Caren Miosga
Röttgen sieht „Erfolg europäischer Diplomatie“
Der CDU-Außenexperte Norbert Röttgen lobt in der ARD das Berliner Ukraine-Treffen. Den Bruch mit den USA hält er für dauerhaft.
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CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat sich im ARD-Talk von Caren Miosga vorsichtig optimistisch über die Berliner Ukraine-Konferenz geäußert.
Von Christoph Link
Der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen hat sich im ARD-Talk von Caren Miosga am Sonntag vorsichtig optimistisch über die Berliner Ukraine-Konferenz geäußert. Es sei bisher die amerikanische Seite gewesen, die versucht habe, die Europäer aus den Gesprächen herauszuhalten, „damit sie nicht an der Seite der Ukraine stehen“. Jetzt zeigten sich die Europäer, sie schalteten sich ein, schafften Fakten und übernähmen den Prozess: „Das ist ein Erfolg der europäischen Diplomatie.“ Und es sei ein Verdienst der Führung von Kanzler Friedrich Merz.
Inhaltlich gingen die Studiogäste – neben Röttgen auch die ehemalige US-Korrespondentin Annett Meiritz und der Politikwissenschaftler Nico Lange – auf Berlin nicht allzu tief ein. Meiritz charakterisierte immerhin die US-Gesandten Jared Kushner und Steve Witkoff. Der Trump-Schwiegersohn Kushner habe den Vorteil, dass er das Ohr des US-Präsidenten habe. Beide US-Gesandten verträten in erster Linie aber wirtschaftliche Interessen. Sie bezweifle, ob die beiden wirklich im Sinne einer europafreundlichen Diplomatie agierten.
EU plant Milliardenhilfen für die Ukraine
Ob Trumps neue Nationale Sicherheitsstrategie die nächste „Zeitenwende“ für Europa bedeute, das war die Leitfrage der Sendung. Die Antwort war ein klares Ja. Aber bevor die Diskutanten ausführlich über den „Bruch mit den USA“ diskutierten, forderten sie ein solidarisches Eintreten der EU für die Ukraine. Am Donnerstag müsse die EU die in Belgien eingefrorenen russischen Staatsgelder in Höhe von 140 bis 160 Milliarden Euro für die Verwendung von Stabilisierungskrediten für die Ukraine beschließen, hieß es. Hierfür müssen Garantien an Belgien gegeben werden, auf Deutschland kämen da 25 Prozent zu.
Ob das nicht teuer werden könnte, fragte Caren Miosga. Röttgen meinte, dass der Garantiefall eintrete, das sei „extrem unwahrscheinlich“. Nico Lange fragte, was denn die Alternative sei. Im Falle einer Niederlage der Ukraine würden Millionen das Land verlassen. Das werde dann „für uns“ erheblich teurer. Die Sicherheit der Ukraine und Europas seien das Gleiche, so Lange. „Wir müssen die Ukraine in die Lage versetzen, Russland zu Verhandlungen zu drängen.“ Putin sei ein Mann, der täglich 1000 bis 1200 Soldaten durch Tod und Verwundungen verliere und dann noch behaupte, es laufe ja „ganz gut“. Das sei der Kern der Bedrohung.
Röttgen auf Distanz zum Nato-Chef
Wie die russische Bedrohung aber aussieht, da gab es einen bemerkenswerten Einschub in der Sendung. Nato-Generalsekretär Mark Rutte hatte gesagt, „wir sind das nächste Ziel von Russland“ und es drohe ein Krieg, ähnlich wie ihn „unsere Eltern und Großeltern“ erlebt haben. Bei dieser Wortwahl ging Röttgen auf Nachfrage von Miosga auf Distanz: „Nein, ich hätte es so nicht formuliert.“ Die Analysen der Bundesregierung und auch des Nato-Generalsekretärs seien bisher davon ausgegangen, dass Russland in wenigen Jahren – genannt werde 2029 - „die Fähigkeit zu einem großräumigen Krieg in Europa“ habe.
Wie auch immer, dass die USA in einem Kriegsfall Europa noch zur Seite stehen, ist höchst zweifelhaft. Die neue Nationale Sicherheitsstrategie der USA seien „eine dramatische Veränderung der amerikanischen Politik. Es ist ein Bruch“, so Röttgen, der auch Vizevorsitzender der Atlantik-Brücke ist. 80 Jahre lang habe die amerikanische Europapolitik den Frieden und die Sicherheit in Europa eigenes Interesse definiert – gestützt auf Werte wie Demokratie, Freiheit und Rechtsstaatlichkeit. „Diese geschichtliche Epoche ist jetzt vorbei.“
Europa gilt als „Problemfall“
In der Sicherheitsstrategie verstünden sich die USA gar nicht mehr als Teil des Westens und erklärten Europa zum Problemfall, meinte Röttgen. Selbst mit Blick auf die Zukunft – einer möglichen Abwahl von Trump in drei Jahren – sieht Röttgen keine Chance auf ein gutes transatlantisches Verhältins: „Die alten Zeiten sind vorbei.“
Annett Meirit ging auf die gute Freundschaft und Vernetzung von Trump MAGA-Bewegung mit Rechtspopulisten in Europa ein. Das klare Ziel dahinter sei „Disruption“, man verbünde sich mit Brüdern und Schwestern im Geiste, um Druck auf die bürgerlichen Parteien auszuüben – und zwar weltweit. Ein Satz von Nico Lange blieb in der Sendung unwidersprochen. Die „Daddy-Methode“ funktioniere nicht mehr, jene Übung, dass die Europäer nach ihren Treffen sofort bei Trump anriefen, um seine Zustimmung zu erlangen. Nato-Chef Rutte hatte Trump einmal als „Daddy“ bezeichnet.
