Unruhen in Los Angeles

Trumps Inszenierung

Donald Trump inszeniert in Los Angeles einen Notstand, um von den eigenen Nöten abzulenken, analysiert unser Korrespondent Thomas Spang.

Die von Trump entsandte  Nationalgarde beim Einsatz in Los Angeles.

© Qiu Chen/dpa

Die von Trump entsandte Nationalgarde beim Einsatz in Los Angeles.

Von Thomas Spang

Donald Trump inszeniert in Los Angeles einen Notstand, um von den eigenen Nöten im Weißen Haus abzulenken. Während der Streit mit seinem ehemaligen „First Buddy“ Elon Musk zu einer politisch gefährlichen Situation eskalierte, feuerte er mit der Entsendung der Nationalgarde in die kalifornische Metropole Blendgranaten ab. Mit dem gewünschten Effekt: Plötzlich redete die ganze Welt über Unruhen in LA.

Der epische Clash des mächtigsten Mannes im Land mit dem reichsten Mann der Welt, die Peinlichkeit der höchstrichterlich angeordneten Rückführung eines zu Unrecht nach El Salvador deportierten Familienvaters oder das Zerbröseln seines „schönen großen Gesetzes“ im Kongress – war da was?

Wer verstehen möchte, warum diesen Präsidenten scheinbar nichts etwas anhaben kann, kommt an einer kritischen Bestandsaufnahme der Rolle der traditionellen Medien und sozialen Netzwerke nicht vorbei. Die Öffentlichkeit leidet zunehmend unter einer kollektiven Aufmerksamkeitsstörung.

Eine Erregungskultur ersetzt Nachdenken und Nachhaken und wird von Klicks und Likes angefeuert. Einordnungen werden von Effekthascherei überlagert. Die Übertreibung wird zur Norm, die von Populisten, Schaumschlägern und Heißluftbeschleunigern wie Trump gezielt ausgenutzt wird.

Das bedeutet jedoch nicht, dass die Entsendung der kalifornischen Nationalgarde gegen den erklärten Willen des Gouverneurs des größten Bundesstaates und der lokalen Verantwortlichen weniger bedenklich wäre. Zumal der Anlass als konstruiert erscheint.

Zu Gewalt kam es in LA erst, nachdem Trump per Dekret Truppen mobilisierte, die Proteste gegen das Vorgehen der Einwanderungspolizei ICE unterdrücken sollten.

Die kommt mit den versprochenen Massendeportationen übrigens auch nicht richtig voran und bleibt zum Frust des Präsidenten weit hinter den gesteckten Zielen von 3.000 Abschiebungen am Tag zurück. Auch das will der Präsident vergessen machen, indem er sich als „starker Mann“ in Szene setzt.

Dass ein paar hundert professionelle Krawallmacher die Gunst der Stunde nutzten, macht aus der Lage in LA keine „Rebellion“ gegen die Regierung, die nur im Ansatz an das herankommt, was Trumps eigene Anhänger am 6. Januar 2021 mit dem Sturm auf den US-Kongress versucht hatten.

Es bleibt eine inszenierte Krise, die von den Schlappen Trumps ablenken soll. Aber sehr ernste Konsequenzen für die amerikanische Demokratie haben kann. Vor allem dann, wenn der Präsident nun auch das Militär gegen die eigene Bevölkerung in Stellung bringt.

Zum Artikel

Erstellt:
9. Juni 2025, 16:04 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen