Entlastung für Verbraucher
Stromsteuer-Debatte: So viel Streit für eine Kugel Eis?
Die Koalition versprach die Stromkosten zu senken, machte aber einen Rückzieher. Die Aufregung darum ist übertrieben, meint Hauptstadtkorrespondent Tobias Heimbach.

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Die Koalition von Kanzler Merz sucht nach Wegen, doch noch die Stromsteuersenkung zu finanzieren.
Von Tobias Heimbach
In dieser Woche rollt die erste Hitzewelle des Sommers über Deutschland, mancherorts werden Temperaturen von fast 40 Grad erwartet. Schon etwas früher scheint diese Hitzewelle die Politik erreicht zu haben. Denn diese diskutiert seit einigen Tagen über Entlastungen für die Bürger bei der Stromsteuer. Und diese Debatte kann man durchaus mit einem Wort beschreiben: überhitzt.
Worum geht es? Die Koalition aus Union und SPD hat versprochen, Verbraucher bei den Energiepreisen zu entlasten. Dazu sollte die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß abgesenkt werden, so ist im Koalitionsvertrag zu lesen – und zwar als „Sofortmaßnahme“. Doch nachdem die Bundesregierung ihren ersten Haushalt vorgestellt hat, wurde deutlich: Daraus wird nichts.
Entlastung reicht vielerorts nicht einmal für eine Kugel Eis
Das ist erst einmal enttäuschend für viele Menschen. Hätte die Koalition die Pläne wie versprochen umgesetzt, hätte eine vierköpfige Familie rund 93 Euro im Jahr, etwa 7,75 Euro im Monat, mehr im Portemonnaie gehabt. Das ist schade und zweifellos hat der Volksmund recht: Wer den Pfennig nicht ehrt, ist den Taler nicht wert.
Allerdings ist fraglich, wie stark die Bürger die Entlastung bei der Stromsteuer wirklich gespürt hätten. Weniger als acht Euro pro Monat – vielerorts reicht das nicht einmal für eine Kugel Eis für jedes Mitglied dieser vierköpfigen Familie.
Man muss auch sagen, dass es derzeit viele Bereiche gibt, die Verbraucher mit Preissteigerungen belasten, doch der Strompreis gehört nicht unbedingt dazu. Wer heute einen neuen Stromvertrag abschließt – regelmäßig vergleichen kann sich lohnen – der zahlt im Schnitt etwa 27 Cent pro Kilowattstunde. Das ist zwar immer noch mehr als in vielen anderen Ländern Europas, aber weniger als vor Beginn des russischen Angriffskriegs auf die gesamte Ukraine. Außerdem hat die Bundesregierung Entlastungen bei den Energiepreisen an anderer Stelle beschlossen.
Auch wenn die Debatte in der Sache etwas weniger dramatisch ist, bleibt die Debatte ein Problem für die gesamte Bundesregierung – vor allem aber für die Union.
Denn auch wenn es um eine recht geringe Entlastung geht, wurde hier ein Versprechen nicht eingehalten. Das schadet der Glaubwürdigkeit. Und bei diesem Thema steht insbesondere die Union bei ihren Wählern noch immer tief im Dispo. Vor dem Wahltermin präsentierte man sich als Bewahrer der Schuldenbremse, nur um nach der Wahl zügig die Voraussetzung für Rekordkredite und ein neues Sondervermögen zu schaffen. Die Entscheidungen waren sachpolitisch geboten, eine Enttäuschung für viele Wähler waren sie trotzdem. Ähnlich ist es beim Thema Strompreis: In fast jeder Wahlkampfrede der Union tauchte die Senkung der Stromsteuer auf. Nun kommt sie erst einmal nicht. Auch die Minister von CDU und CSU haben dem zugestimmt.
Doch statt zu der gemeinsamen Entscheidung der Bundesregierung zu stehen, hat die Kritik daran führende Unionspolitiker offenbar aufgeschreckt. Einige machten in der Folge fixe Vorschläge, wie man die Stromsteuer doch noch senken könnte.
Nun ist zu hören, dass die Koalition noch einmal darüber beraten will, ob sich im Haushalt nicht doch noch Spielräume für die Steuersenkung finden lassen. Nichts spricht dagegen, dass man die Ausgaben noch einmal unter die Lupe nimmt. Nur sollte man mit seriös durchgerechneten Vorschlägen machen und nicht mit pauschalen Schlagworten, wie es etwa CSU-Chef Markus Söder getan hat.
Man darf in dieser Woche allen Beteiligten ein Eis zur Abkühlung empfehlen, gegen das Wetter – und überhitzte Debatten.