„Ewigkeitschemikalien“

Schadstoffe, die nie verschwinden

Die „Ewigkeitschemikalien“ PFAS finden sich in Kaffeebechern, Regenjacken oder Löschschaum – und längst auch in unseren Böden und unserem Wasser. Ein globales Gesundheitsproblem.

Stoffe mit diesem  Kürzel finden sich in vielen Gebrauchsgegenständen. Sie schaden den Menschen.

© IMAGO/Christian Ohde

Stoffe mit diesem Kürzel finden sich in vielen Gebrauchsgegenständen. Sie schaden den Menschen.

Von Markus Wanzeck

Im Schweizer Kanton St. Gallen haben die Behörden während des vergangenen Sommers verboten, Fleisch zu verkaufen. Der Grund: Rinder, von denen die Steaks und Schnitzel stammten, hatten auf belasteten Weiden gegrast. Im belgischen Städtchen Zwijndrecht, wo der amerikanische Chemiekonzern 3M eine Fabrik betreibt, wurde 2021 bekannt, dass der Boden weiträumig mit den Industriechemikalien Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen verseucht ist, abgekürzt: PFAS. Bei Hunderten von Menschen, die dort leben, fand sich dieser Stoff anschließend bei Blutproben in gesundheitsgefährdender Dosis.

Auch in dem baden-württembergischen Städtchen Rastatt wurden PFAS-Chemikalien 2012 zufällig im Trinkwasser der Stadtwerke entdeckt. Dies war ein Hinweis auf eine großflächige Kontamination. Die Kosten für Reinigung, Sanierung und Aufklärung belaufen sich bis jetzt auf rund 40 Millionen Euro. Viele weitere Millionen könnten noch fällig werden.

Tausende Varianten

Diese heikel Stoffe, die per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen sind vielerorts offenbar allgegenwärtig. Die Industrie hat in den vergangenen Jahrzehnten Tausende Varianten davon entwickelt, die ganz unterschiedliche Funktionen erfüllen. PFAS-Chemikalien helfen der Outdoorjacke, bei Regen dichtzuhalten. Sie werden Pestiziden beigemischt, damit diese effektiver wirken. Sie sorgen dafür, dass in Teflonpfannen garantiert nichts anbrennt. Und sie helfen auch der Feuerwehr, wenn sie mit Löschschaum Brände erstickt. Ohne PFAS-Beschichtung würde der „Coffee to go“ seinem Namen alle Ehre machen – und durch den Pappbecher tropfen, weil diese nur dank solcher Chemikalien dicht sind.

Flüssigkeits- und schmutzabweisende PFAS machen unseren Alltag bequemer. Doch wenn sie die ihnen zugedachte Funktion erfüllt haben, werden sie von der Lösung zum Problem. Denn PFAS sind künstliche Stoffe, die in der Natur nicht vorkommen – und auf natürlichem Weg so gut wie nicht abbaubar sind. Das hat ihnen den Spitznamen „Ewigkeitschemikalien“ eingebracht.

Giftig in vielerlei Hinsicht

„PFAS reichern sich mehr und mehr in der Umwelt an – so lange, bis sie bestimmte Grenzwerte überschreiten und zur Gefahr werden“, sagt Zhanyun Wang, Wissenschaftler in der „Gruppe für Umweltrisikobewertung und -management“ an der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) im schweizerischen St. Gallen. In vielen Fällen, so Wang, sei das bereits passiert. Und die Problemstoffe sind oft ziemlich mobil. „In vielen Regionen der Welt ist das Regenwasser schon so PFAS-haltig, dass man es nicht mehr bedenkenlos trinken kann“, erklärt der Wissenschaftler. Eine Ende vergangenen Jahres veröffentlichte Untersuchung des Pesticide Action Network Europe zeigte, dass zehn von 19 getesteten europäischen Mineralwässern Spuren von PFAS enthielten.

Da es so viele verschiedene Ewigkeitschemikalien gibt, lässt sich zu ihrer Giftigkeit nichts Generelles sagen. Von manchen PFAS weiß man, dass sie zu erhöhten Cholesterinwerten führen, andere beeinträchtigen das Immunsystem oder vermindern die Wirkung von Impfungen – auch bei Babys, die PFAS über die Muttermilch aufnehmen. „Nicht alle PFAS sind gleich toxisch“, so Wang. „Aber die bisher verfügbaren Studien legen nahe, dass alle PFAS einen gewissen Grad an Giftigkeit oder Potenzial zur Schädigung der Umwelt aufweisen.“

PFAS würden vom Menschen hauptsächlich über Lebensmittel aufgenommen, sagt das Umweltbundesamt. Wenn im Trinkwasser erhöhte PFAS-Werte vorkommen, führe dies meist auch zu erhöhten Belastungen im Menschen. Flüchtige PFAS können vom Menschen eingeatmet werden. Die Verwendung von Haushaltschemikalien wie Imprägniersprays könne zu Innenraumbelastungen führen. Auch Verbindungen wie beispielsweise Fluortelomeralkohole, die unter anderem für Teppichbeschichtungen eingesetzt werden, könne.

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Erstellt:
8. Mai 2025, 14:12 Uhr

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