Sportliche Entwicklung hat nicht gepasst

Die Zusammenarbeit zwischen der abstiegsbedrohten SG Sonnenhof Großaspach und Trainer Hans-Jürgen Boysen ist beendet. Der Fußball-Regionalligist hat die Reißleine gezogen und sich vom 63-Jährigen getrennt. Wer die Nachfolge übernimmt, ist offen.

Hans-Jürgen Boysen blickt in seiner einjährigen Amtszeit als SG-Trainer auf 14 Siege, 8 Unentschieden und 20 Niederlagen. Foto: A. Becher

© Alexander Becher

Hans-Jürgen Boysen blickt in seiner einjährigen Amtszeit als SG-Trainer auf 14 Siege, 8 Unentschieden und 20 Niederlagen. Foto: A. Becher

Von Heiko Schmidt

Der SG Sonnenhof Großaspach droht der zweite Abstieg hintereinander. Nach dem Gang von der Dritten Liga in die Regionalliga im vergangenen Sommer steht der selbsternannte Dorfklub nun vor dem Absturz in die Fünftklassigkeit. Lediglich einen Platz und einen Punkt sind die Großaspacher vom Abstieg in die Oberliga entfernt. Deshalb waren die Hoffnungen groß, im Kampf um den Klassenverbleib mit den beiden vergangenen Heimspielen gegen unmittelbare Konkurrenten die Wende zu schaffen. Lediglich ein Zähler sprang dabei heraus – 3:3 gegen die TSG Hoffenheim II und 0:2 gegen die TuS Rot-Weiß Koblenz. Das hat das Fass zum Überlaufen gebracht.

„Wir hatten uns in beiden Heimspielen viel vorgenommen und wollten unbedingt sechs Punkte holen“, macht Großaspachs Sportchef Joannis Koukoutrigas noch einmal klar. Ihn wurmt besonders die Heimpleite gegen Koblenz. „Die Mannschaftsleistung war beschämend, einfach ohne Worte.“ Deshalb war für Koukoutrigas klar: „Wir können nicht einfach zur Tagesordnung übergehen.“ Das bedeutete: „Wir werden das Spiel genau analysieren und mit allen Beteiligten die Gespräche führen.“ Der Sportchef betonte dabei: „Der Trainer steht nicht auf dem Platz, die Spieler sind genauso in der Pflicht.“ Doch am Ende gab es eine Entscheidung, die zu vermuten war: Die SG trennte sich mit sofortiger Wirkung von Trainer Hans-Jürgen Boysen. Als Gründe hierfür werden von Vereinsseite die sportlich negative Entwicklung über die vergangenen Monate sowie die Tabellenposition in der Regionalliga genannt.

Dabei hatte es Boysen bei seiner einjährigen Amtszeit in Großaspach nicht einfach. Am 26. Februar 2020 übernahm der heute 63-Jährige den Trainerposten, als sich die SG in der Dritten Liga in argen Abstiegsnöten befand. „Hans-Jürgen Boysen hat den Verein vor einem Jahr in einer sehr schwierigen Situation in der Dritten Liga übernommen und seine ganze Kraft und Energie in diese Aufgabe investiert“, sagt Sportdirektor Koukoutrigas. Doch am Ende reichte es nicht zum erhofften Ligaverbleib. Nach sechs Jahren in der Dritten Liga mit vielen sportlichen Highlights gab es den ersten Abstieg in der Vereinsgeschichte der SG.

Das Ziel in der Saison 2020/2021 bestand für den erfahrenen Boysen darin, eine Mannschaft zu formen, die auf jeden Fall nichts mit dem Abstieg zu tun haben sollte. Das gelang aber nicht. „Wir hatten immer wieder zu große Schwankungen und konnten nicht das gleiche Niveau halten“, blickt Boysen zurück. Er schiebt nach: „Wir sind in einer sportlichen Situation, die wir uns alle nicht vorgestellt haben.“ Boysen macht aber auch klar: „Ich hätte mich jedoch im Stande gesehen, mit der Mannschaft den Klassenerhalt schaffen zu können.“ Dazu kommt es aber nun nicht mehr, denn der Verein hat sich vom 63-Jährigen, der in seinen 42 Punktspielen als SG-Coach auf 14 Siege, 8 Unentschieden und 20 Niederlagen kam, mit sofortiger Wirkung getrennt.

