Fischereiverein klärt auf

Reutlinger Angel-Experten zeigen sich von Wels-Tötung erstaunt

Ein zwei Meter langer Wels verletzt Badegäste in Bayern – und die Polizei greift zur Waffe. Fachleute zeigen sich erstaunt. War die Angst am Ende größer als das Tier?

Der von der Polizei erschossene Wels sorgte bundesweit für Aufsehen. (Symbolfoto)

© imago/blickwinkel

Der von der Polizei erschossene Wels sorgte bundesweit für Aufsehen. (Symbolfoto)

Von Celina Drews

Nach dem aufsehenerregenden Vorfall am Brombachsee in Bayern, bei dem ein rund zwei Meter großer Wels mehrere Badegäste verletzt haben soll und schließlich von der Polizei erschossen wurde, reagiert das Netz mit Empörung und Spott. Auch unter Fachleuten sorgt das Ereignis für Stirnrunzeln.

Beim Fischereiverein Reutlingen zeigt man sich erstaunt über die Geschehnisse vom vergangenen Wochenende. „Dass ein Fisch erschossen wird, hört man ja nun nicht alle Tage“, so Christian Becker, der erste Vorsitzende des Vereins. Dass ein Wels Menschen attackiert, sei zudem extrem ungewöhnlich, betont der Experte. „Im Normalfall kommen sich Mensch und Wels nicht in die Quere.“

Laichzeit als möglicher Auslöser

Zwar wirke ein Fisch dieser Größe durchaus beeindruckend, wirklich gefährlich sei er für Menschen jedoch in der Regel nicht. „Ein Wels hat keine Zähne wie ein Hai, sondern sogenannte Bürstenzähne – vergleichbar mit rauem Schmirgelpapier“, erklärt der Angler. Wenn ein solcher Fisch zupackt, könne es zu Abschürfungen kommen – mehr aber auch nicht.

Dennoch ist es nicht völlig ausgeschlossen, dass ein Wels auch mal aggressiv auftritt – insbesondere zur aktuellen Jahreszeit. „Mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit hängt das Verhalten des Fisches mit der Laichzeit zusammen“, erklärt Becker. Während dieser Phase bewachen die Tiere ihr Gelege und können territorial reagieren. Ansonsten würden Welse den Kontakt zum Menschen eher meiden und sich in ruhige Gewässerbereiche zurückziehen.

Naturschutz, Anglerethik und viel „wenn und aber“

Die Entscheidung, das Tier zu erschießen, wirft auch aus Sicht des Naturschutzes und der Anglerethik Fragen auf. „Im Nachhinein gibt es immer viele Optionen mit ‚wenn und aber‘“, sagt Becker. Eine Umsiedlung etwa sei oft gar nicht so einfach wie gedacht. „Da gibt es viele Faktoren, die beachtet werden müssen – von der Fangmöglichkeit bis zu passenden Ersatzhabitaten.“

Auch eine Teilsperrung des Gewässers oder der Badeinsel hätte theoretisch in Betracht gezogen werden können. Dies hätte jedoch wiederum einen Eingriff in das Gemeingebrauchsrecht dargestellt und unter Umständen ebenfalls Kritik ausgelöst.

„Es braucht Verständnis und Wissen auf beiden Seiten“

Becker plädiert deshalb für mehr Aufklärung und Sensibilisierung: „Wenn der Mensch in die Habitate der Tiere eindringt, kann es zu solchen Situationen kommen. Da braucht es Verständnis und Wissen auf beiden Seiten.“

Der Fall aus Bayern ist ein Beispiel dafür, wie komplex das Zusammenleben von Mensch und Natur manchmal ist – und wie wichtig es ist, mit Augenmaß zu reagieren.

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Erstellt:
26. Juni 2025, 11:52 Uhr

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