Neustart im Oetingerhaus

Nachdem die Mädchen und Jungen in den Neubau des evangelischen Klosterhofkindergartens umgezogen sind, hat die Stadt Murrhardt das Gebäude übernommen. Jetzt sind auch die ersten Kinder da, die ihre neue Kita erkunden.

Inspektion des Außengeländes, das zur Kita Oetingerhaus gehört, mit Bürgermeister Armin Mößner (links), Kindergartenleiterin Désirée Strecker (rechts) und den ersten Neuankömmlingen, die zur Eingewöhnung mit ihren Müttern gekommen sind. Foto: J. Fiedler

© Jörg Fiedler

Inspektion des Außengeländes, das zur Kita Oetingerhaus gehört, mit Bürgermeister Armin Mößner (links), Kindergartenleiterin Désirée Strecker (rechts) und den ersten Neuankömmlingen, die zur Eingewöhnung mit ihren Müttern gekommen sind. Foto: J. Fiedler

Von Christine Schick

MURRHARDT. Ein Junge flitzt über den Gang und Andrea Mulansky, die für die Gesamtleitung und Beratung der städtischen Kindergärten verantwortlich zeichnet, bespricht gerade ein paar Dinge mit Désirée Strecker, die nun die Kita Oetingerhaus leitet. Auch Bürgermeister Armin Mößner stößt dazu. Nach den Renovierungsarbeiten – im Wesentlichen hat das Haus einen neuen Boden und Anstrich, neue Türen sowie eine Ausstattung für die ganz kleinen Kinder im Sanitärbereich bekommen – hat die Kita Oetingerhaus seit Montag ihren Betrieb aufgenommen. Zum einen können die Kindergärten nun vor dem Hintergrund der sinkenden Inzidenzzahlen wieder öffnen, zum anderen ist auch das Haus in der Kaiser-Ludwig-Straße startklar.

Für die Stadt Murrhardt war die Möglichkeit, den Kindergarten von der evangelischen Kirchengemeinde zu übernehmen, ein Glücksfall, der genau zum richtigen Zeitpunkt kam, macht Bürgermeister Mößner klar. Der Bedarf an Kindergartenplätzen in der Walterichstadt ist deutlich angestiegen. Waren es lange Zeit rund 100 Kinder pro Jahr, mit denen die Stadtverwaltung zu rechnen hatte, sind es seit zwei oder drei Jahren ungefähr 120 Mädchen und Jungen. „Man merkt die Zuzüge nach Murrhardt aus Stuttgart und der Umgebung wie beispielsweise Esslingen“, sagt Andrea Mulansky. Zwar sind die meisten Bauplätze mittlerweile vergeben, aber Mößner muss auch mit dem kommenden Baugebiet in Siegelsberg-Ost sowie dem Projekt der Kreisbau in der Murrhardter Weststadt rechnen.

Das Oetingerhaus bietet zehn Krippenplätze und 22 Plätze für Kinder ab zwei Jahren.

Bisher hatte die Stadt mit Aufstockung innerhalb der bestehenden Einrichtungen reagiert: Das Elsas-Haus bekam eine dritte Gruppe und der Waldkindergarten eine halbe Gruppe zugeschlagen, im Kindergarten in Kirchenkirnberg wurde bei den Plätzen ebenso aufgestockt. Als klar war, dass auch das nicht reichen würde, nahm die Verwaltung Gespräche mit der Kirchengemeinde auf. Denn die Übernahme einer Einrichtung ist finanziell leichter zu stemmen als ein An- oder Neubau. Die Stadt hat das Gebäude für 432000 Euro erworben und rund 55000 Euro in die Renovierung gesteckt. In der Kita Oetingerhaus stehen nun zehn Krippenplätze für Knirpse ab einem Jahr sowie 22 Plätze für Kinder ab zwei Jahren zur Verfügung. Damit will die Stadt auch auf den gestiegenen Bedarf bei Eltern in der Kernstadt reagieren. Bisher sind Krippenkinder neben der Awo-Kita Murrtalzwerge und der Waldorfkinderstube in der städtischen Kurt-Hein-Kita in Murrhardt-Alm untergekommen, sie bietet exakt dieselbe Platzzahl und -struktur wie das Oetingerhaus. Allerdings haben eben auch vorwiegend Eltern aus der Kernstadt diese genutzt, wodurch wiederum die Platzzahl für Mütter und Väter aus Alm geringer wurde, erklären Andrea Mulansky und Armin Mößner. Die Krippen- und Regelgruppe im Oetingerhaus soll nun dazu beitragen, Eltern jeweils möglichst wohnortnah eine Betreuung anbieten zu können. Bei den Öffnungszeiten gibt es für die Mütter und Väter vier Betreuungszeiten, zwischen denen sie sich entscheiden können. Sie umfassen sechs, sieben, acht oder zehn Stunden, was bedeutet, dass die Kindertagesstätte von 7 bis 17 Uhr geöffnet hat.