„Wir müssen festhalten, dass die sportliche Entwicklung der Mannschaft und die daraus resultierende aktuelle Tabellenposition in der laufenden Saison nicht unseren Vorstellungen entsprechen und wir uns in einer sportlich ernsten Situation befinden. Aus diesem Grund und mit Blick auf die Zukunft haben wir gemeinsam entschieden, eine Neuausrichtung auf der Trainerposition vorzunehmen“, erklärt Sportchef Koukoutrigas. Die Entscheidung fiel vor der gestrigen Übungseinheit des Teams. „Ich habe mich dann vor dem Training von der Mannschaft verabschiedet“, sagt Boysen. Er ist „enttäuscht, die Erwartungen des Vereins nicht erfüllt zu haben. Die Entscheidung des Vereins gilt es zu respektieren.“

Ohne Hans-Jürgen Boysen wollen die Großaspacher nun den Karren aus dem Dreck ziehen. Viel Zeit bleibt nicht, denn schon am morgigen Samstag steht das nächste wichtige Spiel in der Regionalliga auf dem Programm. Um 14 Uhr muss der Tabellensechzehnte beim Zehnten TSG Balingen ran. Und die kommenden Aufgaben werden nicht einfacher. Somit sollte die SG schnell einen neuen Trainer präsentieren. Doch bislang ist keiner in Sicht. In der Pressemitteilung des Vereins heißt es lediglich dazu: „Über einen Nachfolger wird die SG Sonnenhof Großaspach zeitnah informieren.“ Das lässt Spekulationen offen. Zuletzt gesehen wurden im Fautenhau zwei Ex-Großaspacher Trainer: Rüdiger Rehm (momentan beim Drittligisten SV Wehen Wiesbaden sicher im Sattel) und Uwe Rapolder (derzeit ohne Verein).

Kommentar
Erfolglos auf Erfahrung gesetzt

Von Steffen Grün

Es war ein Abwägungsprozess. Als die Macher der SG Sonnenhof Großaspach im Juni 2020 vor der Frage standen, ob sie die neue Saison mit Hans-Jürgen Boysen oder doch lieber mit Markus Lang auf der Trainerbank angehen wollen, entschieden sie sich für die vermeintlich sicherere Variante. Der Drittliga-Abstieg war zu diesem Zeitpunkt zwar nur noch theoretisch zu verhindern, aber Boysen hatte das Team nach seiner Amtsübernahme mit seiner immensen Erfahrung immerhin stabilisiert und damit Argumente für seinen Verbleib geliefert.

Rückblickend wäre es richtig gewesen, dem 63-Jährigen in diesem Moment für seine fraglos gute Arbeit zu danken und ihm trotzdem mitzuteilen, dass sich die Wege wieder trennen. Stand mit Lang doch einer aus dem eigenen Stall parat, der als Interimscoach schon dreimal gezeigt hatte, dass er für frischen Wind sorgen kann. Zur Dauerlösung fehlte dem 44-Jährigen in der Dritten Liga die nötige Lizenz, in der Regionalliga wäre das kein Problem gewesen. Die Wahl fiel trotzdem auf Boysen, aber acht Monate später ist für ihn Schluss.

Die Trennung jetzt ist logisch. Zum einen, weil es Boysen nicht geschafft hat, die runderneuerte Truppe dauerhaft auf Kurs zu bringen und spätestens das 0:2 gegen Koblenz offenbarte, dass tatsächlich der nächste Abstieg droht. Zum anderen, weil etwa der Rücktritt des zur Teilzeitkraft degradierten Kapitäns Julian Leist gezeigt hat, dass es zwischen dem Trainer und zumindest Teilen des Teams nicht mehr richtig stimmt. Das Problem: Lang – enttäuscht darüber, im vergangenen Sommer übergangen worden zu sein – hat die SG mittlerweile verlassen und steht beim Oberligisten Bissingen unter Vertrag. Sportchef Joannis Koukoutrigas muss also eine andere Lösung aus dem Hut zaubern. Auf ihm lastet großer Druck, denn wenn der nächste Schuss nicht sitzt, ist das Ergebnis der Absturz in die Oberliga. Dort spielte der Verein letztmals vor zwölf Jahren.

s.gruen@bkz.de

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Erstellt:
26. Februar 2021, 06:00 Uhr

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