Gefährliche Postsendungen
Saatgut im Briefkasten: Behörden warnen vor Umweltrisiko
Immer häufiger landen kleine Tütchen mit Saatgut ungefragt in deutschen Briefkästen. Klingt harmlos, kann aber ernste Folgen haben – Fachleute raten dringend von einer Aussaat ab.

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Saatgut aus unbestellten Sendungen sollte nicht ausgesät werden.
Von Katrin Jokic
Immer wieder melden sich Bürgerinnen und Bürger, die rätselhafte Saatgutpäckchen in ihrer Post finden. Besonders häufig treten solche Fälle am Frankfurter Flughafen auf, wo seit Jahresbeginn zehntausende Sendungen mit Saatgut aus China abgefangen wurden. Auffällig: Die Päckchen sind meist falsch deklariert – etwa als „Ohrschmuck“ oder „Grußkarten“ – und werden von dort aus deutschlandweit weiterverteilt.
Gefahr für Natur und Landwirtschaft
Nach Einschätzung des Julius Kühn-Instituts (JKI) in Braunschweig geht von diesen Tütchen eine erhebliche Gefahr aus. Das Saatgut könnte invasive Pflanzenarten enthalten, die heimische Gewächse verdrängen. Ebenso ist nicht auszuschließen, dass die Samen mit Pflanzenkrankheiten oder Schädlingen befallen sind. Beides könnte gravierende Folgen für Gärten, Parks und die Landwirtschaft haben.
Die Behörden raten daher dringend: Unbestelltes Saatgut weder öffnen noch aussäen, sondern direkt im Hausmüll entsorgen – keinesfalls im Kompost oder in der Biotonne, da sich die Samen von dort unkontrolliert verbreiten könnten.
Mögliche Hintergründe: Brushing Scam
Warum die Sendungen verschickt werden, ist bislang unklar. Eine Erklärung liefert der sogenannte „Brushing Scam“: Dabei werden Waren ohne Bestellung verschickt, um Scheinverkäufe und positive Bewertungen in Online-Shops vorzutäuschen. Saatgut eignet sich besonders, da es billig und leicht zu versenden ist.
Eine andere Vermutung lautet, dass die Sendungen als Test dienen, um Schwachstellen bei den Einfuhrkontrollen in die EU zu ermitteln.
Wiederkehrendes Phänomen
Neu ist das Problem nicht: Bereits 2020 wurden in Deutschland mehr als 120.000 solcher Saatgutsendungen gezählt. Auch in anderen EU-Ländern sind ähnliche Vorfälle bekannt. Deshalb haben deutsche Behörden die Fälle auf europäischer Ebene gemeldet und fordern von China die Einhaltung geltender Vorschriften.
Vorsicht beim Online-Kauf
Neben unbestellten Päckchen raten die Fachleute auch beim Online-Kauf zur Vorsicht. Saatgut aus Nicht-EU-Ländern kann ebenfalls Risiken bergen, selbst wenn die Lieferung auf den ersten Blick seriös wirkt. Ohne gültige Pflanzengesundheitszeugnisse sollte von einer Bestellung dringend abgesehen werden.