Weinbau

Schwieriger Kampf der Bio-Winzer gegen Schädlinge

Der Klimawandel stellt den natürlichen Weinanbau vor große Herausforderungen. Die Winzer fordern nun von der EU, mehr natürliche Mittel zum Schutz ihrer Reben zuzulassen.

Weinanbau ist eine anstrengende Arbeit. Der Klimawandel stellt vor allem die Bio-Winzer vor immer größere Herausforderungen.

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Weinanbau ist eine anstrengende Arbeit. Der Klimawandel stellt vor allem die Bio-Winzer vor immer größere Herausforderungen.

Von Knut Krohn

Bei Europas Winzern herrscht gedrückte Stimmung. Immer häufiger kämpfen sie mit wechselnden Unwägbarkeiten und es scheint, als komme jedes Jahr eine neue Sorge hinzu. Die Nachwehen der Coronapandemie schienen gerade überwunden, macht die Nachricht die Runde, dass vor allem junge Menschen weniger trinken. „Die klassische Zielgruppe der Weintrinker altert und schrumpft“, klagt der Deutsche Weinbauverband. Hinzu kommt allgemein ein größeres Gesundheitsbewusstsein in der Bevölkerung, das den Absatz schrumpfen lässt. Und natürlich machen auch den Weinbauern die geopolitischen Krisen schwer zu schaffen. Zusätzliches Kopfzerbrechen bereitet US-Präsident Donald Trump mit seiner unberechenbaren Zollpolitik, die auch Wein, Champagner und andere alkoholische Getränke betrifft.

Schwierige Wetterbedingungen nehmen zu

Zu kämpfen haben Europas Winzer auch mit den veränderten Wetterbedingungen infolge des Klimawandels. Der stellt vor allem die Öko-Weinbauern vor große Herausforderungen. Immer häufiger kommt es zu feucht-warmen Phasen, die die Ausbreitung von Schädlingen und Krankheiten begünstigen, denen mit natürlichen Mitteln nur schwer beizukommen ist. „Wir haben viel mehr Niederschläge während des Sommers“, erklärte Matthieu Kauffmann, Ökowinzer aus Frankreich, auf einer Veranstaltung in Brüssel und er betonte: „Mit den aktuellen Möglichkeiten im Pflanzenschutz verlieren wir im Ökoweinbau ganze Ernten.“

Schwer zu schaffen macht unter den erschwerten Anbaubedingungen durch den Klimawandel vor allem der Falsche Mehltau. Besonders bitter für die Biowinzer ist, dass es mit Kaliumphosphonat einen erprobten und im Grunde unbedenklichen Wirkstoff gegen die Pflanzenkrankheit auf dem Markt gibt. Chemisch formuliert ist es ein anorganisches Salz der Phosphonsäure, es wird synthetisch hergestellt.

Fatale Änderung des Pestizidrechts in der EU

Der Einsatz von Kaliumphosphonat ist allerdings von der Europäischen Union im Bioanbau vor über zehn Jahren verboten worden. Mit der Neufassung des Pestizidrechts wurde der damals gebräuchliche Stoff in der EU als Pflanzenschutzmittel deklariert und darf deshalb nicht mehr in sogenannten Pflanzenstärkungsmitteln oder Düngern enthalten sein – war damit also für die Biolandwirte fortan tabu. Das Problem: die Unbedenklichkeit ist unwesentlich, wenn es an Natürlichkeit hapert.

„Das war eine fatale Entscheidung, die wieder rückgängig gemacht werden muss“, konstatiert Martin Häusling, Europaabgeordneter der Grünen in Brüssel. Mit ihm setzte sich seine CDU-Kollegien Christine Schneider für eine Änderung ein. „Wir müssen gemeinsam an einem Strang ziehen, um die Wiederzulassung von Kaliumphosphonat im EU-Ökoweinbau zu erlangen“, erklärt die Europaparlamentarierin die fraktionsübergreifende Zusammenarbeit in dieser Sache.

In manchen Jahren katastrophale Verluste

Beide sind überzeugt, dass für den Ausbau und Erhalt des europäischen Ökoweinbaus der Einsatz des Mittels wichtig ist, um künftig katastrophale Verluste wie die der letzten Jahre jedenfalls teilweise zu verhindern. „Hätten wir das Mittel bereits in den feuchten Jahren 2016, 2021 oder 2023 anwenden können, hätte dies vielen Betrieben die Ernten gerettet“, betonte Ralph Dejas, Geschäftsführer des Bundesverbandes Ökologischer Winzer Ecovin, in Brüssel. Im Regenjahr 2016 griffen einige Bio-Winzer in der Not doch auf Kaliumphosphonat zurück, um ihre Ernte zu retten: Die Hersteller dürfen diesen Jahrgang deshalb nicht als Bio-Produkt verkaufen.

Martin Häusling beklagt die ideologisierten Debatten in diesem Bereich. Oft werde er mit dem Vorwurf konfrontiert, dass mit der Forderungen nach einem breiteren Werkzeugkasten zum Schutz der Reben der Ruf des Öko-Weinbau ruiniert werde. Eine Aussage, die er für völlig überzogen hält. Auch Alois Lageder, Ökowinzer aus Italien, argumentierte in diese Richtung: „Wenn der Ökoweinbau sich wirklich weiterentwickeln möchte, brauchen wir eine Bandbreite an Maßnahmen zur Gesunderhaltung unserer Reben.“

Kupfer ist im Weinbau kein vollwertiger Ersatz

Im Moment setzen Bio-Winzer im Kampf gegen Pilze wie den Falschen Mehltau vor allem Kupfer ein, in Form der sogenannten Bordeauxbrühe. Allerdings ist auch dieses Mittel laut Umweltbundesamt kritisch zu betrachten, da hohe Konzentrationen des Schwermetalls in der Erde zahlreiche Bodenorganismen schädigen können. Aus diesem Grund gibt es strenge Höchstmengen für den Einsatz, die Landwirte pro Jahr nicht überschreiten dürfen. Kupfer hat allerdings einen wesentlichen Nachteil. Da es auf die Reben gesprüht wird, wird es bei Regen schnell wieder abgespült. Kaliumphosphonat hingegen wirkt in der Pflanze.

Wenn der Bio-Weinbau eine Zukunft haben soll, müssten sich die Winzer darauf verlassen können, dass sie auch unter schwierigen klimatischen Bedingungen stabile Ernten einbringen können, sagte Christine Schneider in Brüssel. Und auch Martin Häusling betonte: „Wenn man den Öko-Weinbau voranbringen will, dann kommen wir um Zulassung von Kaliumphosphonat nicht herum.“ Für dieses Ziel wollen sich die beiden Europaparlamentarier in den zuständigen Ausschüssen des Parlaments und bei der Kommission starkmachen.

Hoffnung auf eine baldige Änderung des EU-Rechts

Hoffnung für eine Änderung macht Christine Schneider, dass für eine Wiederzulassung des Mittels in diesem Fall nicht die gesamte Öko-Verordnung aufgemacht werden müsste. Die Änderung wäre in ihren Augen problemlos über einen sogenannten delegierten Rechtsakt möglich, was wesentlich einfacher umzusetzen wäre. Rückendeckung bekommen die beiden Parlamentarier nicht nur von Winzern und Verbänden aus mehreren EU-Staaten, sondern auch von der deutschen Regierung. Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung hat bereits im vergangenen Herbst bei der EU-Kommission einen Antrag für die Zulassung von Kaliumphosphonat im ökologischen Weinbau eingereicht. Christine Schneider hofft, dass nach vielen Jahren der fruchtlosen Diskussion die Kommission bald in die Gänge kommen werde. Angesichts der sich auftürmenden Probleme, sei das für die Biowinzer überlebenswichtig.

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Erstellt:
26. Mai 2025, 15:00 Uhr

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