Kunstmuseum Stuttgart
Ulrike Groos über das Jubiläums-Finale: „Wir drehen nochmal auf“
Noch bis zum 12. Oktober feiert das Kunstmuseum Stuttgart 20-jähriges Jubiläum – mit freiem Eintritt und dichtem Programm. Wie geht es danach weiter?

© Gerald Ulmann
Ulrike Groos ist Direktorin des Kunstmuseums Stuttgart
Von Nikolai B. Forstbauer
Seit März wird im Kunstmuseum Stuttgart gefeiert: 20 Jahre Kunstmuseum, 100 Jahre Städtische Kunstsammlung. An diesem Samstag und Sonntag, 11. und 12. Oktober will das Team um Direktorin Ulrike Groos „nochmal aufdrehen“.
Frau Groos, am Sonntag geht die Jubiläumsausstellung „Doppelkäseplatte“ mit viel Programm zu Ende. Was erwartet uns?
Bevor die „Doppelkäseplatte“ wieder abgeräumt wird, drehen wir nochmal auf. Am Samstag und Sonntag öffnen wir von morgens bis abends unsere Türen weit für vielseitige Einblicke in die Ausstellung und die Museumsarbeit. Es gibt verschiedene Führungen, etwa von unserem technischen Leiter zur Gebäudetechnik, sowie einen Siebdruckworkshop mit der Künstlerin Sonja Yakovleva. Und, darauf freue ich mich besonders: eine öffentliche Kunstbegutachtung, bei der von Besucherinnen und Besuchern mitgebrachte Gemälde, Zeichnungen, Druckgrafiken und Kleinplastiken auf ihre Autorschaft, ihren künstlerischen Rang und ihren Erhaltungszustand hin angesehen werden.
Mit der Jubiläumsschau endet auch der freie Eintritt ins Kunstmuseum. Wie ist ihr Fazit?
Die Jubiläumsausstellung hat uns sehr viel Publikum ins Haus gebracht, insbesondere auch solche Menschen, die vorher noch nie da waren. Der freie Eintritt war ein offensichtlich verlockendes Angebot, das Kunstmuseum Stuttgart erstmals oder aufs Neue zu entdecken. Das haben viele genutzt, manche sind auch öfters gekommen. Wir steuern in diesem Jahr auf einen neuen Besucherrekord zu, soviel kann ich jetzt schon verraten. Meine Erwartungen wurden also allesamt übertroffen.
Und wie wollen Sie dieses neue Publikum halten?
Wir haben gesehen, wie groß das Interesse an zeitgenössischer Kunst sein kann. Ich bin optimistisch, dass dieses im Jubiläumsjahr geweckte Interesse aufrechterhalten werden kann – sicherlich nicht bei allen, da müssen wir realistisch bleiben. Wir möchten die im Jubiläumsjahr gelebte Offenheit durch ein abwechslungsreiches Programm, eine lebendige Begegnungskultur im Museum und gezielte Kooperationen langfristig weiterführen.
An diesem Freitag feiern Sie mit 20 Jahre Frischzelle ein weiteres Jubiläum. Was macht für Sie den Reiz dieser Reihe aus?
Die „Frischzelle“ bietet seit 2005 jungen Künstlerinnen und Künstlern die Gelegenheit zu ihrer ersten musealen Einzelausstellung. Bis heute gibt es bundesweit kein vergleichbares Format. Die Ausstellungen haben dazu beigetragen, zahlreiche künstlerische Karrieren zu fördern und neue Positionen in die Öffentlichkeit zu tragen. Dabei ist die „Frischzelle“ weit mehr als nur ein Förderinstrument – sie ist ein relevantes Schaufenster der zeitgenössischen Kunstproduktion unserer Region. Und dieses Zusammenspiel aus Förderung, Offenheit für Neues und regionaler Verankerung ist es, was für mich den besonderen Reiz dieser Reihe ausmacht. Zum 20-jährigen Jubiläum ist erstmalig eine Auswahl an Werken zu sehen, die nach der jeweiligen Präsentation für die Sammlung des Kunstmuseums Stuttgart angekauft wurden.
Viele Aktivitäten wecken immer neue Erwartungen. Auf was dürfen wir uns in den nächsten Monaten im Kunstmuseum besonders freuen?
Von November an zeigen wir die Ausstellung „Prägungen und Entfaltungen“, in der Werke von Rolf Nesch, Nadira Husain und Ahmed Umar zueinander in einen interkulturellen Dialog treten. Die soziale Gegenwart – nicht nur in Stuttgart – wird zunehmend von einer postmigrantischen Gesellschaft gestaltet, und Kunst spiegelt diese Transformation. Exemplarisch zeigt die Ausstellung, welche formalen Strategien Künstlerinnen und Künstler verschiedener Generationen entwickeln, wenn sie sich zwischen unterschiedlichen Kulturen bewegen. Dabei eröffnen ihre Werke ganz eigene Formen, Bildsprachen und Erzählweisen, die aus diesem besonderen Schwebezustand entstehen und neue Perspektiven auf Identität und Zugehörigkeit ermöglichen.
Und das wird vorerst die letzte Ausstellung sein, die im Kunstmuseum Stuttgart eröffnet wird?
Ja, denn von Mitte April 2026 an stehen für einige Monate umfassende Sanierungsarbeiten an, die bei laufendem Betrieb leider nicht möglich sind. Das Museum schließt deshalb bis voraussichtlich Anfang 2027. Trotz der Baumaßnahmen werden wir allerdings im kommenden Jahr weiterhin sichtbar bleiben: Das Kunstmuseum Stuttgart zeigt ebenfalls ab Mitte April eine Ausstellung im Kunstgebäude am Schlossplatz – in jenem Gebäude, wo die Sammlung der Stadt Stuttgart noch bis 2005 beheimatet war.