European League of Football
Stuttgart Surge nach einem Football-Krimi auf dem Gipfel
Stuttgart Surge ist erstmals Champion der European League of Football. Das an Spannung kaum zu überbietende Finale in der MHP-Arena gewann das Team 24:17 gegen die Vienna Vikings.

© Pressefoto Baumann/Julia Rahn
Louis Geyer machte ein starkes Spiel für Stuttgart Surge und holte erstmals den Titel der ELF.
Von Dirk Preiß
Das war nichts für schwache Nerven. Vier Sekunden waren noch zu spielen, die Vienna Vikings hatten noch eine letzte Möglichkeit, auszugleichen. Die Österreicher passten einmal, zweimal, ein drittes Mal – dann aber war der Ball verloren. Und Stuttgart Surge erstmals Champion in der European League of Football (ELF).
Als der Sieg in einem extrem spannenden Endspiel feststand, rannten die schnellen und schweren Jungs wie von Sinnen über den Rasen der MHP-Arena – und konnten kaum fassen, dass sie es wirklich geschafft hatten: das Finale zu Hause zu gewinnen.
2023 waren sie im Endspiel noch an Rhein Fire gescheitert. So wie 2024 im Halbfinale. Nun aber vollendeten sie eine Geschichte, die sie nach dem bitteren und sieglosen Jahr 2022 begonnen hatten zu schreiben. Da übernahm Jordan Neuman das Amt des Cheftrainers, formte um den Quarterback Reilly Hennessey ein europäisches Topteam – das nun auf dem Gipfel angekommen ist. „Das ist“, sagte der Stuttgarter Ben Wenzler, „der schönste Tag in meinem Leben.“ Und Louis Geyer, der zum wertvollsten Spieler des Endspiel gewählt wurde, ergänzte: „Es ist unglaublich, der perfekte Tag.“
Dabei erwischten die Footballer von Stuttgart Surge alles andere als einen Start nach Maß in dieses große Finale. Yannick Mayr, der Ex-Stuttgarter verschaffte den Vikings mit einen Lauf über das halbe Spielfeld gleich eine gute Position für die ersten Spielzüge. Surge bekam danach noch eine Strafe aufgebrummt, nach etwas mehr als vier Minuten lagen die Gastgeber dann auch zurück.
Ben Holmes, der Quarterback, fand Reece Horn, Dennis Tasic holte per Kick den Zusatzpunkt. Danach leistete sich Surge-Spielmacher Reilly Hennessey eine Interception, Defensivspieler Simon Butsch musste verletzt vom Feld, und durch ein Field Goal der Wiener betrug der Rückstand zehn Punkte.
Wollten die Stuttgarter zu viel? Viel Zeit für die Suche nach Gründen blieb nach etwas mehr als zehn Minuten dieses Endspiels nicht. Aber immerhin fand die Surge etwas besser ins Spiel. Hennessey warf einen Touchdown-Pass auf Louis Geyer, Timo Bronn verwandelte für den Extra-Punkt – und die Stuttgarter waren wieder dran. Allerdings: Das zweite Viertel verlief ähnlich.
Die Stuttgarter Defensive, für viele die beste der ELF, setzte Vikings-Quarterback Ben Holmes zwar stark unter Druck und brachte ihn auch wieder und wieder zu Fall, dennoch konnten sich die Wiener absetzen. Der starke Karri Pajarinen und erneut Dennis Tasic stellten auf 17:7. Doch Stuttgart Surge bewies noch einmal Comeback-Qualitäten.
Kurz vor Ende des zweiten Viertels funktionierte erneut das Zusammenspiel von Quarterback Hennessey und Wide Receiver Geyer. Dazu kam der Extrapunkt von Timo Bronn – weshalb nach den ersten 30 Minuten das Beste am Surge-Auftritt das immer noch knappe Ergebnis war. „Es war wichtig, dass wir vor der Pause noch einmal gepunktet haben“, sagte Kicker Timo Bronn, „die Stimmung in der Kabine war positiv.“
In der Pause heizten „Die Fantastischen Vier“ bei der ersten Halbzeitshow der ELF-Geschichte den 36 784 Zuschauern in der MHP-Arena ein. Es war der erste Auftritt im Stuttgarter Stadion der Band – und der schien auch die Surge-Spieler zu beflügeln. Tomiwa Oweyo machte gleich jede Menge Yards, nach einem Field Goal von Timo Bronn stand es 17:17 – und alle, die ein enges Finale vorhergesagt hatten, durften sich bestätigt fühlen. Weil Mitch Fettig noch einen Pass der Vikings in die Endzone fing, ging es dann auch mit Gleichstand ins letzte Viertel.
Die Stuttgarter kamen gut in den entscheidenden Spielabschnitt, aber beim Touchdown-Versuch leistete sich der Surge-Quarterback eine Interception. Immerhin holten sich die Gastgeber den Ballbesitz zurück. „Die Defensive hat uns heute gerettet“, sagte Bronn. Und Hennessey, der das letzte Spiel seiner Karriere bestritt, machte seinen Fehler gleich wieder gut. Er erlief wichtigen Raumgewinn, dann passte er – mal wieder – auf Louis Geyer. Der – mal wieder – den Ball zu seinem dritten Touchdown fing. Rund acht Minuten vor dem Ende führte Surge (nach Extrapunkt von Bronn) 24:17.
Die Entscheidung? Nicht in diesem Krimi. Die Vikings kamen der Stuttgarter Endzone noch einmal bedrohlich nahe. 51 Sekunden vor Schluss sie nochmals am Zug, schafften es aber nicht, dem Finale noch eine Wendung zu geben. Kurz danach regnete es Papierfahnen, der Headcoach Jordan Neuman stemmte die ELF-Trophäe in die Höhe – und meinte: „Ich bin so stolz auf dieses Team.“