Stadtwerke rüsten sich für den Ernstfall
Die Zielvorgabe dieser Tage ist klar: Möglichst Gas einsparen und nach Alternativen in der Energieversorgung suchen. Auch die Murrhardter Stadtwerke haben geprüft, was es an Möglichkeiten für ihre Heizwerke gibt. Sie setzen nun vor allem aus technischen Gründen auf Heizöl.

© Jörg Fiedler
Die Stadtwerke Murrhardt werden ihre Heizwerke umrüsten, um auf Ausfallszenarien vorbereitet zu sein. Foto: Jörg Fiedler
Von Christine Schick
Murrhardt. Fünf Heizwerke produzieren in Murrhardt Wärme und versorgen private Haushalte und Abnehmer, aber auch Schulen und städtische Einrichtungen. Zwar werden die Anlagen durchschnittlich zu 65 Prozent mit Holzhackschnitzeln betrieben, allerdings beträgt der Anteil von Erdgas immerhin noch 32 Prozent, wobei hier die Blockheizkraftwerke mit der Hälfte ins Gewicht fallen. Die restlichen drei Prozent werden mit Heizöl abgedeckt.
Als sich im Mai und Juni abzeichnete, dass Gas ein äußerst knappes Gut werden könnte, haben sich die Stadtwerke darangemacht, die Situation in den Heizwerken zu prüfen, nach Alternativen zu suchen und auch Szenarien eines Ausfalls der Gasversorgung sowie der Holzheizung bei technischen Problemen durchzuspielen. Die Ergebnisse und Maßnahmen, die sich daraus ergeben, wurden nun im Werksausschuss vorgestellt und beraten.
Zunächst sei es darum gegangen, zu überprüfen, inwieweit ein unterstützender Betrieb der Anlagen mit Flüssigerdgas eine Option ist, erläuterte Stadtwerkegeschäftsführer Rainer Braulik. Das lässt sich ziemlich schlicht mit „keine“ beantworten. Hintergrund ist, dass für die Brenner dazu Verdampferanlagen nötig sind, die sich aber vor dem Sommer 2023 nicht beschaffen lassen. Erschwerend kommt hinzu, dass die angefragten Anbieter von Flüssigerdgas eine Lieferung mit einer vertraglichen Verpflichtung verbinden, mindestens fünf Jahre lang die gewünschte Menge abzunehmen. Für Braulik keine gute Option, da es bedeuten würde, auf eine nicht mehr zukunftsfähige Energie setzen zu müssen.
Ein Ausweichen auf Heizöl istim Werk in der Weststadt nicht möglich
Um eine Mangellage aber kurzfristig trotzdem überbrücken zu können, wurden weitere Alternativen untersucht, unter ihnen hat sich Heizöl als die praktikabelste und am schnellsten umsetzbare herauskristallisiert. Für den Stadtwerkegeschäftsführer bedeutet sie, in den nächsten zwei bis drei Jahren aus wirtschaftlichen oder technischen Gründen reagieren zu können – auch bei einem Totalausfall von Gas.
Allerdings ist das Ausweichen auf Heizöl nicht in allen Heizwerken möglich, die sich in ihren technischen Anlagen unterscheiden. Als Sorgenkind bei einem kritischen Szenario ließe sich das Werk in der Weststadt bezeichnen. Dort gibt es neben der Holzheizung zwei Erdgaskessel und ein Gasblockheizkraftwerk, bei denen ein Umbau zur Nutzung von Heizöl nicht möglich ist (auch nicht in Bezug auf Flüssigerdgas). Um andere Brennstoffe einsetzen zu können, müssten die Kessel erneuert werden – dies ist in kurzer Zeit aus Sicht der Stadtwerke wirtschaftlich und technisch nicht möglich. Bei einem kompletten Gasausfall ist der Betrieb über Hackschnitzel aber immerhin mit 75 Prozent abgedeckt.
Auch beim Heizwerk in der Walterichschule lässt sich der Gaskessel nicht auf einen Ölbetrieb umstellen, für die Gasblockheizkraftwerke der Anlage sehen die Stadtwerke ebenso keine Option. Allerdings kann bei einem Gasausfall Wärme über das Netz und das Heizwerk in der Fritz-Schweizer-Straße zur Verfügung gestellt werden, sodass eine Abdeckung zu 90 Prozent möglich wäre.
