Steuerhinterziehung durch Influencer
So funktioniert die Dubai-Masche
Die Steuerfahndung in NRW ermittelt gegen Influencer wegen mutmaßlichem Steuerbetrug. Im Fokus steht auch die Dubai-Masche.

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Viele Influencer wandern nach Dubai aus.
Von Lukas Böhl
Die Steuerfahndung des Landesamts zur Bekämpfung der Finanzkriminalität in Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) hat ein Datenpaket mit 6000 Social-Media-Datensätzen analysiert – mit einem mutmaßlichen Steuerschaden von rund 300 Millionen Euro. Im Visier stehen professionelle Influencer aus NRW, die ihre Einnahmen aus Werbung, Abos und Produktverkäufen am deutschen Fiskus vorbeischleusen. Laut LBF-Leiterin Stephanie Thien geht es hier nicht um Überforderung, sondern um gezielte Steuerhinterziehung mit Vorsatz.
Steuerflucht durch Umzug ins Ausland?
Zentraler Bestandteil vieler Fälle ist ein angeblicher Wohnsitzwechsel in die Vereinigten Arabischen Emirate oder andere Niedrigsteuerländer. Die sogenannte Dubai-Masche läuft nach einem bekannten Muster:
- Abmeldung in Deutschland, Anmeldung in Dubai (oder andernorts), wo keine Einkommensteuer erhoben wird.
- Weiterhin werden jedoch Umsätze mit deutscher Zielgruppe generiert – durch Werbedeals, Online-Shops, Social-Media-Content.
- Oft keine deutsche Steuernummer, obwohl die monatlichen Einnahmen bei mehreren zehntausend Euro liegen.
- Temporäre Werbung in Stories verschwindet nach 24 Stunden, was die Beweisführung erschwert.
- Gesponserte Reisen, Luxusartikel und andere geldwerte Vorteile werden häufig nicht angegeben.
Stephanie Thien betont: „Es ist keine Seltenheit, dass eine Influencerin oder ein Influencer pro Monat mehrere zehntausend Euro verdient, aber nicht einmal eine Steuernummer hat.“
Rechtliche Aspekte und Risiken
Die Strategie ist riskant, denn das deutsche Steuerrecht knüpft die Steuerpflicht nicht allein an den offiziellen Wohnsitz. Wer in Deutschland weiterhin wesentliche „wirtschaftliche Interessen“ verfolgt – also zum Beispiel Geschäftstätigkeit fortführt, Immobilien besitzt oder relevante Einnahmen erzielt –, kann trotz Umzugs weiterhin in Deutschland steuerpflichtig bleiben. Die unbeschränkte Steuerpflicht besteht in der Regel weiter, wenn sich der Lebensmittelpunkt faktisch im Inland befindet oder bedeutende Vermögenswerte und Geschäftsbeziehungen in Deutschland bestehen. Wer offiziell keinen Wohnsitz mehr in Deutschland hat, aber weiterhin inländische Einkünfte (z. B. durch deutsche Immobilien, Bankzinsen, GmbH-Beteiligungen oder Werbeverträge mit deutschen Unternehmen) erzielt, fällt möglicherweise unter die beschränkte Steuerpflicht. Influencern drohen im Falle eines Nachweises von Steuerhinterziehung hohe Nachzahlungen, Strafverfahren und – je nach Ausmaß – sogar Gefängnisstrafen.
Ermittlungen mit neuen Methoden
Die Spezialisten des LBF NRW arbeiten mit digitalen Auswertungen, um auch kurzlebige Inhalte und Zahlungen nachzuvollziehen. Dabei sind sie nach eigenen Angaben mittlerweile Vorreiter: Andere Bundesländer übernehmen inzwischen die Methoden aus NRW. Die Ermittlungen erfolgen ohne festen Arbeitsort der Influencer – Wohnsitzmeldungen nach Dubai werden durch Social-Media-Analysen konterkariert, mit dem Ziel, den tatsächlichen Aufenthalt in NRW zu belegen. Aktuell führt das Influencer-Team rund 200 Verfahren, die Fälle aus dem aktuellen Datensatz noch nicht eingerechnet. Bei vielen geht es um Beträge im hohen fünfstelligen Bereich – in Einzelfällen um Millionen.