Ob man nun von der Planung her auf der sicheren Seite ist, wagen Bürgermeister Armin Mößner und Andrea Mulansky nicht zu prophezeien. Die Zahlen könnten sich sehr schnell ändern, teils innerhalb von wenigen Tagen. Insofern ist Mößner froh, dass man vor einigen Jahren beim sinkenden Bedarf an Kindergartenplätzen nicht zu drastisch reagiert und Einrichtungen geschlossen habe, die man nun wieder benötige.

Die insgesamt sechs Kinder, die in ihren neuen Kindergartenalltag starten, haben jedenfalls zunächst noch gut Platz zum Toben. Für sie hat die Eingewöhnungsphase begonnen, bei der Mutter oder Vater anfangs auch mit dabei sind. Dazu gehört vor dem Hintergrund von Corona auch ein entsprechendes Hygienekonzept. Auf freiwilliger Basis bietet die Stadt den Eltern zudem Lollitests für zu Hause an, ebenso haben die Erzieherinnen die Möglichkeit, sich in der Kita zweimal die Woche zu testen. Zurzeit sind es dreieinhalb Stellen, die für die Betreuung im Oetingerhaus besetzt sind. Im September kommt eine Anerkennungspraktikantin hinzu, für einen Vollbetrieb müssen noch zwei weitere Fachkräfte gefunden werden.

Andrea Mulansky und Désirée Strecker erläutern, dass die Kita nach einer offenen Konzeption arbeitet. Das heißt, dass die Kinder zwar ihre Gruppen und zentralen Bereiche haben, aber eben auch wechseln und sich umschauen können. Für die Krippenkinder ist berücksichtigt, dass Möbel und Einrichtung auf die Größe abgestimmt sind. „Die Kleinen bleiben erfahrungsgemäß in ihrem Nest, in ihrem Bereich, aber etwa ab zweieinhalb Jahren trauen sie sich mehr und fangen an, ihre Fühler auszustrecken“, sagt Désirée Strecker. Andrea Mulansky nickt und ergänzt: „Das ist auch gut so, die Kinder lernen ja auch gegenseitig voneinander.“ In der Kita Oetingerhaus gibt es zudem die thematische Ausrichtung Musik, Bewegung und Sprache. Die Musikschule Schwäbischer Wald/Limpurger Land ist Kooperationspartner, dessen Team einmal die Woche für ein musikpädagogisches Angebot rund um singen, Bewegung und spielen vor Ort sorgt. Mit dem fortschreitenden Mai besteht die Aussicht, dass die Kinder außerdem mehr draußen spielen können, für Sommer oder Herbst hoffen Stadt und Erzieherinnen auf ein Treffen, bei dem der Start der Kita noch mal gewürdigt, sprich ein wenig nachgefeiert werden kann.

Erinnerung an den Prälaten und Theologen Oetinger

Im Kindergarten beziehungsweise in der Kindertagesstätte Oetingerhaus sind vier Zeitspannen vorgesehen: bei einer Betreuung über sechs Stunden die Zeit von 7 bis 13 Uhr und bei sieben Stunden 7 bis 14 Uhr (verlängerte Öffnungszeiten), bei acht Stunden von 7 bis 15 Uhr und bei zehn Stunden von 7 bis 17 Uhr (Ganztagsbetreuung).

Zur Geschichte des Oetingerhauses: Da die Einwohnerzahl in Murrhardt in den 1960er-Jahren deutlich anstieg, wurde die Weststadt zunehmend besiedelt. Dem wollte die evangelische Kirchengemeinde Rechnung tragen. So wurde 1965 die dritte Pfarrstelle eingerichtet und im Zuge dessen ein Jahr später das Gebäude gekauft, in dem zuvor ein Betrieb beheimatet und das danach als Pfarrhaus und für die Gemeindearbeit bestimmt war. Der erste Stelleninhaber Karl Otto Seng hatte die Idee, die Pfarrämter nicht nur zu nummerieren, sondern über die Namensgebung auch eine Identifikationsmöglichkeit zu schaffen. So entstanden die Bezeichnungen Klosterhof, Riesberg und Oetingerhaus. In den neuen Räumen des Oetingerhauses wurde ein Kindergarten eingerichtet, zudem fand viel Jugendarbeit statt. Bis zum Januar dieses Jahres hatten dort zwei Kindergartengruppen der Gemeinde ihren Platz, bis sie in den Neubau des Klosterhofkindergartens umzogen.

Der Name der Kita erinnert an den Theologen Friedrich Christoph Oetinger (1702 bis 1782), der als führender Vertreter des württembergischen Pietismus gilt. 1765 kam Oetinger als Prälat nach Murrhardt. Er widmete sich dort zunächst dem Wiederaufbau nach dem großen Stadtbrand. Einige seiner Schriften und Predigten sind in der Walterichstadt entstanden. Die Inschrift auf seinem Epitaph (Erinnerungstafel in der Murrhardter Stadtkirche) besagt unter anderem: „der in seinen Schriften lebt“. Es sind zahlreiche „Murrhardter Evangelienpredigten“ überliefert, wie die Kirchengemeinde auf ihrer Homepage anmerkt.

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Erstellt:
20. Mai 2021, 06:00 Uhr

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