Bei den weiteren drei Heizwerken schlagen die Stadtwerke vor, die Anlagen so technisch auszustatten und umzurüsten, dass sich kurzfristig auf Heizöl als Alternative ausweichen beziehungsweise es sich zur Versorgung hinzunehmen lässt. In Fornsbachs Brunnen II läuft der Betrieb neben Holz sowieso schon mit Heizöl. Er ist also bei einem Gasausfall zu 100 Prozent gesichert. Dort soll ein Ölbrenner neu beschafft werden, sodass der Öl-Gas-Kombibrenner an das Heizwerk in der Fritz-Schweizer-Straße weitergereicht und dort eingebaut werden kann. Zudem braucht es aber noch eine Öltankanlage für 9000 Liter, die Leitung kann das Stadtwerketeam selbst verlegen. Ähnlich sieht es beim Heizwerk am Heinrich-von-Zügel-Gymnasium aus. Dort soll ein gebrauchter Öl-Gas-Kombibrenner aus einem stillgelegten Heizwerk eines Wohngebäudekomplexes in der Weststadt eingebaut werden und seine Dienste tun. Dafür wollen die Stadtwerke einen Öltank für 4500 Liter anschaffen und die Leitungsverlegung übernehmen. Dort rechnen sie bei einem Wegfall der Gasversorgung mit einer etwa 80-prozentigen Betriebsleistung.
Die Investitionskosten für die Umrüstungen liegen bei 40000 Euro
Für diese technischen Ergänzungen rechnen die Stadtwerke mit Investitionen von rund 40000 Euro. Für Bürgermeister Armin Mößner ein Betrag, der gerechtfertigt ist, um Versorgungssicherheit zu erreichen. „Das sollte es uns wert sein“, sagte er. Die Fraktionsmitglieder des Werksausschusses signalisierten Zustimmung. Andreas Winkle (CDU/FWV) unterstrich die städtische Verantwortung beispielsweise auch mit Blick auf Senioreneinrichtungen. Bei den Vorschlägen zur Umrüstung könne er mitgehen. Allerdings plädierte er auch dafür, darüber hinaus zu denken, da das Gas aller Voraussicht nach nicht billiger werde. Ideal sei für ihn, wenn die Heizwerke in der Fritz-Schweizer-Straße, an der Walterichschule und in der Weststadt verbunden werden könnten. In diesem Zusammenhang erkundigte sich nach einer Schätzung mit Blick auf die Investitionskosten. Für Mößner liegen die allerdings bei zwei bis drei Millionen Euro und sind insofern kaum zu stemmen.
„Uns bleibt im Moment gar nichts anderes übrig, als das so umzusetzen, aber die Weststadt macht mir wirklich Sorgen“, sagte Edgar Schäf (SPD) angesichts der Tatsache, dass es dort für das Heizwerk keine wirkliche Alternative, aber relativ viel Abnehmer gebe. Mit Blick aufs Gymnasium stellte er als Frage in den Raum, ob man nicht gleich mit neuer Technik eine bessere Situation schaffen solle. Doch die Beschaffung wird als schwierig eingeschätzt, hinzu kommt eine nötige Absprache mit der Firma Siemens, die die Anlage im Zuge eines Contractings mit aufgebaut hat. Markus Blank (UL) erkundigte sich nach der Platzierung der Heizöltanks. Sie sollen außerhalb der Gebäude entsprechend abgesichert aufgestellt werden. Gerd Linke (MDAL/Die Grünen) plädierte bei allem Verständnis für die kurzfristigen Maßnahmen, die längerfristige Zukunftsplanung und ein Konzept für die Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen nicht aus den Augen zu verlieren. Der Werksausschuss stimmte geschlossen für die Umrüstungsmaßnahmen.
Versorgungsgrad Die Stadtwerke haben neben dem kompletten Gasausfall auch überlegt, wie sich die Lage bei einem kurzfristigen Ausfall der Holzheizungen verändern würde. Im Heizwerk Brunnen II gibt es keine Probleme (100 Prozent). Die Heizwerke Fritz-Schweizer-Straße und Walterichschule sind im Verbund zu sehen. Bei einem Gasausfall ist ein 90-prozentiger, bei Ausfall der Holzheizung ein etwa 45-prozentiger Betrieb möglich. Beim Heizwerk des Gymnasiums liegt das Verhältnis bei einer 80- beziehungsweise 50-Prozent-Versorgung. In der Weststadt schafft die Holzheizung ohne Gas eine Abdeckung von etwa 75 Prozent. Ein Notbetrieb bei Ausfall der Holzheizung wird als schwierig beurteilt, sollte es zu einem kompletten Gasausfall kommen, weil dann viele auf Alternativen wie einen Wärmecontainer zugreifen wollen würden.
Prozentzahlen Was die Angaben in Prozent anbelangt, sagte Rainer Braulik, dass ein Betrieb beispielsweise zu 50 Prozent nicht bedeute, dass die Hälfte der Anschlussnehmer nicht mehr versorgt sei, allerdings auch nicht mehr die volle Wärmeleistung über das ganze Netz zur Verfügung stehe. Das sei für die Anschlüsse stärker spürbar, die weiter entfernt liegen.