Tag der Pressefreiheit

Unabhängige Medien in Bedrängnis

2024 war das „tödlichste Jahr für Journalisten“. 124 Reporter kamen bei der Arbeit ums Leben. Übergriffe und autoritäre Einschränkungen häufen sich. Medienfeindliche Tendenzen gibt es auch in EU-Staaten. Im Osten Deutschlands sind vor allem Lokaljournalisten gefährdet.

Bei der Berichterstattung über den Ukrainekrieg gehen auch Reporter ein hohes Risiko ein.

© dpa

Bei der Berichterstattung über den Ukrainekrieg gehen auch Reporter ein hohes Risiko ein.

Von Armin Käfer

Die Aufklärungsarbeit unabhängiger Medien ist weltweit bedroht. Daran erinnern Journalistenorganisationen sowie der Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger (BDZV) an diesem Samstag zum „Internationalen Tag der Pressefreiheit“. Aktuelle Untersuchungen belegen die Gefährdung der Pressefreiheit in vielen Staaten – auch in Europa.

„Weltweit geht es mit der Pressefreiheit bergab“, berichtete unlängst der öffentlich-rechtliche Rundfunksender Deutsche Welle. Für die Mitarbeiter von Medien werde der Job „immer gefährlicher“. Nur wenige Staaten garantierten ein sicheres Umfeld für Journalisten. Daten des amerikanischen Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) zufolge war 2024 „das tödlichste Jahr für Journalisten“ weltweit. Die Zahl von Reportern, die während ihrer Arbeit ums Leben kamen, sei in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. 124 waren es zuletzt.

Reporter im Gaza-Krieg besonders gefährdet

Die meisten Todesfälle wurden im Zusammenhang mit dem Gaza-Krieg registriert. CPJ-Chefin Jodie Ginsberg betont: Journalisten seien „keine legitimen Ziele“ in bewaffneten Auseinandersetzungen. Es sei „lebenswichtig, dass Konfliktparteien das anerkennen“ und Staaten zur Rechenschaft gezogen würden, die Journalisten „nicht angemessen schützen“. Zu den gefährlichsten Arbeitsplätzen weltweit zählen neben Gaza auch Afghanistan, Syrien und Eritrea, so die Organisation Reporter ohne Grenzen.

Das Projekt Media Freedom Rapid Response („Krisenreaktionsdienst für Medienfreiheit“) registrierte im vergangenen Jahr europaweit 870 Angriffe auf die Pressefreiheit. Zu einem Drittel handelt es sich demnach um verbale Angriffe, etwa Einschüchterungsversuche und Drohungen. In knapp zwölf Prozent der Fälle ging es um körperliche Attacken. Ein Viertel der Vorfälle betraf Zensurmaßnahmen.

Pressefeindliche Tendenzen auch in EU-Staaten

Im Gegensatz zu Europa zählten die meisten Angriffe auf Journalisten in den Vereinigten Staaten zum Deliktbereich der Körperverletzung. Die Online-Plattform US Press Freedom Tracker, die von einer Stiftung finanziert wird, die sich die Förderung der Pressefreiheit auf die Fahnen geschrieben hat, registrierte insgesamt 80 Fälle von körperlichen Attacken gegen Reporter. In 30 Fällen wurde deren Ausrüstung beschädigt.

Laut Reporter ohne Grenzen ist Europa „nach wie vor die Weltregion, in der Journalisten am freiesten berichten können“. Allerdings habe sich auch hier die Lage verschlechtert, vor allem im Osten und Südosten des Kontinents. „Pressefeindliche Tendenzen“ gebe es in der Slowakei und in Ungarn. Dort sei auch die Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bedroht. Der ungarischen Regierung unter dem Rechtspopulisten Viktor Orban werden „politische Einmischungen in redaktionelle Entscheidungen, Verleumdungskampagnen und Überwachung“ angelastet.

Deutschland ist in der weltweiten Rangliste der Pressefreiheit aus den Top Ten abgestiegen. Das teilte Reporter ohne Grenzen am Freitag mit. Demnach verschlechterte sich die Bundesrepublik leicht von Platz 10 auf Platz 11. Grund für diese Einschätzung ist laut Reporter ohne Grenzen unter anderem das „zunehmend feindliche Arbeitsumfeld“ für Medienschaffende hierzulande, insbesondere durch Angriffe aus dem rechtsextremen Umfeld.

Spitzenreiter und Vorbild beim globalen Ranking bleibt Norwegen, gefolgt von Estland und den Niederlanden. Schlusslichter am Ende der Skala sind auf den Plätzen 178 bis 180 China, Nordkorea und das afrikanische Land Eritrea, wie mitgeteilt wurde.

Laut Reporter ohne Grenzen haben sich in Deutschland die Angriffe auf Journalisten im vergangenen Jahr verglichen mit dem Vorjahr verdoppelt. 89 solcher Attacken wurden registriert. Dabei handle es sich überwiegend (in 75 Fällen) um körperliche Gewalttaten. Beatrice Dernbach, Professorin für Praktischen Journalismus an der Technischen Hochschule Nürnberg, appelliert: „Wir müssen uns alle darum kümmern, dass unser Mediensystem wieder eine höhere Wertschätzung bekommt.“

Medienfeindliche Stimmung in rechten Milieus

Die freie und unabhängige Berichterstattung stehe „besonders im Lokaljournalismus unter wachsendem Druck“, so das Fazit einer Studie des European Centre for Press an Media Freedom mit Sitz in Leipzig in Zusammenarbeit mit dem Verlegerverband BDZV. Die Untersuchung offenbare „erschreckende Einblicke in die zunehmenden Bedrohungen für lokale Journalisten“ vor allem in Sachsen und Thüringen.

Ein zentrales Ergebnis der Studie lautet: „Seit sich die (kommunal-)politische Landschaft zugunsten der extremen Rechten verschoben hat und sowohl Mandatsträger als auch außerparlamentarische Akteure offen medienfeindlich auftreten, hat sich das Klima gegenüber der freien Presse verschärft.“

Lokalreporter leben in Ostdeutschland manchmal gefährlich

Bei Versammlungen und öffentlichen Veranstaltungen erlebten Lokalreporter zum Beispiel in den Bundesländern Sachsen und Thüringen „zunehmend Feindseligkeit und offene Aggression bis hin zu körperlicher Gewalt“. Beleidigungen und Bedrohungen sowie „psychologischer Druck“ gehörten mittlerweile schon zum Alltag.

In Deutschland schützt Artikel 5 des Grundgesetzes die Presse- und Meinungsfreiheit. Das Bundesverfassungsgericht mit Sitz in Karlsruhe rechnet diese Garantien zu den „vornehmsten Menschenrechten überhaupt“. Sie seien grundlegend und unverzichtbar für einen demokratischen Staat. Die Verfassung schützt dabei grundsätzlich auch Polemik, Satire oder spöttische Comedy, die manche als verletzend empfinden mögen.

Zum Artikel

Erstellt:
2. Mai 2025, 14:12 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen