Hochansteckende Krankheit
RKI warnt vor Diphtherie-Ausbruch in Deutschland
Das Robert-Koch-Institut warnt vor einem möglichen bundesweiten Diphtherie-Ausbruch und ruft dazu auf, für die Erkrankung verstärkt sensibilisiert zu sein. Die Zahl an Fällen respiratorischer Diphtherie – also Infektionen im Bereich der Atemwege – sei erhöht.

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Die pharyngeale respiratorische Diphtherie - also die Rachendiphtherie - umfasst Infektionen mit Corynebacterium diphtheriae in den folgenden Bereichen der Atemwege: Schlund, Rachen, Mandeln, Kehlkopf und Nase.
Von Markus Brauer
Wissen Sie, wie lange Ihre letzte Impfung gegen Diphtherie her ist? Es lohnt sich, mal wieder durch den Impfpass zu blättern oder das Thema beim Hausarzt anzusprechen.
Was ist über die jüngsten Diphtherie-Fälle in Deutschland bekannt?
Nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) in Berlin weisen Analysen auf einen „deutschlandweiten Ausbruch von Diphtherie mit dem klassischen Erreger Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST574“ hin, wie es im aktuellen „Epidemiologischen Bulletin“ heißt.
Nach RKI-Angaben sind vor allem vulnerable - also gesundheitlich verletzliche - Bevölkerungsgruppen, darunter Flüchtlinge, Wohnungslose, Drogenabhängige, Ungeimpfte sowie ältere und vorerkrankte Personen, betroffen.
Der Sequenztyp ST574 wurde in Deutschland erstmals im Herbst 2022 bei Geflüchteten entdeckt. Eventuell seien auch Nachbarstaaten betroffen, heißt es weiter seitens des RKI.
1/1 Das @rki_de warnt nach aktuellen Genomsequenzanalysen vor einem »deutschlandweiten Ausbruch von Diphtherie mit Corynebacterium diphtheriae vom Sequenztyp ST574. Ggfls. könnten auch Nachbarländer betroffen sein: pic.twitter.com/SquMntDDaD — Pflegeherz (@Pflegeherz12) May 8, 2025
Bis zum 28. April 2025 wurden in Deutschland insgesamt 126 Fälle mit ST574 registriert: 55 Fälle im Jahr 2022, 49 im Jahr 2023, 18 im Jahr 2024 und bislang mindestens vier Fälle im Jahr 2025. Der Großteil der Fälle umfasst Flüchtlinge. Unter den aktuelleren Fällen zeigten sich aber zwei Subcluster mit überwiegend Einheimischen, erklärt das RKI.
Die Infektionsforscher weisen darauf hin, dass die Zahl der Diphtherie-Fälle steige: sowohl der Atemwege – pharyngeale respiratorische Diphtherie oder Rachendiphtherie – wie auch der Hautdiphtherie. Auffällig sei zudem der Anstieg schwerer und teils tödlicher respiratorischer Verläufe. Zudem finden die Infektionen zunehmend autochthon – also innerhalb Deutschlands – statt.
Was ist Diphtherie?
Die Diphtherie ist eine durch Bakterien verursachte lebensbedrohliche Infektionskrankheit. Hauptübertragungsweg ist die Tröpfcheninfektion, bei der die gefährlichen Bakterien über die Atemluft von Mensch zu Mensch übertragen werden. Zu Beginn der Erkrankung kommt es zur Rötung des Rachens und dem Anschwellen der Mandeln. Eindeutige Symptome sind festhaftende grau-weiße Beläge auf den Mandeln.
Welcher Diphtherie-Arten unterscheidet man?
Erkrankte Menschen können im Fall einer Hautdiphterie Wunden auf der Haut oder im Fall einer Rachendiphtherie einen entzündeten Nasen-Rachen-Raum mit Kehlkopf und Mandeln haben.
