Rente für Akademiker

Rente mit 68 oder 69? DGB lässt Finanzminister Bayaz abblitzen

Der Grünen-Finanzminister Danyal Bayaz will Akademiker länger als bis 67 Jahre arbeiten lassen, bevor sie abschlagsfrei in Rente gehen dürfen. Der Gewerkschaftsbund hält dagegen.

Finanzminister Danyal Bayaz provoziert mit einer Idee zur Rente die Kritik der Gewerkschaften.

© dpa

Finanzminister Danyal Bayaz provoziert mit einer Idee zur Rente die Kritik der Gewerkschaften.

Von Matthias Schiermeyer

Sollen Akademiker erst mit 68 und 69 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen dürfen, wie Baden-Württembergs Finanzminister Danyal Bayaz fordert? Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält diese Idee für abwegig. Mit seiner Initiative für eine Anhebung des gesetzlichen Renteneintrittsalters suggeriere Bayaz, „dass mit knapp 70-jährigen Lehrerinnen, Ingenieuren oder Sozialpädagoginnen die Finanzierungsprobleme der deutschen Rentenversicherung zu lösen seien“, kritisiert der DGB-Landesvorsitzende Kai Burmeister. Mit „ungerechten Ideen zu Lasten Beschäftigter mit Hochschulabschluss“ versuche der Minister davon abzulenken, „dass er fortschrittliche Initiativen zur solidarischeren Finanzierung der Rentenversicherung nicht unterstützt“.

Berufliche Belastungen von Hochschulabsolventen geringer?

Der Grünen-Politiker hatte angeregt, dass Bachelor-Absolventen erst mit 68 Jahren Anspruch auf die gesetzliche Rente haben sollen – und Inhaber des Master-Abschlusses mit 69 Jahren. Bayaz begründet seinen Vorschlag auch mit dem späteren Berufseintritt von Menschen, die zuvor studiert haben, und unterstellt, die beruflichen Belastungen von Hochschulabsolventen seien geringer als von dual Ausgebildeten. Schon seit ca. zwei Jahren setzt sich der Grüne dafür ein, das Renteneintrittsalter generell über 67 Jahre hinaus zu hieven – nun setzt er eine provokante Idee drauf.

„Bereits derzeit klaffen das gesetzliche Renteneintrittsalter und das tatsächliche Renteneintrittsalter von 64 Jahren stark auseinander“, argumentiert Burmeister. „In Wirklichkeit korrespondieren physische und psychische Belastungen im Berufsalltag, sodass die Indikation Psychosomatik/Psychotherapie inzwischen die Hitliste beim Eintritt in eine Erwerbsminderungsrente in Baden-Württemberg anführt.“ Allen gewerkschaftlichen Forderungen zum Trotz seien die Arbeitsumgebungen weder gesundheitsförderlicher noch inklusiver geworden. „Gerade in Büroumgebungen dominieren Stressfaktoren“, versichert der DGB-Landeschef.

Zudem seien Akademiker bei der Sammlung von Rentenpunkten bereits mit Benachteiligungen konfrontiert, wenn ihnen Versicherungszeiten zwischen dem 16. und 30. Lebensjahr fehlen oder im Zuge soloselbstständiger Projektarbeit keine Rentenansprüche erworben werden konnten. „Eine Erhöhung des gesetzlichen Renteneintrittsalters würde gegenüber den Betroffenen wirken wie eine Rentenkürzung durch die Hintertür“. Die einen würden gesundheitlich nicht bis knapp 70 Jahren im Job durchhalten und dann mit hohen Rentenabschlägen vorher aus dem Berufsleben ausscheiden müssen – die anderen würden länger arbeiten müssen und damit ihre Rente bis zum Tode weniger Jahre in Anspruch nehmen können, gleichzeitig aber weiterhin Beiträge entrichten.

SPD: Finanzminister verkennt Lebensrealität vieler Menschen

Ein höheres Rentenniveau von deutlich über 50 Prozent und der Verzicht auf die Erhöhung des Renteneintrittsalters könnten auch über höhere Bundeszuschüsse an die Rentenversicherung geschultert werden, betont der DGB. Dazu sei aber eine Steuerpolitik der neuen Bundesregierung erforderlich, die Reiche und Vermögende an der Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme stärker beteilige.

Auch die oppositionelle SPD meint, der Finanzminister „verkennt die Lebensrealität vieler Menschen“, wie ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Boris Weirauch sagt. Die Landesregierung sollte sich besser „darum kümmern, die Beitragsgrundlage der Rentenversicherung zu stärken“. Die Rentenkassen würden insbesondere durch den Zuwachs gut bezahlter, tarifgebundener Arbeitsplätze stabilisiert. Dazu könne das Land mit gezielten Investitionen in Infrastruktur und Innovation beitragen.

Zum Artikel

Erstellt:
18. Juni 2025, 18:16 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen