TSG-Judoka Katharina Menz leistet Sporthistorisches

Die Deutsche Meisterin erkämpft sich in Usbekistan die Vize-Weltmeisterschaft in der Klasse bis 48 Kilogramm. Zwei Tage vor ihrem 32. Geburtstag gelingt dem Leichtgewicht etwas, was zuvor noch kein Athlet und keine Athletin aus Backnang in einer olympischen Sportart erreicht hat.

Einmal gemeinsam jubeln bitte. Nach dem klasse Auftakt mit WM-Silber für Katharina Menz kamen die deutschen Betreuer und Trainer dieser Bitte gerne nach. Egal ob es sich um Physiotherapeut Marco Welz, DJB-Sportdirektor Hartmut Paulat, Co-Trainer Kansetsu Eguchi, Bundestrainer Claudiu Pusa oder Teamarzt Maxime Lambert handelte (von links). Foto: Birgit Arendt

Einmal gemeinsam jubeln bitte. Nach dem klasse Auftakt mit WM-Silber für Katharina Menz kamen die deutschen Betreuer und Trainer dieser Bitte gerne nach. Egal ob es sich um Physiotherapeut Marco Welz, DJB-Sportdirektor Hartmut Paulat, Co-Trainer Kansetsu Eguchi, Bundestrainer Claudiu Pusa oder Teamarzt Maxime Lambert handelte (von links). Foto: Birgit Arendt

Von Uwe Flegel

Über 5 000 Kilometer und 9 Flugstunden liegen zwischen dem Murrtal und der usbekischen Hauptstadt Taschkent. Dennoch ist möglich, dass der eine oder andere in Backnang gestern Nachmittag gegen halb drei einen Jubelschrei vernommen hat. Wenn, dann stammte der vermutlich von der bei der Judo-Weltmeisterschaft in der früheren Sowjetrepublik kämpfenden Katharina Menz. Zwei Tage vor dem 32. Geburtstag gewann das TSG-Leichtgewicht Silber. Einzig die japanische Titelverteidigerin Natsumi Tsunoda schaffte es, Menz zu stoppen – im Finale. Für die siebenmalige Deutsche Meisterin in der Klasse bis 48 Kilogramm ist es der größte internationale Erfolg ihrer bisherigen Karriere. Und: Es dürfte der größte Erfolg sein, den ein Sportler oder eine Sportlerin aus Backnang in einer olympischen Sportart bislang erreicht hat.

Zweiteres wird Katharina Menz vermutlich nicht bewusst sein, und auch Ersteres war für sie gestern eher schwer begreifbar. „Ich bin total happy über Silber, ich werde noch etwas brauchen, bevor ich das verstehe“, sagte die Vize-Weltmeisterin, strahlte und erklärte dann: „Mein Ziel war, unter die Top fünf zu kommen.“ Schon das wäre eine riesige Leistung für die Kämpferin gewesen, die bei den Olympischen Spielen in Tokio mit der deutschen Mannschaft zu Bronze gekommen, im Einzelwettbewerb aber schon früh ausgeschieden war. Bei den Titelkämpfen in Taschkent passte nun aber fast alles bei der gebürtigen Backnangerin. Selbst die Vorahnungen, berichtete die jubelnde Kämpferin doch: „Heute Morgen hatte ich das Bild von der Goldmedaille im Kopf. Ich war so fokussiert und habe mir immer dieses Bild im Kopf vorgestellt.“

Auf dem Weg zu Edelmetall räumt Menz einige dicke Brocken aus dem Weg

Das war Motivation und gab Kraft für ein wahres Husarenstück der TSG-Sportlerin. Denn auf ihrem Weg zu Edelmetall musste die 24. der Weltrangliste einige dicke Brocken aus dem Weg räumen. Zum Beispiel in der zweiten Runde die Portugiesin Catarina Costa, ihres Zeichens Weltranglistenvierte. Nachdem Menz ihr Auftaktduell gegen Jennie Muneme aus Mosambik kampflos gewonnen hatte, weil ihre Gegnerin nicht antrat, gab sie gegen die Vize-Europameisterin Costa meist den Ton an und behielt auch in der Verlängerung, dem sogenannten Golden Score, die Nerven. Ein Seoi Nage (Schulterwurf) brachte der Deutschen nach 53 Sekunden den Einzug in die nächste Runde. Die war nach 55 Sekunden beendet, da die Italienerin Francesca Milani (14. der Weltrangliste) eine unerlaubte Attacke startete und disqualifiziert wurde. Im Poolfinale traf Menz auf die Chilenin Mary Vargas (17.), gegen die sie bei den Olympischen Spielen verloren hatte und ausgeschieden war. Die Revanche gelang. Die Backnangerin bekam nach drei Minuten einen Waza-Ari und verteidigte den souverän.

Erneut ein Schulterwurf, erneut Waza-Ari, erneut eine Runde weiter

Damit war das Halbfinale und mindestens Platz fünf erreicht. Es wurde mehr. Denn auch die Spanierin Julia Figueroa (8.), die zuvor die japanische Olympiazweite Funa Tonaki bezwungen hatte, konnte die TSG-Kämpferin nicht stoppen. Ein tiefer Seoi-Nage von Menz nach gut drei Minuten wurde erneut mit einem Waza-Ari bewertet und wieder brachte die Backnangerin den Vorsprung über die restliche Kampfzeit von knapp einer Minute, um dann den Finaleinzug bejubelnd von der Matte zu gehen.

Zwischen Gold und der Deutschen Meisterin stand nun nur noch die amtierende Weltmeisterin und Titelverteidigerin Natsumi Tsunoda (5.). Der gelang es dann, den Siegeslauf der TSG-Judoka zu stoppen. Zwei Waza-Ari nach nicht ganz zwei Minuten brachten der Gewinnerin der Grand Slams in Paris und Ulan Bator auch den WM-Sieg. Für die Backnangerin blieb Silber und das war viel mehr als ein Trostpflaster. Es ist ihr bisher größter internationaler Erfolg und ein vorgezogenes Geburtstagsgeschenk.

Sportdirektor und Bundestrainer loben Zielstrebigkeit und Professionalität

Bundestrainer Claudiu Pusa war hochzufrieden: „Sie hat schöne technische Wertungen erkämpft. Ich bin auch begeistert von ihrer Zielstrebigkeit und ihrem professionellen Herangehen, um ihre Ziele zu erreichen.“ Nach Silber bei der Junioren-WM 2009 in Paris ist es für Menz die zweite Vize-Weltmeisterschaft ihrer Karriere. Pusa jubelte: „Katharina hat Silber gewonnen und nicht Gold verloren.“ Entsprechend breit und groß war das Grinsen und das Strahlen bei der deutschen Delegation. Sportdirektor Hartmut Paulat freute sich: „Es war eine starke Auftaktleistung insgesamt für unser Team. Katharina Menz hat über die internationalen Wettkämpfe in den vergangenen Monaten viel Selbstvertrauen getankt und das heute auch gezeigt.“

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Erstellt:
7. Oktober 2022, 06:00 Uhr

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