein. Zum Abschluss singen die Chöre und Zuhörer gemeinsam „Dona nobis pacem“ der Iona-Community, einer ökumenischen Gemeinschaft auf der schottischen Insel Iona. Mit tosendem Beifall dankt das Publikum den Mitwirkenden für das grandiose Hörerlebnis.

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Erstellt:
15. März 2023, 06:00 Uhr

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