Amoklauf in Graz

„Was heute in Graz passiert ist, trifft unser Land mitten ins Herz“

In einem Gymnasium im österreichischen Graz fallen Schüsse. Es gibt mehrere Tote und Schwerverletzte. Der Amoklauf schockiert das Land.

Ein bewaffneter Polizist steht in der Nähe des Tatorts.

© Erwin Scheriau

Ein bewaffneter Polizist steht in der Nähe des Tatorts.

Von Patrick Guyton

Österreich trauert. Beim bisher schlimmsten Amoklauf an einer Schule in Österreich hat ein Mann am Dienstagvormittag in Graz neun Menschen und sich selbst erschossen. Es gebe sechs weibliche und drei männliche Todesopfer, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) wenige Stunden nach der Tat. Neben den Toten gibt es laut Karner zwölf Verletzte, manche davon schwer. Der mutmaßliche Täter war nach bisherigem Kenntnisstand mit einer Schrotflinte und einer Pistole in die Schule eingedrungen und hatte in zwei Klassenzimmern um sich geschossen, bevor er sich das Leben nahm. Die Waffen habe er legal besessen. Laut Berichten österreichischer Medien handelt es sich bei dem Verdächtigen um einen 21-jährigen Mann österreichischer Nationalität. Er sei ein ehemaliger Schüler des Bundes-Oberstufenrealgymnasiums (BORG) in der Dreierschützengasse der steirischen Landeshauptstadt. Zu dem Motiv des 21-Jährigen gab es zunächst keine offiziellen Angaben. Man wisse, dass er die Schule nicht abgeschlossen habe. Über den Hintergrund könne aktuell jedoch nur spekuliert werden, sagte Karner. Die „Kronen-Zeitung“ berichtet, der Mann soll sich selbst als Opfer von Mobbing gesehen haben. Laut „Krone“ habe er „Rache“ nehmen wollen.

Hunderte Menschen wurden vom Roten Kreuz betreut

Die Stunden nach der Tat war Graz im Ausnahmezustand. Sehr viel Polizei rückte an, Hunderte von Rettungssanitätern und Psychologen. Als die Einsatzkräfte die Lage als sicher ausriefen, kurz nach 12 Uhr, wurden die Schülerinnen und Schüler sowie die Lehrkräfte in eine Halle nahe der Schule gebracht. Auch wurde ein Einsatzzentrum aufgebaut. Die Eltern der Kinder, viele davon in Panik, sammelte man in einer anderen Halle. Kurze Zeit darauf brachte man Schüler und Eltern zusammen.

Der Gastwirt Hasan Darsel hat sein Restaurant direkt an der Schule. Er sagte zur „Kronen-Zeitung“: „Das ist eine Katastrophe, einfach schrecklich. Es geht schließlich um Kinder, ich habe selbst drei Kinder.“ Laut einer Sprecherin des Österreichischen Roten Kreuzes mussten insgesamt etwa 600 Menschen betreut werden.

Die Bürgermeisterin von Graz, Elke Kahr (KPÖ), war rasch an den Tatort geeilt. Die Tat bezeichnete sie als „furchtbare Tragödie“, die Einsatzkräfte lobte sie für ihr Engagement. In der Stadt wurden schwarze Fahnen gehisst. Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) zeigte sich „zutiefst betroffen über diese Wahnsinnstat“. Er denke an die unschuldigen Opfer, die Familien und die Lehrpersonen.

In der Steiermark im Südosten Österreichs beginnen Anfang Juli die Sommerferien. Im österreichischen Rundfunk ORF sagte ein Schulrektor, dass er davon ausgehe, dass bis dahin an den Schulen der Stadt kein geregelter Unterricht mehr stattfinden würde. Weiter meinte der Rektor, dass man sich an Österreichs Schulen nun konkret mit „Amok- und Terrorplänen“ werde befassen müssen. Also mit Szenarien, wie man sich als Lehrer oder Schüler in welcher Situation am besten verhalten sollte, wenn es zu einem Amoklauf kommt. Die Schulen in der Alpenrepublik sind bislang frei zugänglich wie in Deutschland auch.

Auch die Politik in der Hauptstadt Wien kam zum Erliegen. Eigentlich hatte das neue Regierungsbündnis aus ÖVP, SPÖ und den liberalen Neos ihre ersten 100 Tage in der Regierung lobend bilanzieren wollen. Doch der Termin wurde abgesagt, wie alle anderen auch. Stattdessen reisten am Nachmittag Bundespolitiker nach Graz, darunter Bundeskanzler Christian Stocker, Innenminister Gerhard Karner (beide ÖVP) sowie Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos).

Vor der Präsidentschaftskanzlei von Bundespräsident Alexander Van der Bellen an der Wiener Hofburg wurde die österreichische Nationalfahne auf Halbmast gesetzt, wie auch in vielen anderen Orten des Landes. Van der Bellen gab eine Mitteilung in weißer Schrift auf schwarzem Hintergrund: „Dieser Horror ist nicht in Worte zu fassen. Was heute in einer Schule in Graz passiert ist, trifft unser Land mitten ins Herz.“

Diskussion über Zugang zu Waffen

Unterdessen hat infolge der Tat eine Diskussion über den Zugang zu Waffen in Österreich begonnen. Diese sind im Vergleich zu Deutschland recht leicht zu erhalten. Eine der Tatwaffen soll der 21-jährige Verdächtige laut einem Bericht erst kürzlich gekauft haben. Benötigt wird lediglich eine Waffenbesitzkarte, die laut ORF leicht zu bekommen ist. Man benötigt nur einen Ausweis.

In Österreich wird es nun eine dreitägige Staatstrauer geben.

Sie haben suizidale Gedanken? Hilfe bietet die Telefonseelsorge. Sie ist anonym, kostenlos und rund um die Uhr unter 0 800 / 111 0 111 und 0 800 / 111 0 222 und unter https://ts-im-internet.de/ erreichbar. Eine Liste mit Hilfsangeboten findet sich auf der Seite der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention: https://www.suizidprophylaxe.de/

Zum Artikel

Erstellt:
10. Juni 2025, 17:18 Uhr
Aktualisiert:
10. Juni 2025, 18:08 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen