Handelskonflikt
US-Zollstreit: Wer zahlt von der Leyens Milliarden-Zusagen?
Bei ihrem Zolldeal mit den USA stellte die EU auch milliardenschwere Käufe und Investments in Aussicht. US-Präsident Trump verrät nun seine Interpretation. Wer zahlt am Ende die Rechnung?

© Julia Demaree Nikhinson/AP/dpa
US-Präsident Donald Trump
Von Von Marek Majewski und Khang Mischke, dpa
Brüssel/Washington - Auch rund eine Woche nach Abschluss der Grundsatzvereinbarung zum seit Monaten andauernden Zollkonflikt zwischen der EU und den USA ist einiges unklar. "Ich blicke auch auf manches dieser Einigung mit ein paar Fragezeichen", sagte Deutschlands Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) dem Deutschlandfunk. Ein endgültiger Handelsdeal muss noch unterschrieben werden.x
Was hat die EU zugesagt?
Die EU sagt, dass in den kommenden Jahren weitere 600 Milliarden Dollar in den USA investiert werden sollen. Dabei bezieht sich die EU-Kommission auf Interessenbekundungen von Unternehmen. Eine Kommissionsbeamtin stellte klar, dass dies Sache von Privatunternehmen sei, die Kommission als öffentliche Behörde könne dies nicht garantieren. Welche Unternehmen Investitionsabsichten und in welcher Höhe bekundet haben, teilte die Kommission nicht mit.
Wie interpretiert Trump die Zusagen?
Die 600 Milliarden Dollar an Investitionen stehen den Vereinigten Staaten nach Aussagen ihres Präsidenten Donald Trump zur freien Verfügung. "Sie haben uns 600 Milliarden Dollar gegeben, die wir in alles, was wir wollen, investieren können", sagte er in einem Gespräch mit dem Sender CNBC. Trump bezeichnete die Summe als "Geschenk". Das steht im Widerspruch zu den Angaben der EU-Kommission.
Auf die Frage, was passiere, falls die EU nicht die besagten Investments liefere, drohte Trump mit Zöllen in Höhe von 35 Prozent. Da die Investitionszusagen auf mehrere Jahre ausgelegt sind, ist unklar, wann dieser Punkt erreicht sein könnte.
Was sagen Wirtschaftsvertreter zur 600-Milliarden-Zusage?
Der Unternehmensverband Business Europe teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, aus der EU würden bereits Investitionen in den USA in Höhe von etwa 2,4 Billionen Euro fließen. "Diese Investitionen werden wahrscheinlich noch zunehmen, aber das hängt auch von den wirtschaftlichen Bedingungen in den USA ab", so der Verband. Sicherheit und Vorhersehbarkeit seien für Investoren ebenso wichtig, wie etwa der Zugang zu qualifizierten Arbeitskräften.
Darüber hinaus hieß es, das Abkommen sei nicht das, das man sich gewünscht habe. "Wir sind nicht für die erhöhten Zölle und hätten ein ausgewogenes Abkommen bevorzugt", so Business Europe. Unter den gegebenen Umständen sei es jedoch ein besseres Ergebnis als eine Eskalation des Handelsstreits.
Was hat die EU-Kommission darüber hinaus versprochen?
Die EU hat Trump zugesichert, bis zum Ende seiner Amtszeit US-Energie im Wert von 750 Milliarden Dollar kaufen zu wollen. Nach Angaben von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sollen Flüssigerdgas (LNG), Öl und Kernbrennstoffe aus den Vereinigten Staaten die Lücken füllen, die nach dem geplanten vollständigen Verzicht auf russisches Gas und Öl entstehen werden.
Wer soll die Rechnung dafür zahlen?
Bislang ist etwa nicht bekannt, wer genau das amerikanische Gas und die anderen Energieträger kaufen soll. Deutschlands Vizekanzler Klingbeil weiß seinen Worten zufolge etwa nicht, ob es dabei beispielsweise um private Investitionen geht. Dies seien Dinge, "die zwischen Donald Trump und Ursula von der Leyen verabredet sind und wo es genau jetzt um die Klärung der Details geht".
In einer Erklärung der EU-Kommission teilt die Behörde mit, dass man zwar die Kontakte zwischen Käufern und Verkäufern vereinfachen könne, "aber die kommerziellen Entscheidungen natürlich bei den Unternehmen liegen". Gleichzeitig müssten die Vereinigten Staaten einen ungehinderten Zugang und ausreichende Produktions- und Exportkapazitäten gewährleisten.
Wie viel Energie aus Russland fällt weg?
Die EU-Kommission rechnet damit, künftig US-Energie im Wert von 250 Milliarden Dollar pro Jahr zu kaufen. Derzeit sind es den Angaben zufolge rund 100 Milliarden. Ein Teil der fehlenden rund 150 Milliarden soll erreicht werden, indem statt russischem Gas, Energie aus den USA gekauft wird.
Offiziellen Angaben zufolge kamen in den ersten Monaten dieses Jahres immer noch 15 Prozent der EU-LNG-Importe aus Russland. Doch auch wenn dieser Anteil komplett durch US-LNG ersetzt würde, wäre das nur ein Bruchteil der versprochenen Steigerung. Insgesamt importierte die EU eigenen Angaben zufolge 2024 fossile Energieträger aus Russland im Wert von 22 Milliarden Euro. Zudem will die EU laut einem Plan der Kommission russische Gasimporte erst ab 2028 komplett eingestellt haben.
Gibt es weitere Möglichkeiten, die Milliarden-Zusage zu erreichen?
Dass die EU die versprochene Steigerung allein durch Energieimporte erreichen kann, daran haben mehrere Expertinnen und Experten bereits Zweifel geäußert. Die dritte große Säule, um die versprochenen Milliarden zu erreichen, sind laut EU-Kommission Importe amerikanischer Atomtechnik.
Die Kommission teilte zudem mit, dass es zwar Prognosen gebe, aber "die endgültigen Mengen und die Aufteilung auf Öl, LNG und Kernbrennstoffe sowie Brennstoffdienstleistungen werden von verschiedenen Faktoren abhängen".