Migration weißer Farmer

Südafrika vs USA – die neue Eskalation

Seit Monaten attackieren die USA Südafrika – vermeintlich wegen deren Minderheitenpolitik. Steckt Rassismus dahinter? Jetzt hat Pretoria reagiert.

Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa scheut den Konflikt nicht.

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Südafrikas Präsident Cyril Ramaphosa scheut den Konflikt nicht.

Von Christian Putsch

Den deutlichsten Widerspruch erhielt US-Präsident Donald Trump ausgerechnet von einigen jener Menschen, deren Rettung er sich zur Aufgabe gemacht hat. Ende Oktober veröffentlichten 45 namhafte weiße Südafrikaner, allesamt Nachkommen der Buren-Siedler, einen offenen Brief. Darin wiesen sie Trumps statistisch unhaltbare Darstellung zurück, ihre Volksgruppe sei Opfer eines Genozids. „Nicht in unserem Namen“, schrieben die Akademiker, Kirchenvertreter und Journalisten. Es sei ein Narrativ, das „rassistische Weltanschauungen bediene, die Weiße über andere erheben“.

Das vermochte die peinliche Fehde zwischen den beiden Ländern freilich nicht beizulegen. Im Gegenteil: Am Dienstag nahmen südafrikanische Polizisten eine Razzia in einer von den USA genutzten Flüchtlingseinrichtung in Johannesburg vor, in der Anträge weißer Buren für eine Umsiedlung in die Vereinigten Staaten bearbeitet werden. Washington reagierte empört. Das Außenministerium verlangte „sofortige Aufklärung“ und sprach von einer „inakzeptablen Einmischung“.

Weiße Farmer distanzieren sich von Trump

Pretoria wies die Vorwürfe umgehend zurück. Es habe sich um eine routinemäßige, rechtmäßige Aktion gegen Visa-Missbrauch gehandelt. US-Mitarbeiter seien zwar kurzzeitig befragt worden. Die Maßnahme habe sich jedoch gegen sieben Kenianer gerichtet, die laut Innenministerium mit Touristenvisa illegal dort gearbeitet haben sollen.

Doch der Vorfall dürfte die Beziehungen trotzdem zusätzlich belasten. Denn das US-Flüchtlingsprogramm für weiße Südafrikaner ist eines der außenpolitisch aufgeladensten Projekte der Trump-Amtszeit. Der Präsident hat die jährliche Obergrenze für Flüchtlinge in diesem Jahr auf historisch niedrige 7500 Plätze gesenkt (2024 lag die Grenze bei 125 000) – und einen Großteil davon explizit Buren zugewiesen, die „eine persönliche Erfahrung von Verfolgung oder Angst vor zukünftiger Verfolgung aufgrund von Rasse“ und anderer Faktoren „artikulieren“ können. So ist es in den Informationen der US-Botschaft in Pretoria formuliert.

Überfälle? Gab es nicht, sagt der Farmer

Interessanterweise kommt das Wort Genozid in den Erläuterungen der Botschaft nicht vor. auch wird das Wort „Nachweis“ vermieden. Wie lax die Überprüfungen in der Praxis offenbar sind, zeigt sich am Fall einer Farmbesitzerin, die im Mai zu den ersten Flüchtlingen gehörte, die in den USA ankamen. In Podcasts schilderte sie dramatische Farmüberfälle, sprach von vier Angriffen in zwei Jahren. Kürzlich meldete sich ihr Ehemann öffentlich zu Wort, den sie in Südafrika offenbar zurückgelassen hat, und erklärte, es habe keinen dieser Überfälle gegeben.

Komplexer wird das Bild bei der staatlichen Ausgleichspolitik, die massive Ungerechtigkeiten aus der Apartheidzeit korrigieren soll, indem bei Jobs und Beförderungen Menschen aus früher benachteiligten Gruppen stärker berücksichtigt werden. Die Wirksamkeit dieser Gesetze beschränkt sich im Wesentlichen auf die Bereicherung einer kleinen Minderheit der schwarzen Bevölkerung, sie sind zunehmend ungerecht gegenüber Weißen. Aber die von Trump monierten entschädigungslosen Enteignungen brachliegenden Agrarlands, die in Südafrika seit Januar rechtlich erleichtert wurden, gab es bislang nicht – wenngleich derzeit ein Fall in Johannesburg vor Gericht verhandelt wird.

In dieser Gemengelage finden in diesen Tagen übrigens die ersten Sherpa-Treffen zum G20-Gipfel statt, der im kommenden Jahr in den USA geplant ist. Dafür wurde das Gründungsmitglied Südafrika von Trump bekanntlich ausgeschlossen. Eine Entscheidung, die, mit Ausnahme Deutschlands, erstaunlich wenig Kritik von den eingeladenen Ländern hervorrief.

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Erstellt:
17. Dezember 2025, 16:00 Uhr

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