Asteroid anders als gedacht
Raumsonde „Hayabusa 2“ elf Jahre lang umsonst unterwegs?
Seit 5 Jahren bereits ist die Raumsonde „Hayabusa 2“ zum Asteroiden „1998 KY26“ unterwegs. Doch der Erkundungsplan geht wohl nicht auf.

© ESO/M. Kornmesser. Asteroid: T. Santana-Ros et al. Hayabusa2 model: SuperTKG/dpa
Illustration der Raumsonde „Hayabusa 2“ auf „1998 KY26“: Der Asteroid ist „in Wirklichkeit völlig anders als bisher beschrieben“.
Von Markus Brauer(Annett Stein (dpa)
Noch sechs Jahre dauert es, bis die japanische Raumsonde „Hayabusa 2“ am Zielobjekt „1998 KY26“ ankommen wird. Jetzt zeigen neue Messdaten plötzlich, dass der Asteroid nicht nur viel kleiner ist als gedacht, sondern sich auch viel schneller dreht. Die Erkundung werde damit schwieriger, sagt der Astronom Olivier Hainaut von der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Garching bei München.
Es ist das erste Mal, dass eine Weltraummission einen derart winzigen Asteroiden ansteuert. Alle bisherigen Missionen besuchten der ESO zufolge Asteroiden mit Hunderten oder sogar Tausenden Metern Durchmesser.
Auf 800.000 Kilometer der Erde genähert
„1998 KY26“ hatte sich der Erde im Jahr 1998 auf nur zwei Mond-Distanzen (etwa 800.000 Kilometer) genähert. Aus den Beobachtungsdaten aus dieser Zeit war abgeleitet worden, dass er etwa 30 Meter Durchmesser hat und sich in etwa 10 Minuten einmal um sich selbst dreht.
„Wir haben festgestellt, dass das Objekt in Wirklichkeit völlig anders ist als bisher beschrieben“, erklärt Toni Santana-Ros von der Universität Alicante in Spanien, der die im Fachjournal „Nature Communications“ veröffentlichte Studie mit neuen Daten von Observatorien auf der ganzen Welt leitete.
Demnach ist der Asteroid nur 11 Meter breit und dreht sich doppelt so schnell wie angenommen. „Ein Tag auf diesem Asteroiden dauert nur fünf Minuten.“
Abgetrennter Teil eines Planeten?
Möglicherweise sei „1998 KY26“ ein abgetrennter Teil eines Planeten oder eines anderen Asteroiden oder aber ein lose zusammenhängender Geröllhaufen, heißt es weiter. „Wir haben noch nie einen zehn Meter großen Asteroiden vor Ort gesehen, daher wissen wir nicht wirklich, was uns erwartet und wie er aussehen wird“, konstatiert Santana-Ros.
„Es ist nicht möglich, vor dem ‚Hayabusa 2’-Rendezvous im Juli 2031 von erdgebundenen Teleskopen aus neue physikalische Charakterisierungsdaten für ‚1998 KY26’ zu sammeln“, heißt es in der Studie.
Mission verlängert bis 2026
Die Mission „Hayabusa 2“ der japanischen Weltraumagentur Jaxa war 2014 gestartet. Ursprüngliches Ziel war, den etwa 900 Meter messenden Asteroiden „Ryugu“ zu erforschen und Gesteinsfragmente zur Erde zu schicken.
Die Probenkapsel landete 2020 auf der Erde. Da noch Treibstoff vorhanden war, wurde die Raumsonde auf eine verlängerte Mission geschickt: Sie soll 2026 am Asteroiden Torifune vorbeifliegen und 2031 „1998 KY26“ erreichen.
Ähnlich groß wie Tunguska- und Tscheljabinsk-Brocken
Pläne wie der Abschuss eines Projektils auf die Oberfläche dieses Asteroiden müssten nun überdacht werden, heißt es in der Studie. Die schnelle Rotation könne zudem den Betrieb von Instrumenten erschweren.
Forscher erhoffen sich von der Analyse der Daten und Proben von Asteroiden Einsichten in frühe Prozesse des Sonnensystems und mögliche Ursprünge des Lebens.
Bei „1998 KY26“ ist zudem interessant, dass er eine ähnliche Größe wie die Tunguska- und Tscheljabinsk-Brocken hat, die 1908 über der sibirischen Taiga und 2013 über der russischen Stadt Tscheljabinsk explodierten. Die Forschenden erhoffen sich zudem Einblicke in die physikalischen Eigenschaften und das Verhalten sehr kleiner Asteroiden.