Christina Baum im Landesverband
Radikale AfD-Frau immer noch Mitglied – und der Chef weiß von nichts
Weil sie im Südwesten abgesägt wurde, ließ sich Christina Baum in Sachsen-Anhalt in den Bundestag wählen. Doch AfD-Mitglied ist sie noch hier. „Das ist ja Verarsche“, sagt Frohnmaier.

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Christina Baum sollte nicht mehr über die Landesliste in den Bundestag einziehen. Dass die 69-Jährige aber immer noch im Südwesten präsent ist, überrascht den AfD-Landesvorsitzenden Markus Frohnmaier.
Von Florian Dürr
Markus Frohnmaier, der AfD-Vorsitzende in Baden-Württemberg, klingt am Telefon spürbar „irritiert“, als er davon erfährt, wer sich da nach wie vor in seinem Landesverband tummelt, davon wusste selbst er als Chef nichts: Christina Baum, die AfD-Bundestagsabgeordnete, die die Mitglieder des hiesigen AfD-Landesverbands nicht mehr auf die Landesliste gesetzt hatten – und die sich deshalb für die Bundestagswahl Ende Februar einen neuen Wahlkreis in einem anderen Bundesland suchen musste.
Die 69-Jährige gilt als Höcke-Vertraute und Weidel-Gegnerin – anders als Frohnmaier, der die Linie von Parteichefin Alice Weidel vertritt. Über Baum sagt der Landesvorsitzende gegenüber unserer Zeitung: „Manche ihrer Ansichten zum Volksbegriff kann ich so nicht teilen.“
Frohnmaier: „Ich finde das irritierend, das ist ja Mitgliederverarsche“
Und offenbar waren die Differenzen zwischen der Politikerin und den anderen Mitgliedern des Landesverbands so groß, dass Baum sich woanders nach Berlin wählen lassen musste: In Sachsen-Anhalt hat es die gelernte Zahnärztin dann über ein Direktmandat geschafft. Doch Mitglied ist sie nach wie vor im von Frohnmaier geführten Landesverband. „Mein Hauptwohnsitz befindet sich in Baden-Württemberg. Danach richtet sich die Zugehörigkeit“, teilt die Politikerin unserer Zeitung mit. Auch als stellvertretende Vorsitzende des Kreisverbands Main-Tauber vertritt Baum im nördlichsten Landkreis von Baden-Württemberg weiterhin die Rechtsaußen-Partei.
„Ich finde das irritierend, das ist ja Mitgliederverarsche“, sagt Frohnmaier. Er sei davon ausgegangen, dass Bundestagsabgeordnete auch ihren Hauptwohnsitz in jenem Wahlkreis haben, in dem sie das Direktmandat holten. Das sorge auch für Glaubwürdigkeit bei den Wählerinnen und Wählern, sagt Frohnmaier, nur so könne sich die direkt gewählte Abgeordnete in Berlin für die Interessen ihres Wahlkreises einsetzen. In Baums Fall wäre das der Bundestagswahlkreis Harz.
Nur Höcke und Krah tauchen häufiger im Verfassungsschutzgutachten auf
Die Politikerin zählt zu den radikalen Kräften der Partei, war eine Vertreterin des mittlerweile offiziell aufgelösten rechtsnationalen „Flügels“. Auch der Verfassungsschutz hat sie im Blick: Kaum ein AfD-Mitglied taucht häufiger im Gutachten zu einer möglichen Einstufung der Partei als „gesichert rechtsextrem“ auf als Christina Baum – nur Björn Höcke und Maximilian Krah zitiert der Inlandsgeheimdienst in dem Dokument noch öfter.
Wer sich durch die mehr als 1000 Seiten wühlt, wird im Kapitel „Menschenwürde“ immer wieder mit fremdenfeindlichen Äußerungen der Politikerin konfrontiert: Die 69-Jährige spricht von einem „Genozid am deutschen Volk“, der „planmäßigen Ersetzung der deutschen Bevölkerung durch Migranten“ oder warnt davor, dass „unsere Enkel, spätestens unsere Urenkel, eines Tages Kopftuch tragen werden“. Baum wünscht sich zudem einen ethnisch-homogen verstandenen Volksbegriff, der laut Verfassungsschutz mit der Menschenwürdegarantie des Artikel 1 GG nicht vereinbar ist. Und offenbar auch nicht mit der Haltung ihres Landesvorsitzenden in Baden-Württemberg.