Rheinmetall & Co.

Übergewinnsteuer für Rüstungshersteller gefordert

Die dauerhaft hohen Profite in der Rüstungsindustrie rufen Kritiker auf den Plan. Wie lässt sich verhindern, dass das Geld teils in den falschen Taschen landet?

Blick in ein Rheinmetall-Werk in Kassel

© imago images/Jochen Eckel

Blick in ein Rheinmetall-Werk in Kassel

Von Matthias Schiermeyer

Auf fünf Prozent der staatlichen Wirtschaftsleistung will die Nato bis 2032 die Verteidigungsausgaben steigern – 3,5 Prozent für das Militär und 1,5 Prozent für die verteidigungsrelevante Infrastruktur. Kanzler und Außenminister äußern sich im Prinzip zustimmend. Bei einem Bruttoinlandsprodukt (BIP) von rund 4305 Milliarden Euro für 2024 würden 3,5 Prozent rechnerisch gut 150 Milliarden Euro pro Jahr entsprechen – was gemessen am aktuellen Verteidigungsetat von 53 Milliarden Euro fast einer Verdreifachung entspräche. Kurz: die Rüstungsindustrie könnte sich dauerhaft auf erhebliche staatliche Ausgaben verlassen.

US-Finanzkonzerne profitieren von Dividenden-Ausschüttungen

Dies befeuert die Debatte, wem die dauerhaft exorbitanten Gewinne überhaupt zufallen sollen. Profitieren die Aktionäre und Investoren nicht nur über den Kursgewinn, sondern auch noch über die Dividenden-Ausschüttungen übermäßig an der Rückkehr des Kalten Kriegs in Europa? Allein die drei größten globalen Finanzkonzerne Morgan Stanley, Goldman Sachs, Blackrock halten zusammen fast 15 Prozent der Anteile an Rheinmetall. Sie wären starke Nutznießer.

In Brüssel kursiert ein Papier des wissenschaftlichen Dienstes des Europaparlaments. Danach werden, wie der „Spiegel“ berichtet, die Optionen Gewinnabschöpfung per Extrasteuer oder eine erhöhte Unternehmenssteuer für den Rüstungssektor erwogen. Ferner werden Vertragsmodelle ins Gespräch gebracht, die überhöhte Gewinne verhindern sollen. Als weitere Option wird eine staatliche Beteiligung an Rüstungsunternehmen angeführt, wie sie in Italien, Frankreich oder Spanien häufiger zu finden ist. In Deutschland ist die Bundesregierung seit 2020 allein an der Hensoldt AG beteiligt – mit einer Sperrminorität von 25,1 Prozent der Aktien.

Erstellt wurde das Papier auf Anfrage der Grünen-Abgeordneten Hannah Neumann. Wenn die Rüstungsindustrie zusätzliche Mittel erhalte, „dann sollten die daraus resultierenden Mehrgewinne an die Steuerzahler zurückfließen – mithilfe einer Übergewinnsteuer“, fordert sie. Auch der designierte SPD-Generalsekretär Tim Klüssendorf findet „diesen Gedanken angesichts der Entwicklungen der letzten Jahre plausibel“. Die technische Umsetzung werfe aber noch viele Fragen auf. Die Linkspartei ist eh dafür.

Ökonom: Steuer würde Anreiz für Investitionen „untergraben“

Auf der Seite der Ökonomen regt sich Widerstand: Moritz Schularick, Präsident des Kiel Instituts für Weltwirtschaft, hält „eine solche Ad-hoc-Steuer für eine schlechte Idee“. Jetzt müssten schnell zusätzliche Kapazitäten in der Rüstungsindustrie aufgebaut werden. Eine Spezialsteuer würde den Anreiz für investitionswillige Unternehmen „untergraben“.

Die frühere Ampelregierung hatte im Dezember 2022 Energieerzeuger zu einer Steuer auf Übergewinne verpflichtet, um die Strompreisbremse zu finanzieren. Diese Praxis hatte das Bundesverfassungsgericht im Dezember vorigen Jahres bestätigt.

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Erstellt:
10. Juni 2025, 19:10 Uhr

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