Symptome einer Rachendiphtherie umfassen laut RKI unter anderem Halsschmerzen, Fieber, pfeifende Geräusche beim Einatmen, Schwellungen der Halslymphknoten. Später kann eine Mandelentzündung auftreten.
Wie häufig ist Diphtherie in Deutschland?
In Deutschland tritt Diphtherie nur noch vereinzelt auf. Dass die Krankheit so selten auftritt, hat damit zu tun, dass der Großteil der Menschen dagegen geimpft ist. Doch mit der Zeit lässt der Impfschutz nach, daher sind Auffrischungen so wichtig. Lässt man sich impfen, bildet der Körper Antikörper gegen das Diphtherie-Toxin. Die Krankheit kann nicht ausbrechen.
Wie gefährlich war Diphtherie früher?
Einst war die Diphtherie als „Würgeengel der Kinder“ bekannt. Im Jahr 1892 erlagen der Infektion in Deutschland mehr als 50.000 meist junge Menschen. 1913 wurde die Impfung eingeführt, wodurch die Zahl der Infektionen deutlich sank. 20 Jahre lang galt die Krankheit in Deutschland als fast ausgerottet.
Was geschieht, wenn Diphtherie zu spät erkannt wird?
Wird die Diphtherie zu spät erkannt, kann es zu Organversagen bei Nieren, Leber oder Herz kommen. Auch eine Nervenlähmung mit Todesfolge ist typisch für den Verlauf der Infektion. Grund für diese schweren Auswirkungen ist ein Giftstoff (Toxin), der über das Blut in die Organe transportiert wird. Die Erkrankung kann tödlich enden.
Was gilt für Kinder?
Den Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (Stiko) zufolge sollte jeder eine Grundimmunisierung bekommen, die aus drei Impfungen besteht:
- Die erste Impfung erfolgt im Alter von zwei Monaten.
- Die zweite Impfung steht mit vier Monaten an.
- Die dritte Impfung wird mit elf Monaten verabreicht.
- Zwischen der zweiten und dritten Impfung sollten mindestens sechs Monate dazwischen liegen.
- Frühgeborene bekommen übrigens noch einen Piks mehr – und zwar, wenn sie drei Monate alt sind.
Welcher Impfstoff wird verwendet?
Bei der Grundimmunisierung wird ein Sechsfach-Impfstoff eingesetzt, der auch vor anderen Erkrankungen schützt. Genauer gesagt: vor Tetanus, Keuchhusten, Kinderlähmung, Hepatitis B und Hib.
Auch für Kinder sind Auffrischungen schon ein Thema. Die erste ist der Stiko-Empfehlung zufolge im Alter von fünf bis sechs Jahren sinnvoll, eine zweite im Alter von neun bis 16 Jahren.
Was gilt für Erwachsene?
- Bei Erwachsenen wird der Piks in der Regel alle zehn Jahre als Kombinationsimpfung verabreicht, die auch den Tetanus-Schutz auffrischt.
- Einmalig sollte die Auffrischung der Stiko-Empfehlung zufolge mit einem Kombi-Impfstoff durchgeführt werden, der auch vor Keuchhusten schützt.
- Hat man diese Keuchhusten-Auffrischung noch nicht bekommen, sollte sie zusammen mit der nächsten Diphtherie-Auffrischung verabreicht werden.
Kann man die Grundimmunisierung nachholen?
Ja. Die Stiko rät sogar dazu. Auch hier sind drei Impfungen fällig: Vier bis acht Wochen nach dem ersten Piks ist der zweite dran. Sechs bis zwölf Monate nach der zweiten Impfung folgt dann die dritte.
Gerade vor Reisen lohnt es sich, den Diphtherie-Impfschutz noch einmal zu checken. Denn in vielen Ländern Afrikas, des Südpazifiks und Osteuropas ist Diphtherie endemisch, tritt also regelmäßig auf. Plant man, in diese Regionen zu reisen, sollte man das frühestens nach der zweiten Impfstoffdosis tun (mit dpa-Agenturmaterial).