Neue Regeln
Tiefschlag für Hinterbliebene – darum wird die Witwenrente gekürzt
Das wohlhabende Deutschland zeigt sich schäbig: Über 750.000 Frauen verlieren im Schnitt 208 Euro monatlich. Wer betroffen ist und welche Maßnahmen jetzt helfen können.

© Annette Riedl/dpa
Reicht die Witwenrente nach dem Tod des Partners zum Leben?
Von Michael Maier
Weitere Neuigkeiten bei Grundsicherung und Altersversorgung: Das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel hat ein einschneidendes Urteil zur Witwenrente gefällt: Steuerliche Verlustrück- und -vorträge dürfen bei der Berechnung des anrechenbaren Einkommens nicht berücksichtigt werden. Das Gericht betont die klare Trennung zwischen Steuer- und Rentenrecht. Die Witwenrente diene als aktueller Unterhaltsersatz, weshalb nur das tatsächlich im jeweiligen Monat erzielte Einkommen relevant sei.
Gleichzeitig läuft Ende 2025 eine wichtige Übergangsregelung aus, die bisher verhinderte, dass bestimmte Rentenaufschläge als Einkommen angerechnet werden. Besonders betroffen sind Frauen, die neben der Witwenrente eine Erwerbsminderungsrente beziehen.
Witwen für Erwerbsminderungsrente bestraft
Seit Juli 2024 erhalten etwa drei Millionen Menschen einen Aufschlag auf ihre Erwerbsminderungsrente. Ab Dezember 2025 wird dieser Aufschlag jedoch als Einkommen gewertet und mindert damit die Witwenrente. Nach Daten der Rentenversicherung beziehen rund 5,5 bis 6 Millionen Menschen eine Hinterbliebenenrente. Über 750.000 Frauen verlieren durch die Einkommensanrechnung bereits jetzt durchschnittlich 208 Euro monatlich – rund 2.500 Euro pro Jahr.
Immer weniger Witwenrente in Deutschland
Die Zahlen zeigen eine deutliche Tendenz: Ohne Einkommensanrechnung liegt die Witwenrente im Mittel bei etwa 738 Euro monatlich. Greift die Anrechnung, fällt sie auf rund 530 Euro. Während andere europäische Länder im Süden des Kontinents zu Witwen und Waisen recht großzügig sind, zeigt sich das vermeintlich wohlhabende Deutschland vergleichsweise schäbig.
Betriebsrente schmälert Witwenrente
Besonders hart trifft es Frauen, die nach dem Verlust des Partners weiter erwerbstätig bleiben oder eine betriebliche Altersversorgung beziehen. Auch Einmalzahlungen wie Abfindungen können problematisch sein, da sie je nach Zuflusszeitpunkt zu Anrechnungen führen, die über Monate nachwirken.
Grund ist die gesetzliche Regelung nach § 97 SGB VI, wonach eigene Einkünfte oberhalb eines Freibetrags anteilig auf die Hinterbliebenenrente angerechnet werden. Laut Bundesregierung betrifft dies etwa 46 Prozent aller Witwen und Witwer.
Tipps für die Witwenrente
- Rentenbescheide genau prüfen
- Korrekte Anwendung von Freibeträgen kontrollieren
- Einmalzahlungen strategisch planen
- Bei Unklarheiten Widerspruch einlegen
- Veränderungen im Erwerbseinkommen frühzeitig melden
Aus Sicht vieler Betroffener stellen sich zwei zentrale Fragen: Sind die Freibeträge ausreichend, und ist die Mechanik der Anrechnung noch zeitgemäß? Experten fordern, dass die Politik Freibeträge und Anrechnungsmechanismen an heutige Lebensrealitäten anpassen sollte, damit Hinterbliebene nicht in finanzielle Nöte geraten.