Neuer US-Kommandeur bei Africom
Setzt Trump in Stuttgart jetzt alles auf die US-Luftwaffe?
Warum US-Präsident Trump zum ersten Mal einen Luftwaffenoffizier zum Chef des US-Afrika-Kommandos macht. Und was dies für die Zukunft des Stuttgarter Hauptquartiers bedeuten könnte.

© IMAGO/ZUMA Press Wire
US-Luftwaffengeneral Dagvin Anderson verteidigt die US-Soft-Power-Methode in Afrika.
Von Michael Weißenborn
Wenn Dagvin R.M. Anderson am Freitagmorgen in Stuttgart bei einer Feier die Flagge des US-Afrikakommandos in die Hände bekommt, ist er der erste General der US-Luftwaffe, der Africom im Hauptquartier in den Kelley Barracks führt. Mit einer Menge militärpolitischer Bedeutungen.
Seit der Gründung 2007 standen an der Spitze von Africom – zuständig für 53 Staaten in Afrika – stets Offizier von Heer oder Marineinfanterie. Dies wird in hohen US-Heereskreisen durchaus mit Sorge registriert. Alle sechs Regionalkommandos, inklusive dem Stuttgarter Hauptquartier der US-Streitkräfte in Europa (Eucom), befinden sich indes aktuell in den Händen von Generälen der Luftwaffe- oder der Marine. In Washington werden diese beiden Waffengattungen als die wichtigsten für die Auseinandersetzung mit dem Supermacht-Rivalen China gehandelt. Das sei „kurzsichtig“, meint ein hoher US-Offizieller mit Heereshintergrund mit Blick auf die Ukraine. Denn in Europa bleibe Russland die „unmittelbare Bedrohung“.
Viel Erfahrung bei Spezialkräften von Africom
Der Mittfünfziger Anderson, der aus Ypsilanti im Midwest-Staat Michigan stammt, hat bereits Afrika-Erfahrung: Er kommandierte von 2019 bis 2021 das Spezialkräfte Kommando für Afrika in Stuttgart. In dieser Rolle musste er am Ende der ersten Amtszeit von Präsident Donald Trump 2020 praktisch ohne Vorwarnung den Abzug der US-Truppen aus Somalia organisieren: Mehr als 13 000 Soldaten, eine amphibische Landungs- und eine Flugzeugträgergruppe sowie ein groß angelegter Luftransport waren an der Verlegung von mehr als 700 Soldaten und 900 Paletten Ladung beteiligt.
Bei seiner Anhörung im Kongress vermied Anderson zwar auf kritische Fragen von US-Senatoren zu Trumps Kürzungen der Entwicklungshilfe oder beim US-Außenministerium jede direkte Kritik, machte aber deutlich, wie wertvoll angesichts knapper Ressourcen in Afrika die Kooperation mit State Department oder Entwicklungshilfegruppen sei. Er verteidigte die bisherige Soft-Power-Methode. Auch die inzwischen abgewickelte Entwicklungshilfeorganisation USAID und ein Programm zur AIDS-Bekämpfung „können dabei helfen, in Schlüsselregionen für Stabilität zu sorgen“, sagte Anderson.
Gleichzeitig stellte er, mit Blick auf die neuen Prioritäten der Trump-Regierung, geschickt die Bedeutung Afrikas heraus: So meinte er, auch wenn der Schutz der USA vor Terror aus Afrika die Priorität Nummer eins bleibe, rücke der Kontinent doch zunehmend ins Zentrum der Rivalität unter den Großmächten. China expandiere militärisch und Russland trachte danach, den Kontinent mit Desinformationskampagnen zu destabilisieren.
Außerdem betonte Anderson vor dem Senat die Rolle des US-Militärs, um Trumps Handelsdiplomatie und das Interesse an Rohstoffen zu unterstützen. „China hat die Vereinigten Staaten an ökonomischem und politischem Einfluss in vielen afrikanischen Ländern überholt“, stellte dazu jedoch der Afrika-Experte Landry Signé von der Denkfabrik Brookings Institution in der „New York Times“ fest.
3400 Flugstunden, darunter 700 im Kampfeinsatz
Zuletzt war Anderson, der nach dem Studium der Elektrotechnik in der Stuttgarter Partnerstadt St. Louis über das Reserveoffizierstraining ROTC Anfang der 1990er-Jahre den Weg zur US-Luftwaffe fand, als Direktor für die Entwicklung der Verbundenen Kräfte im Pentagon mit der Struktur von Hauptquartieren und Kampfformationen befasst. Von Haus aus ist er ein erfahrener Pilot mit Schwerpunkt bei den Spezialkräften der Air Force. Er hat 3400 Flugstunden absolviert, mehr als 700 davon im Kampfeinsatz – mit dem Tankflugzeug KC-135 Stratotanker, der MC-130 und dem U-28-Aufklärer.
Zuletzt hatte Africom die Zahl der Luftangriffe gegen die islamistischen Terrorgruppen Islamischer Staat und Al-Shabaab in Somalia intensiviert. Das führte zu neuen Spekulationen: Noch im Frühjahr wurde die Zusammenlegung von Africom und Eucom diskutiert. Nun gibt es Gerüchte über eine Zusammenlegung mit dem Zentralkommando für den Nahen Osten in Tampa, Florida. Dorthin könnten dann die mit Afrika betrauten Stäbe wandern. Mit Tampa teilt man immerhin den Antiterrorkampf.