Sie inszenieren virtuos, übernehmen den Job eines ganzen Orchesters

Das Quartett German Hornsound präsentiert zum Jubiläum der Uraufführung von Carl Maria von Webers Oper „Der Freischütz“ ein breites Spektrum der romantischen Musik.

Timo Steininger, Johannes Otter, Stephan Schottstädt und Christoph Eß (von links) haben das Publikum mit ihrer Spielkunst sofort in Bann gezogen. Foto: E. Klaper

Timo Steininger, Johannes Otter, Stephan Schottstädt und Christoph Eß (von links) haben das Publikum mit ihrer Spielkunst sofort in Bann gezogen. Foto: E. Klaper

Von Elisabeth Klaper

Murrhardt. Ein Hörvergnügen der Extraklasse beschert das Hornquartett German Hornsound vielen Musikfreunden beim Konzert im Festhallenfoyer mit einer kurzweiligen Reise durch die überaus vielfältige Klangwelt der Romantik. Unter dem Motto „Primetime in der Wolfsschlucht“ feiert das Quartett mit je zwei tiefen und hohen Hörnern ein besonderes Jubiläum: Vor 200 Jahren, im Juni 1821, wurde „Der Freischütz“ von Carl Maria von Weber, die frühromantisch-märchenhafte Oper schlechthin, in Berlin uraufgeführt.

Vom Start weg sprang der Funke der Begeisterung aufs Publikum über, dank der spürbar großen Musizierfreude der Profimusiker. Christoph Eß, Gründer und Leiter von German Hornsound, führt auch durchs Programm, Stephan Schottstädt hat die meisten präsentierten Werke für Hornquartett arrangiert und ist auch Opernexperte, Timo Steininger, der ein Jagdhornensemble leitete, ist Jagdexperte und Johannes Otter ersetzt den verhinderten Sebastian Schorr. Voller Virtuosität und mit Verve zelebrieren sie die hohe Kunst des Hornspiels. In der Musik der Romantik nimmt es ob seines warmen, weichen, stimmungsvollen Klangs einen besonderen Platz ein, ebenso wie die Themen Natur, Wald und Jagd.

Die vier Künstler gestalteten ein sehr abwechslungsreiches, vierteiliges Programm: Zum Auftakt erklangen klassische Werke aus Carl Maria von Webers Geburtsjahr 1786. Es folgten Stücke aus dem „Freischütz“, Werke von Webers Zeitgenossen sowie Tonschöpfungen von Komponisten, die Webers Musik inspirierte. Höhepunkt des Konzerts sind die Interpretationen aus dem „Freischütz“. Die Handlung dreht sich um den Jägersburschen Max, der sich vor dem Misslingen des für die Jägerprüfung erforderlichen Probeschusses so sehr fürchtet, dass er mit seinem vermeintlichen Freund Kaspar, der mit dem Teufel im Bunde ist, in der Wolfsschlucht Freikugeln gießt, die garantiert treffen sollen.

In der Ouvertüre, deren Anfang Weber im Original für Hornquartett komponierte, kommt der Hornklang ebenso wie im berühmten „Jägerchor“ einfach zauberhaft schön zur Entfaltung. Im Zentrum steht die spektakuläre Wolfsschluchtszene als Höhepunkt der Oper. Die hochdramatische, überaus innovativ gestaltete, klangmalerische Musik weist weit über Webers Epoche hinaus und zeigt bereits charakteristische Merkmale der Programm- und Filmmusik. Atmosphärisch veranschaulicht das reich ausgearbeitete Klangfarbenspektrum das Geschehen, dazu trägt Opernspezialist Stephan Schottstädt die Originalregieanweisungen vor.

So können die Zuhörer sich die unheimlichen Erscheinungen während des Freikugelgießens vorstellen. Da lodern die Flammen, Vögel hüpfen ums Feuer, ein großer schwarzer Eber jagt durchs Gebüsch, ein Sturm erhebt sich und bricht Baumwipfel ab, vier feurige Räder rollen vorbei, das wilde Heer zieht mit Hundegebell und Wiehern vorüber, zwei Gewitter treffen zusammen, Donner krachen und ein Blitz fährt in den Boden. Dank ihres kongenial präzisen und optimal aufeinander abgestimmten Zusammenspiels bringen die Hornisten die vielfältigen Nuancen der Melodik, Harmonik und Rhythmik, Stimmungen und Emotionen ebenso treffend zum Ausdruck wie kleinste kompositorische Feinheiten. Und auch die Partien der Streicher und anderen Orchesterinstrumente, die oft eine enorme Herausforderung darstellen, meistern sie mit Bravour.

Das Instrument sah zu Zeiten Webers noch ganz anders aus

Schön zu hören sind auch klassische Werke, komponiert in Webers Geburtsjahr 1786. Damals gab es ein Horn aus Mundstück, gebogenem Metallrohr und Schalltrichter, aber es besaß noch keine Ventile, darum mussten die Musiker zusätzliche Rohre aufstecken: je tiefer die Töne, umso länger die Rohre. Trotzdem konnten sie noch nicht alle Töne der chromatischen Tonleiter spielen. Wolfgang Amadeus Mozart, der das Instrument offenbar liebte, schuf das wohl klangschönste Hornkonzert Nr. 4: Dessen zweiter Satz ist eine wundervolle Klangidylle, die Melodik und Harmonik wirken fast schon romantisch lieblich – ein echter Ohrenschmeichler.

Laut Christoph Eß habe Ludwig van Beethovens Scherzo für drei Hörner aus der Sinfonie Nr. 3 „Eroica“ Weber „umgehauen“ und sehr inspiriert, denn das virtuose, kunstreiche Stück vermittelt eine fröhliche Jagdatmosphäre mit schnellem Staccato, Jagdgalopprhythmus und prachtvollen Jagdhornfanfaren. Reizvoll bringt das Quartett auch Joseph Haydns Sinfonie Nr. 82, genannt „Der Bär“, zum Ausdruck: Der erste Satz strahlt dank tänzerisch beschwingter Rhythmik virtuose Leichtigkeit aus und entspricht damit gar nicht der Vorstellung eines schwerfällig-tapsigen Meister Petz.

Akustische Leckerbissen sind einige Werke von Zeitgenossen Webers aus der Früh- und Hochromantik wie der bunte Strauß aus Jagdliedern berühmter Komponisten, deren Texte Jagdexperte Timo Steininger vorträgt. Ferdinand Hummels „Das Waldhorn“ ist eine Hommage an das Instrument, darin kommt der wunderbar warme, harmonische Klang hervorragend zur Entfaltung. Ein großer Hörgenuss sind auch Werke von Spätromantikern, die sich von Weber und dem „Freischütz“ inspirieren ließen. So Richard Wagner, dessen Liebesszene aus der Oper „Lohengrin“, als der Held und Elsa erstmals ganz allein sind, die Musiker sehr feierlich und emotional nuancenreich darbieten.

Zum krönenden Abschluss präsentiert German Hornsound Wagners kaum bekanntes „Albumblatt für Betty Schott“, worin er Zitate aus mehreren seiner Opern verarbeitet, typisch dramatisch und schwelgerisch mit charakteristischen harmonischen Wendungen und Figurationen. Viel Vergnügen macht der von Stephan Schottstädt kreierte „Supermix“ aus bekannten Werken und Melodien, darin sind unter anderem Zitate aus Webers „Freischütz“-Ouvertüre, der Matrosenchor aus Wagners „Fliegendem Holländer“ und Beethovens „Ode an die Freude“ zu hören.

Mit tosendem Applaus danken die begeisterten Zuhörer den vier Musikern für das herrliche Konzerterlebnis.

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Erstellt:
5. Oktober 2021, 06:00 Uhr

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