„Compass Mitte“
Neue Gruppe in der CDU um Kiesewetter fordert „Kurskorrektur“ von Merz
In der CDU hat sich eine neue Gruppe gegründet, die auf Distanz zu Parteichef Friedrich Merz geht. Unter den Mitgliedern ist auch ein Bundestagsabgeordneter aus Baden-Württemberg.
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Roderich Kiesewetter distanziert sich von Parteichef Friedrich Merz.
Von red/AFP
Nach den Debatten über die Abgrenzung zur AfD und über das „Stadtbild“ hat sich in der CDU eine neue Gruppe gegründet, die auf Distanz zum Parteivorsitzenden Friedrich Merz geht. In der am Mittwoch veröffentlichten Gründungserklärung der Plattform „Compass Mitte“ fordern die Unterzeichner eine „Kurskorrektur“. Sie bemängeln, dass sich unter Merz‘ Vorsitz das Spektrum der Partei verengt habe und der soziale und liberale Flügel zu wenig zur Geltung komme.
Zu den Unterzeichnern der Gründungserklärung zählt der frühere CDU-Generalsekretär Ruprecht Polenz. „Es gibt in der Partei zunehmende Nervosität, weil es mit unseren Zustimmungswerten nicht aufwärts geht“, sagte Polenz der „Zeit“, die zuerst über den Aufruf berichtet hatte. Deswegen müsse stärker über den Kurs der Partei debattiert werden, und dazu wolle die Plattform innerhalb der CDU einen Beitrag leisten, sagte Polenz. „Die CDU droht ihren Wertekompass zu verlieren, wenn sie sich nur noch als rein konservative Partei versteht.“
Roderich Kiesewetter unter den Unterzeichnern
Hinter der Initiative „Compass Mitte“ stehen Vertreter liberaler und sozialer Parteiströmungen. Auf der Liste der gut 30 Erstunterzeichner fänden sich vor allem Kommunalpolitiker und Vertreter des Arbeitnehmerflügels der CDU wie dessen Vizechefin Monica Wüllner, die auch dem CDU-Bundesvorstand angehört. Weiterer Unterzeichner ist der direkt gewählte Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Aalen-Heidenheim, Roderich Kiesewetter.
Die Gruppe stellt sich in einer am Mittwoch freigeschalteten Seite im Internet unter www.compassmitte.net der Öffentlichkeit vor. Ex-Generalsekretär Polenz rief CDU-Mitglieder im Kurzbotschaftendienst X dazu auf, den Appell zu unterschreiben und die Gruppe zu unterstützen. „Compass Mitte“ sei eine „Plattform für eine CDU, der das C Orientierung gibt, die ihren liberalen und sozialen Teil wieder sichtbar macht, für Empathie und Inklusion steht und keinerlei politische Zusammenarbeit zwischen CDU und AfD duldet“, schrieb Polenz.
Die Bundes-CDU wollte zu der Initiative nicht Stellung nehmen. „Wir äußern uns dazu nicht“, sagte eine Parteisprecherin zu AFP.
Sinkende Zustimmung – „Es bedarf einer Kurskorrektur“
In dem Aufruf wird bemängelt, dass die Partei unter Merz’ Vorsitz ihre politische Bandbreite eingebüßt habe – und deshalb an Zustimmung verliere. „Die 28,6 Prozent bei der letzten Bundestagswahl dürfen uns nicht zufriedenstellen“, heißt es in dem Aufruf. „Es bedarf einer Kurskorrektur, damit die CDU mit 40 Prozent wieder die Ergebnisse einer Volkspartei erreicht. Deshalb muss der soziale und liberale Teil der Union sichtbarer werden, um mehr Menschen anzusprechen.“
Die Unterzeichner fordern dabei eine ganz klare Abgrenzung zur AfD. „Die CDU ist in dem Wissen gegründet worden, dass Faschismus immer nur mit Hilfe von Konservativen an die Macht gekommen ist“, heißt es. „Es darf deshalb keinerlei politische Zusammenarbeit der CDU mit der rechtsextremistischen AfD geben.“ Der Unvereinbarkeitsbeschluss müsse „für alle politischen Ebenen“ gelten, und: „Die CDU darf deshalb auch keine Anträge stellen, die nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit bekommen können.“
„Compass Mitte“ für Verbotsfahren gegen die AfD
Damit grenzen sich die Unterzeichner auch von einem Manöver der Unionsfraktion im Bundestag vom Januar ab: Unter dem damaligen Fraktionschef Merz hatten CDU/CSU einen Antrag zur Begrenzung der Migration eingebracht, der nur mit Stimmen der AfD eine Mehrheit erhielt. Gegen Merz war damals der Vorwurf des Tabubruchs erhoben worden.
Der Aufruf von „Compass Mitte“ spricht sich zudem für ein Verbotsverfahren gegen die AfD aus: „Wir setzen uns dafür ein, dass Bundesregierung, Bundestag oder Bundesrat einen Antrag auf Prüfung der Verfassungswidrigkeit und gegebenenfalls Verbot der AfD durch das Bundesverfassungsgericht stellen.“
