Bundesverfassungsgericht

Richterwahl heute – Kandidaten, Wahlgänge, Uhrzeit

Der Bundestag soll heute drei neue Verfassungsrichter wählen. Wie ist der Modus, und wann liegt das Ergebnis vor?

Richterkandidatin Dr. Sigrid Emmenegger (SPD).

© Justizministerium RLP/dpa

Richterkandidatin Dr. Sigrid Emmenegger (SPD).

Von Michael Maier

Einmal mehr herrscht Hochspannung im Deutsche Bundestag: Heute, Donnerstag 25. September 2025, steht eine wichtige Entscheidung an, denn die Abgeordneten stimmen über drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht ab.

Die geheime Wahl findet ohne Aussprache statt, ist ab 16.30 Uhr angesetzt und soll zwei Stunden dauern. Solange bleiben die Urnen geöffnet, bevor gegen 19 Uhr dann das Ergebnis der Auszählung erwartet wird.

Die Wahl zur Besetzung einer Richterstelle am Bundesverfassungsgericht erfolgt stets geheim. Zur Richterin oder zum Richter ist gewählt, wer eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen, mindestens aber die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages, also mindestens 316 Stimmen, auf sich vereinigt.

Brosius-Gersdorf-Pleite im Juli

Die umstrittene SPD-Kandidatin Prof. Dr. Frauke Brosius-Gersdorf war im Juli kurz vor der Abstimmung gescheitert. Da es offenbar keine Mehrheit für sie gab, wurde das Votum auf Antrag der Union kurzerhand von der Tagesordnung genommen. Damals waren getrennte Wahlgänge für die drei Kandidaten vorgesehen – jetzt nicht mehr. Statt einer Abstimmung zunächst über den CDU-Mann und dann über die SPD-Frauen wird diesmal en bloc gewählt.

Richterwahl mit Emmenegger, Kaufhold und Spinner

Der Wahlausschuss für die Richter des Bundesverfassungsgerichts hat folgende Kandidaten vorgeschlagen:

  • Prof. Dr. Günter Spinner soll Nachfolger für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Ersten Senat Dr. Josef Christ werden.
  • Prof. Dr. Ann-Katrin Kaufhold ist als Nachfolgerin für den Richter des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat Dr. Ulrich Maidowski vorgesehen.
  • Dr. Sigrid Emmenegger, Richterin am Bundesverwaltungsgericht, soll die Nachfolge der Richterin des Bundesverfassungsgerichts im Zweiten Senat, Prof. Dr. Doris König, antreten.

Laut Grundgesetz und Bundesverfassungsgerichtsgesetz werden die Mitglieder des Bundesverfassungsgerichts je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Die beiden Senate des Bundesverfassungsgerichts setzen sich jeweils aus acht Mitgliedern zusammen.

Zwölf Jahre Amtszeit im Bundesverfassungsgericht

Für das Amt als Richter am Bundesverfassungsgericht gelten strenge Voraussetzungen: Drei Richter jedes Senats müssen aus der Zahl der Richter an den obersten Gerichtshöfen des Bundes gewählt werden und dort mindestens drei Jahre tätig gewesen sein. Alle Richter müssen das 40. Lebensjahr vollendet haben. Ihre Amtszeit dauert einmalig zwölf Jahre, längstens jedoch bis zur Altersgrenze von 68 Jahren. Eine Wiederwahl ist ausgeschlossen.

Nach Ablauf der Amtszeit führen die Richter ihre Amtsgeschäfte bis zur Ernennung des Nachfolgers fort. Die Wahl ist ein wichtiger demokratischer Prozess zur Besetzung des höchsten deutschen Gerichts, das über die Treue zum Grundgesetz wacht.

Harbarth-Nachfolge: Wer wird Präsidentin?

Die Wahlchancen der drei Kandidaten stellen sich unterschiedlich dar. Dr. Sigrid Emmenegger gilt aufgrund ihrer Erfahrung am Bundesverwaltungsgericht als fachlich unumstritten. Ebenso wie Ann-Katrin Kaufhold kann sie wohl auf die Unterstützung von Grünen und Linken zählen.

Beide Frauen wurden von der SPD nominiert – eine von ihnen soll Vizepräsidentin des Bundesverfassungsgerichts werden. Die Nachfolge von Präsident Stephan Harbarth (CDU) steht im Jahr 2030 an. Dabei hat die Vizepräsidentin oder der Vizepräsident traditionell den Erstzugriff, es könnte aber auch davon abgewichen werden.

Anders als die gescheiterte Kandidatin Brosius-Gersdorf in ihrer belehrenden Art wohl meinte, gibt es auch keinen „moralischen Anspruch“ auf die Wahl zur Richterin. Es zählt allein das Gewissen der Abgeordneten und das freie Mandat.

AfD-Stimmen für Günter Spinner?

Der parteilose CDU-Kandidat Prof. Dr. Günter Spinner genießt ebenfalls breite Anerkennung in juristischen Fachkreisen, die Union hat jedoch keine offiziellen Gespräche mit der Linken zur Unterstützung von Spinner geführt.

Er könnte daher auf AfD-Stimmen angewiesen sein oder sogar scheitern, wenn nicht genug Linke für ihn sind. Wer wie abstimmt, ist bei einer geheimen Wahl naturgemäß nicht genau nachvollziehbar. Ein zweiter Wahlgang noch am gleichen Tag ist im Bundestag jedoch eher nicht zu erwarten. Die AfD hat die Union aufgefordert, die Kandidatin Kaufhold zu stoppen, da diese „zu ideologisch“ sei. Mit Spinner und Emmenegger habe man dagegen keine Probleme, hieß es.

Sollte die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag für einen oder mehrere Kandidaten nicht erreicht werden, bliebe noch der „Ausweg Bundesrat“.

Bundesrat kann Verfassungsrichter wählen

In diesem Fall wird zuerst das Bundesverfassungsgericht um einen neuen Vorschlag gebeten. Wenn die Richterstelle drei Monate später immer noch unbesetzt ist, kann der Bundesrat die Wahl übernehmen und entscheiden – eine neue Option im Gesetz, um jede Abhängigkeit von der AfD zu vermeiden.

Im Fall von Spinner hat das Verfahren diese Stufe erreicht, denn er wurde mangels Konsens im Bundestag bereits vom Verfassungsgericht vorgeschlagen, und über die Nachfolge von Josef Christ muss nun rasch entschieden werden. Bei einem Scheitern von Emmenegger oder Kaufhold bliebe zur Not etwas mehr Zeit. Eigentlich ist die Vereidigung der neuen Richter aber am 1. Oktober geplant.

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Erstellt:
25. September 2025, 10:56 Uhr
Aktualisiert:
25. September 2025, 17:09 Uhr

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